Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der ÖStZ erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
WKG 1998: § 122
Anlage zu § 2 WKG
UStG 1994: § 2 Abs 2
Abstract
Mitglieder der Wirtschaftskammer haben gem § 122 WKG eine Umlage zu entrichten, die sich auf Basis der Umsatzsteuer errechnet, die aufgrund der an die Mitglieder erbrachten Leistungen geschuldet wird. Da für die Entrichtung mit wenigen Ausnahmen auf die Vorschriften zur Umsatzsteuer verwiesen wird, haben Kammermitglieder, die Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft sind, selbst keine Kammerumlage 1 zu entrichten. Strittig war allerdings, wie die durch den Organträger abzuführende Kammerumlage 1 zu berechnen war, dh ob nach einer isolierten oder nach einer organweiten Betrachtungsweise vorzugehen war. Der VwGH durfte sich nun erstmals dazu äußern.
VwGH 20. 2. 2024, Ro 2022/15/0008
Sachverhalt
Die Revisionswerberin (Rw) ist eine ua im Bereich der Energieversorgung tätige Gesellschaft. Sie ist zugleich Organträgerin einer umsatzsteuerlichen Organschaft gem § 2 Abs 2 UStG, in der ihre Tochtergesellschaften als Organmitglieder fungieren. Die Tochtergesellschaften erbringen Servicedienstleistungen im Konzern und sind daher grundsätzlich umlagepflichtige Mitglieder der Wirtschaftskammer. Die Rw ist hinsichtlich ihrer Elektrizitätsversorgungsleistungen kein Kammermitglied, hinsichtlich der anderen (im untergeordneten Ausmaß erbrachten) Leistungen hingegen schon, sodass sie nur anteilig der Kammerumlage unterliegt. Unstrittig war, dass die gesamte Kammerumlage 1 durch die Rw als Organträgerin abzuführen war. Strittig war hingegen, ob für die Berechnung der Kammerumlage jede Organgesellschaft isoliert betrachtet werden musste, oder ob die Kammerumlage einheitlich für die gesamte Organschaft zu ermitteln war.
Die Abgabenbehörde hatte nach einer Außenprüfung für den Zeitraum Oktober 2009 bis September 2013 eine isolierte Betrachtungsweise gewählt und auf Ebene jeder Tochtergesellschaft die Kammerumlage 1 anhand der gesamten Umsatzsteuer ermittelt, die aus den an die Tochtergesellschaften erbrachten Leistungen entstanden ist. Die Bemessungsgrundlage für die Rw wurde hingegen aliquotiert. Die Rw erhob Beschwerde gegen die Steuerbescheide und brachte vor, dass auch die Umsatzsteuer aus den an die Organmitglieder erbrachten Leistungen für die Bemessung der Kammerumlage zu aliquotieren sei, weil die Organmitglieder Leistungen an den kammerumlagebefreiten Betrieb der Rw erbrachten. Das BFG (7. 12. 2021, RV/5101735/2016) wies die Beschwerde als unbegründet ab, weil die Erhebung auf Ebene des Organträgers unabhängig davon zu sehen ist, dass die Berechnung der Kammerumlage auf Ebene der einzelnen Kammermitglieder zu erfolgen hat (siehe dazu Rattinger/Kuderer, Aktuelle BFG-Entscheidung zur Berechnung der Kammerumlage 1 bei Organschaften, SWK 2022, 495). Gegen die Entscheidung des BFG wurde oRevision erhoben, weswegen sich nun der VwGH erstmals mit Kammerumlage 1 iZm einer Organschaft zu befassen hatte.
Entscheidung des VwGH
Der VwGH gibt zunächst die wesentlichsten Rechtsgrundlagen iZm der Kammerumlage 1 wieder. Gem § 2 WKG können physische Personen, juristische Personen und sonstige Rechtsträger Mitglieder der Wirtschaftskammer sein. Eine umsatzsteuerliche Organschaft, deren Wirkung sich auf die Leistungen innerhalb der Organschaft beschränkt, kann hingegen nicht Mitglied der Wirtschaftskammer sein. Gem § 122 Abs 5 WKG (heute: § 122 Abs 6 WKG Anm) sind bei der Erhebung der Kammerumlage 1 die umsatzsteuerlichen Vorschriften anzuwenden, weswegen Umlageschuldner nur der Organträger sein kann. Gem § 122 Abs 1 berechnet sich die Vorschrift allerdings nach den Umsatzsteuern aus Leistungen, die an das einzelne Kammermitglied erbracht werden.
Auch die Gesetzesmaterialien stützen eine getrennte Betrachtungsweise. Die Erläuterungen zur 10. Handelskammergesetzesnovelle führen aus: „Hier ist von der Fiktion auszugehen, daß der Umlagepflicht, insoweit sie der wirtschaftlichen Aktivität der Organgesellschaften zuzuordnen ist, durch einen Dritten – dem Organträger – entsprochen wird“ (IA 1388 BlgNR, 28. GP 3). Dem VwGH zufolge geht daher auch der historische Gesetzgeber davon aus, dass die einzelne Organgesellschaft einer Umlagepflicht unterliegt, die an deren wirtschaftliche Aktivität geknüpft ist. Auch das Äquivalenzprinzip – also die Belastung der Mitglieder im Verhältnis zu ihrem jeweiligen Nutzen – spricht für eine getrennte Betrachtungsweise, weil grundsätzlich umlagepflichtige Organmitglieder eines nicht umlagepflichtigen Organträgers ansonsten übervorteilt wären. Die Organschaft ist für Zwecke der Kammerumlage 1 daher nicht als einheitliches Unternehmen anzusehen und die Revision war als unbegründet abzuweisen.
Conclusio
Die Entscheidung zeigt das diffizile Zusammenspiel zwischen der umsatzsteuerlichen Organschaft und der Kammerumlage 1. Die Organmitglieder können zwar mangels Unternehmereigenschaft weder umsatzsteuerbare Leistungen erbringen, noch sind sie selbst zum Vorsteuerabzug berechtigt. Organmitglieder können aber Empfänger umsatzsteuerpflichtiger Leistungen sein, die zu einer Kammerumlage 1 führen. Aufgrund des Verweises auf die umsatzsteuerlichen Erhebungsbestimmungen in § 122 Abs 6 WKG erfolgt die Entrichtung durch den Organträger.
Es war bisher in der Literatur umstritten, ob die durch den Organträger abgeführte Kammerumlage 1 auf Ebene der gesamten Organschaft zu berechnen oder zunächst auf Ebene der einzelnen Gesellschaften zu ermitteln und anschließend aufzusummieren ist (für eine getrennte Betrachtungsweise: Rattinger/Kuderer, Umsatzsteuerrechtliche Organschaft und Kammerumlage 1, SWK 2019, 387; für eine organschaftsweite Berechnung: Menheere, Kammerumlage und umsatzsteuerliche Organschaft – eine Regelungslücke, SWK 2019, 851). Dies ist nicht nur in Fällen relevant, in denen – wie im vorliegenden Fall – der Organträger (zum Teil) umlagebefreit ist, oder einer speziellen Bemessungsgrundlage für Kreditinstitute oder Versicherungsunternehmen gem § 122 Abs 3 WKG unterliegt. Durch die Einführung des regressiven Umlagesatz im Zuge der WKG-Novelle 2017 (BGBl I 2017/73) wäre die organschaftsweite Betrachtung selbst innerhalb derselben Branche für die Umlagepflichtigen günstiger (siehe Menheere, SWK 2019, 851 [855]). Die Entscheidung des VwGH für eine getrennte Betrachtungsweise ist zwar im Ergebnis überzeugend, könnte aber in der Praxis zu Anpassungsbedarf führen (siehe ausführlich Kuderer, VwGH zur Kammerumlage 1 bei umsatzsteuerlichen Organschaften, SWK 2024, 799 [802 f]).