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VwGH: Freiwillige Abfertigung bei Dienstgeberwechsel im Konzern

Bearbeiter: Thomas Frenkenberger

EStG 1988: § 67 Abs 6

FLAG: § 41 Abs 4 lit b

BMSVG: § 46 Abs 3 Z 2

Abstract

Der VwGH hatte sich mit einer Amtsrevision zur steuerlichen Behandlung freiwilliger Abfertigungen bei einem Dienstgeberwechsel in einem Konzern auseinanderzusetzen. Die ehemalige Dienstgeberin hatte die Dienstverhältnisse mit einigen Dienstnehmern unter Zahlung einer freiwilligen Abfertigung aufgelöst und die Dienstnehmer wurden zeitgleich als Geschäftsführer bei den Tochtergesellschaften der ehemaligen Dienstgeberin angestellt. Strittig war, ob die Dienstverhältnisse tatsächlich aufgelöst worden waren und die Abfertigung nach § 67 Abs 6 EStG begünstigt besteuert werden konnte, oder ob die Dienstverhältnisse nur auf die Konzerntöchter übergingen. Dem BFG zufolge wurden die Dienstverhältnisse tatsächlich aufgelöst, was laut VwGH keine krasse Fehlbeurteilung war.

VwGH 29. 1. 2025, Ra 2023/13/0014

Sachverhalt

Die mitbeteiligte GmbH war im Bereich der Beratung tätig. Gegenstand des Rechtsstreits war die Besteuerung von Abfertigungszahlungen an mehrere Dienstnehmer, deren Dienstverhältnisse in den Jahren 2011 und 2012 beendet wurden und die direkt im Anschluss daran bei 100%igen Tochtergesellschaften der GmbH als Geschäftsführer angestellt wurden. Die Angestellten wurden bei der Sozialversicherung jeweils ab- und angemeldet. In den Auflösungsvereinbarungen zwischen der mitbeteiligten GmbH und den Dienstnehmern wurde ein Übergang der Dienstverhältnisse vereinbart. Die Tochtergesellschaften waren aber nicht formale Vertragsparteien der Auflösungsvereinbarungen. Tatsächlich wurden die Urlaubs- und gesetzlichen Abfertigungsansprüche nach der Abfertigung alt von den Tochtergesellschaften übernommen, das Entgelt war aber höher.

Anlässlich der Beendigung der Dienstverhältnisse leistete die mitbeteiligte GmbH eine freiwillige Abfertigung iHv drei Monatsgehältern an ihre Dienstnehmer. Die Abfertigungen wurden durch die GmbH als begünstigte Bezüge iSd § 67 Abs 6 EStG angesehen und dementsprechend dem 6%igen Steuersatz unterworfen.

Die Abgabenbehörde erkannte die begünstigte Besteuerung im Zuge einer Prüfung nicht an, weil die Dienstverhältnisse ihrer Ansicht nach nicht tatsächlich beendet wurden, sondern einvernehmlich auf die Tochtergesellschaften übergingen. Der Beschwerde der GmbH gegen die in der Folge ausgestellten Lohnsteuerhaftungsbescheide gab das BFG statt. Nach Ansicht des BFG waren die alten und neuen Dienstverhältnisse weder von den Rahmenbedingungen (Arbeitszeitregelung, Gehalt) noch vom wahren Gehalt her vergleichbar, weil die Dienstnehmer nunmehr als Geschäftsführer tätig waren. Darüber hinaus wurden die Auflösungsvereinbarungen nur zwischen der ehemaligen Dienstgeberin und den Dienstnehmern ohne Bindungswirkung gegenüber den Tochtergesellschaften abgeschlossen. Es liege daher keine Dreiparteieneinigung vor, die gegen eine tatsächliche Auflösung sprechen könnte. Gegen das Erkenntnis des BFG wurde Amtsrevision erhoben.

Entscheidung des VwGH

Die Abgabenbehörde bringt in ihrer Amtsrevision zur Zulässigkeit vor, dass das BFG den Umstand nicht gewürdigt hat, dass offene arbeitsrechtliche Ansprüche (zB Urlaubsanspruch) von den Tochtergesellschaften übernommen wurden. Bei richtiger Würdigung hätte das BFG zum Schluss kommen müssen, dass nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt jeweils eine Dreiparteieneinigung (GmbH, Tochtergesellschaft, Dienstnehmer) vorlag und der Dienstvertrag nur unter Wechsel des Dienstgebers fortgesetzt wurde.

Dem VwGH zufolge konnte durch dieses Vorbringen die Zulässigkeit der Amtsrevision nicht dargetan werden. Die im konkreten Fall getroffene Auslegung von Verträgen kann nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen, wenn sie grobe Auslegungsfehler oder sonstige krasse Fehlbeurteilungen erkennen lässt (VwGH 27. 8. 2024, Ra 2023/15/0108). Ein solcher grober Auslegungsfehler ist aber nicht zu erkennen, weil sich das BFG ausführlich mit den Auflösungsvereinbarungen und den neuen Dienstverhältnissen auseinandergesetzt hat. Das BFG verwies zutreffend darauf, dass die in den Auflösungsvereinbarungen vorgesehene Übernahme der bisherigen Dienstverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten für die Tochtergesellschaften nicht bindend waren, weil sie nicht Vertragsparteien waren. In den neuen Dienstverhältnissen wurden die alten Dienstverhältnisse nur hinsichtlich der Vordienstzeiten übernommen. Dass sich das BFG nicht mit der tatsächlichen Übernahme der offenen Urlaubsansprüche auseinandergesetzt hat, begegnet beim VwGH keinen Bedenken. Mangels aufgeworfener Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wies der VwGH die Revision daher mit Beschluss zurück.

Conclusio

Werden Dienstverträge, die der Abfertigung alt unterliegen, aufgelöst und mit einer anderen Konzerngesellschaft neu abgeschlossen, sind gem § 46 Abs 3 Z 2 BMSVG auch auf den neuen Dienstvertrag die Regelungen zur Abfertigung alt anzuwenden, sofern keine abweichende Vereinbarung abgeschlossen wird (siehe Schragl/Wallig in Bergmann/Pinetz/Spies [Hrsg], Kommunalsteuergesetz [2025] § 6 BMSVG Rz 50). Wird wie im vorliegenden Fall keine abweichende Vereinbarung abgeschlossen, behält der Dienstnehmer daher seine Ansprüche aus der Abfertigung alt. Er kann aber aus Anlass des Wechsels nach der Rsp des VwGH zusätzlich noch eine begünstigt besteuerte Abfertigung bis zu einem Jahresviertel erhalten. Diese sog „Viertelregelung“ kann bei wiederholtem Wechsel im Konzern auch mehrfach in Anspruch genommen werden kann (VwGH 25. 7. 2018, Ro 2017/13/0006).

Strittig war im vorliegenden Fall, ob die Dienstverhältnisse tatsächlich aufgelöst wurden, oder ob nicht vielmehr in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur eine Änderung des Dienstverhältnisses im Zuge einer Dreiparteieneinigung vorlag, die nicht zu einer begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs 6 EStG berechtigen würde. Das BFG hat eine allfällige Dreiparteieneinigung schon deshalb ausgeschlossen, weil die Tochtergesellschaften als neue Dienstgeberinnen nicht an die Auflösungsvereinbarungen gebunden waren. Dieser etwas formalen Sichtweise (siehe bereits Frenkenberger, BFG: Freiwillige Abfertigung bei Dienstgeberwechsel im Konzern, LexisNexis Rechtsnews 33783 v 15. 3. 2023, lexis360.at) könnte entgegengehalten werden, dass die Tochtergesellschaften unter der Kontrolle der alten Dienstgeberin standen und ein tatsächlicher Übergang des Dienstverhältnisses über diesen Weg wohl durchgesetzt hätte werden können (wenn er denn überhaupt gewollt war). Der VwGH setzt sich in der Zulässigkeitsprüfung mit alldem nicht auseinander und erkennt in der formalen Betrachtungsweise zumindest keine grobe Fehlbeurteilung.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36724 vom 13.05.2025