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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
GebG 1957: § 15 Abs 3, § 33 TP 17 Abs 1 Z 3 idF 2010/I/054, § 33 TP 17 Abs 1 Z 4
ErbStG: § 3 Abs 1 Z 2, § 34 Abs 1 Z 13
Abstract
Der VwGH hatte sich mit der gebührenrechtlichen Einordnung eines Leibrentenvertrags zu beschäftigen. Eingeräumt wurde die Leibrente gegen Abtretung eines Geschäftsanteils einer GmbH. Das Finanzamt (FA) qualifizierte den Leibrentenvertrag als Glücksvertrag gem § 33 TP 17 GebG und setzte eine Gebühr fest. Der VwGH bestätigt das Vorliegen eines Glücksvertrags und hat die Revision abgewiesen. Begründend stellt der VwGH fest, dass das von Glücksverträgen gem § 33 TP 17 GebG geforderte aleatorische Moment bei Leibrentenverträgen im Abweichen der tatsächlichen Lebensdauer des Rentenberechtigten von der durchschnittlichen Lebenserwartung liegt.
VwGH 30. 1. 2025, Ro 2024/16/0022
Sachverhalt
Der Revisionswerber (Rw) hatte im Jahr 2010 gegen Einräumung eines Leibrentenvertrags einen Geschäftsanteil an einer GmbH erworben. Auf Grundlage eines Abtretungsvertrags wurden die Anteile an den Rw überlassen. Dies erfolgte gegen Leistung einer höchstpersönlichen, nicht übertragbaren und auch nicht pfändbaren monatlichen Unterhaltsrente iHv 30.000 €, die der Rw bis zum Tod des Abtretenden zu leisten habe. Das FA qualifizierte den Leibrentenvertag als Glücksvertrag gem § 33 TP 17 GebG und setzt eine Gebühr fest. Dagegen erhob der Rw Beschwerde mit der Begründung, dass aufgrund des bestehenden Missverhältnisses zwischen dem Rentenbarwert und dem Wert der übertragenen Geschäftsanteile kein Leibrentenvertrag, sondern ein Schenkungsvertrag vorliege. Dies schließe gem § 15 Abs 3 GebG eine Gebührenpflicht aus. Das BFG wies die Beschwerde des Rw ab, ließ jedoch die ordentliche Revision an den VwGH zu.
Entscheidung des VwGH
Gem § 33 TP 17 Abs 1 Z 3 GebG unterliegen Leibrentenverträge als Glücksverträge einer Rechtsgeschäftsgebühr. Zur Auslegung des Begriffes Leibrentenvertrag sind nach der Rsp des VwGH mangels Begriffsbestimmungen im GebG die Vorschriften des § 1284 ABGB heranzuziehen (vgl zB VwGH 29. 3. 1977, 2081/75 mwN). Nach § 1284 ABGB liegt ein Leibrentenvertrag vor, wenn jemandem für Geld oder gegen eine für Geld geschätzte Sache auf die Lebensdauer einer gewissen Person eine jährliche Entrichtung versprochen wird. Der Leibrentenvertrag ist ein Glücksvertrag im weiteren Sinn (VwGH 8. 2. 1990, 89/16/0180). Das aleatorische Moment liegt im Abweichen der tatsächlichen Lebensdauer des Rentenberechtigten von der durchschnittlichen Lebenserwartung.
Nach den Ausführungen des VwGH hat der Rw die Feststellungen des BFG zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 TP 17 Abs 1 Z 3 GebG, wonach ein beweglicher Gegenstand gegen Gewährung einer Leibrente überlassen worden sei und der zu zahlende Geldbetrag von der Lebensdauer des Abtretenden abhing, nicht bestritten. Damit liegt nach dem VwGH in der Abtretungsvereinbarung ein – wenn auch allenfalls untergeordnetes – aleatorisches Element zugrunde. Für die Anwendung des § 33 TP 17 Abs 1 Z 3 GebG ist es grds ausreichend, wenn ein Geschäft abgeschlossen worden ist, das dem Typus des Leibrentenvertrags nach § 1284 ABGB entspricht.
Jedoch stützt sich der Rw auch auf die Rsp des VwGH zur Abgrenzung der Besteuerung von (teilweise) unentgeltlichen Leibrentenverträgen (gemischte Schenkungen) nach dem ErbStG und dem GebG. Nach der Rsp des VwGH (VwGH 16. 10. 1989, 88/15/0156 mwN) war Voraussetzung einer freigebigen Zuwendung iSd § 3 Abs 1 Z 2 ErbStG, dass der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wurde und der Zuwendende den (einseitigen) Willen hatte, den Bedachten zu bereichern, ihm also unentgeltlich Vermögen zuzuwenden. Nur wenn bei einem bestehenden Wertmissverhältnis die Bereicherung auf der Freigebigkeit des Zuwendenden beruhte und die ansonsten die Leibrentenverträge prägenden typischen aleatorischen Elemente weitgehend ausgeschaltet gewesen wären, dann wäre im Wert der objektiven Bereicherung (des Vermögenszuwachses) eine freigebige Zuwendung gelegen, wonach nur Schenkungssteuer, nicht auch Gebühr vom Leibrentenvertrag erhoben werden konnte (VwGH 16. 10. 1989, 88/15/0156 mwN).
Zudem ist mit Ablauf des 31. 7. 2008 die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs 3 GebG, soweit sich diese auf das ErbStG bezieht, für Rechtsvorgänge, für die die Steuerschuld – wie im vorliegenden Fall – nach dem 31. 7. 2008 entsteht, inhaltsleer geworden (vgl VwGH 30. 9. 2020, Ra 2020/16/0109). Mangels Anwendbarkeit des ErbStG und damit des § 15 Abs 3 GebG kommt es im Revisionsfall daher nicht darauf an, ob bei dem Abtretenden ein für eine gemischte Schenkung erforderlicher Zuwendungswille tatsächlich bestanden hat.
Da in der Revision auch keine Anhaltspunkte erkennbar sind, dass ein sonstiges in § 15 Abs 3 GebG genanntes Gesetz zur Anwendung gelangen könnte, besteht die Gebührenpflicht für den Leibrentenvertrag nach dem VwGH zu Recht. Damit hat der VwGH die Revision als unbegründet abgewiesen.
Conclusio
Gem § 33 TP 17 Abs 1 Z 4 GebG (nunmehr wortgleich idF der GSpG‑Novelle 2008 BGBl I 2010/54 in § 33 TP 17 Abs 1 Z 3 GebG) unterliegen der Gebührenpflicht Leibrentenverträge, die nicht von Versicherungsanstalten abgeschlossen werden, wenn gegen die Leibrente bewegliche Sachen überlassen werden. Für den Begriff der beweglichen Sache ist § 293 ABGB maßgeblich (Pinetz/Schimmer in Bergmann/Pinetz [Hrsg], GebG [2018] § 33 Rz 31). Gem § 293 ABGB sind Sachen beweglich, wenn sie ohne Verletzung ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen versetzt werden können. In der hier besprochenen Entscheidung des VwGH wurden Anteile an einer GmbH gegen Einräumung einer Leibrente überlassen. Prima facie spricht dies mangels Vorliegen einer körperlichen und beweglichen Sachen gegen eine Gebührenpflicht des Leibrentenvertrags. Jedoch werden nach § 298 ABGB auch Rechte zu den beweglichen Sachen gezählt, wenn sie nicht mit dem Besitz einer unbeweglichen Sache verbunden sind. Damit kann nach der Literatur zu § 33 TP 17 GebG auch die Einräumung einer Leibrente gegen Übertagung von Gesellschaftsanteilen der Gebührenpflicht unterliegen (siehe Pinetz/Schimmer in Bergmann/Pinetz [Hrsg], GebG [2018] § 33 Rz 31 und Bavenek-Weber in Bavenek-Weber/Petritz/Petritz-Klar [Hrsg], GebG [8. Lfg, 2024] § 33 TP 17 Rz 29). Bestätigt wurde dies bereits vom UFS (24. 5. 2005, RV/4204-W/02), hg Rsp des VwGH fehlt aber bisher. Vor diesem Hintergrund ist auch der Hinweis des VwGH zu verstehen, nach dem der Rw nicht bestritten hat, dass gegen die Leibrente ein beweglicher Gegenstand übertragen wurde. Mangels Vorbringen des Rw zur Qualifikation der Gesellschaftsanteile als bewegliche Sache bleibt damit höchstgerichtlich ungeklärt, ob die Einräumung einer Leibrente gegen Übertagung von Gesellschaftsanteilen der Gebührenpflicht unterliegt.