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VwGH: Grunderwerbsteuersatz auf Vorgänge nach dem UmgrStG abhängig von der Heranziehung des Einheitswertes als Bemessungsgrundlage

Bearbeiter: Martin Klokar

GrEStG 1987: § 4 Abs 1 und Abs 2; § 7 Abs 1 Z 2 lit c und Z 3

UmgrStG 1991: § 22 Abs 5

Abstract

Der VwGH hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem eine natürliche Person ihren gesamten Kommanditanteil an einer KG samt des dieser Gesellschaft gewidmeten Sonderbetriebsvermögens in Form von Grundstücken als Sacheinlage und in Anwendung des Art III UmgrStG in die Revisionswerberin (Rw) eingebracht hat. Strittig war, ob der Grunderwerbsteuersatz von 0,5 % gem § 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG idF des StRefG 2015/2016 auch auf Vorgänge nach dem UmgrStG, bei denen nach der Maßgabe des 3. Teils Z 29 UmgrStG der zweifache Einheitswert als Bemessungsgrundlage herangezogen wird, anzuwenden ist oder der Grunderwerbsteuersatz gem § 7 Abs 1 Z 3 GrEStG 3,5 % beträgt. Nach dem VwGH ist der begünstigte Steuersatz iHv 0,5 % nicht anzuwenden, wenn die Bemessungsgrundlage auf dem Einheitswert (sei es nun vom Einfachen oder vom Vielfachen des Einheitswertes) anstelle des Grundstückswertes basiert.

VwGH 18. 10. 2022, Ro 2020/16/0049

Sachverhalt

Mit Einbringungsvertrag vom 5. 1. 2016 brachte eine natürliche Person ihren gesamten Kommanditanteil an der W KG samt des dieser Gesellschaft gewidmeten Sonderbetriebsvermögens, das aus mehreren Grundstücken besteht, zum Stichtag 30. 6. 2015 als Sacheinlage und in Anwendung des Art III UmgrStG (Einbringung) in die Revisionswerberin (Rw) ein.

Das BFG setzte im Instanzenzug gegenüber der Rw die GrESt für den aufgrund eines Einbringungsvertrages erfolgten Erwerb mehrerer Grundstücke, ausgehend vom zweifachen Einheitswert gem § 22 Abs 5 UmgrStG idF BGBl I 2003/71, mit einem Steuersatz von 3,5 % fest. Die mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016 (StRefG 2015/2016) BGBl I 2015/118 geänderte Fassung des § 22 Abs 5 UmgrStG sei laut BFG aufgrund der Inkrafttretensbestimmung des 3. Teils Z 29 UmgrStG „erstmals auf Umgründungen mit einem Stichtag nach dem 31. Dezember 2015 anzuwenden“ und daher im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Höhe des „GrESt-Tarifes“ ergebe sich aufgrund der Inkrafttretensbestimmung des § 18 Abs 2p GrEStG aus § 7 GrEStG idF des StRefG 2015/2016. Dabei sei gem § 7 Abs 1 Z 3 GrEStG der Steuersatz von 3,5 % anzuwenden. Die Bestimmung des § 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG sei so auszulegen, dass bei der Heranziehung des Einheitswertes oder eines Vielfachen davon als Bemessungsgrundlage (anstatt des Grundstückswertes) der Steuersatz von 0,5 % nicht anzuwenden sei.

Das BFG erklärte die Revision für zulässig, weil zur Frage, ob der Grunderwerbsteuersatz von 0,5 % gem § 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG idF des StRefG 2015/2016 auch auf Vorgänge nach dem UmgrStG, bei denen nach der Maßgabe des 3. Teils Z 29 UmgrStG der zweifache Einheitswert als Bemessungsgrundlage herangezogen werde, anzuwenden ist, keine hgRsp vorliege.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH wies die Revision mit folgender Begründung als unbegründet ab:

Bis zum Inkrafttreten des StRefG 2015/2016 betrug die GrESt für Erwerbe aufgrund einer Umgründung iSd UmgrStG gem § 7 Abs 1 Z 3 GrEStG 3,5 % (Erwerbe „durch andere Personen“) vom einfachen Einheitswert gem § 4 Abs 2 Z 2 lit d GrEStG beim Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke oder vom zweifachen Einheitswert – der im UmgrStG gesondert geregelten Bemessungsgrundlage (vgl VwGH 19. 12. 1996, 94/16/0109 mwN) – beim Erwerb sonstiger Grundstücke. Mit dem StRefG 2015/2016 wurden die speziellen Regelungen über die Bemessungsgrundlage im UmgrStG durch reine Verweise auf die Bestimmungen des GrEStG ersetzt (vgl die Materialien zum StRefG 2015/2016, ErlRV 684 BlgNR 25. GP 28; vgl dazu ausf Petritz-Klar/Petritz, Steuerreform 2015/16: Die Neuerungen in der Grunderwerbsteuer – Umgründungen, taxlex 2016, 172). Nach der nunmehr geltenden Rechtslage ist bei Vorgängen nach dem UmgrStG, wenn – wie im vorliegenden Revisionsfall – keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke erworben werden, die GrESt immer vom Grundstückswert mit einem Steuersatz von 0,5 % zu berechnen (§ 4 Abs 1 zweiter Satz iVm § 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG). Beim Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke aufgrund einer Umgründung nach dem UmgrStG beträgt die GrESt hingegen unverändert 3,5 % vom (einfachen) Einheitswert (§ 4 Abs 2 Z 4 iVm § 7 Abs 1 Z 3 GrEStG).

Die generelle Heranziehung des Grundstückswertes als Bemessungsgrundlage (somit als Ersatzbemessungsgrundlage) bei Erwerben aufgrund einer Umgründung iSd UmgrStG wurde damit begründet, dass „bei diesen Rechtsvorgängen eine Gegenleistung in vielen Fällen nur mit besonders hohem Aufwand oder gar nicht ermittelt werden“ könne (vgl ErlRV 684 BlgNR 25. GP 36). Die generelle Anwendbarkeit des Steuersatzes von 0,5 % wurde in diesen Fällen mit der „Abfederung der Umstellung der Bemessungsgrundlage“ begründet (vgl ErlRV 684 BlgNR 25. GP 4). Somit wurde nach dem VwGH zur „Abfederung“ der Auswirkungen der Heranziehung der neuen Bemessungsgrundlage der Steuersatz von 3,5 % auf 0,5 % abgesenkt. Wie sich daran ua zeigt, ist der Gesetzgeber offensichtlich davon ausgegangen, dass der Grundstückswert die bisher bei umgründungsbedingten Erwerben anzuwendende Bemessungsgrundlage – den zweifachen Einheitswert – nicht unwesentlich übersteigt, was eine entsprechende Reduktion des Steuersatzes notwendig machte. Die Einschränkung der Anwendbarkeit des Steuersatzes von 0,5 % auf jene Vorgänge nach dem UmgrStG, in denen die Steuer „nicht vom Einheitswert“ zu berechnen ist (§ 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG), steht im Einklang mit diesen Überlegungen und entspricht laut VwGH daher der mit dem StRefG 2015/2016 neu geregelten Besteuerungssystematik: Wird nicht der neu eingeführte Grundstückswert als Bemessungsgrundlage herangezogen, besteht kein Bedarf an einer „Abfederung“ durch Reduktion des Steuersatzes; in diesen Fällen kommt daher wie nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des StRefG 2015/2016 der Steuersatz von 3,5 % zur Anwendung (§ 7 Abs 1 Z 3 GrEStG).

Vor diesem Hintergrund ist der in der Revision vertretenen Ansicht, die in § 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG vorgesehene Ausnahme komme nicht zu Anwendung, wenn – wie im Revisionsfall – die Steuer nicht „vom Einheitswert“, sondern „vom zweifachen Einheitswert“ zu berechnen sei, entgegenzuhalten, dass bei der Interpretation einer Gesetzesnorm auf den Wortsinn und insb auch auf den Zweck der Regelung, auf den Zusammenhang mit anderen Normen sowie die Absicht des Gesetzgebers abzustellen ist. Erläuterungen zur Regierungsvorlage können im Rahmen der Interpretation des bezughabenden Gesetzes einen Hinweis auf das Verständnis des Gesetzes bieten (vgl VwGH 10. 9. 2020, Ro 2020/15/0016 mwN). Selbst wenn daher die reine Wortinterpretation der genannten Bestimmung im revisionsgegenständlichen Fall noch zu keinem solchen Ergebnis führen sollte – was allerdings entgegen dem Revisionsvorbringen ohnehin keineswegs zwingend erscheint (vgl dazu etwa Hirschler/Sulz/Oberkleiner, Grunderwerbsteuer bei Umgründungen, BFGjournal 2018, 397 [402]; ebenso V. Bendlinger, Anwendung des begünstigten Grunderwerbsteuersatzes bei Umgründungen, GES 2018, 407 [410]) –, sprechen sowohl die Entstehungsgeschichte und der Sinn und Zweck dieser Bestimmung als auch die mit dem StRefG 2015/2016 neu geregelte Bemessungsgrundlagen- und Tarifsystematik des GrEStG eindeutig gegen ein derartiges Verständnis.

Conclusio

Der GrESt-Tarif bei Vorgängen nach dem UmgrStG hängt von der Art der Bemessungsgrundlage (Grundstückswert vs Einheitswert) ab: Der begünstigte Steuersatz gem § 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG iHv 0,5 % gilt nur bei Vorgängen nach dem UmgrStG, wenn die Steuer nicht vom Einfachen oder Vielfachen des Einheitswertes zu berechnen ist. Der VwGH klärt in dieser Entscheidung überzeugend, dass mit der Wortfolge „vom Einheitswert“ in § 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG die generelle Heranziehung des Einheitswertes als Bemessungsgrundlage gemeint ist und damit auch die Wortfolge „vom Zweifachen des Einheitswertes“ (§ 6 Abs 6 UmgrStG idF vor StRefG 2015/2016) – unter Anwendung verschiedener Auslegungsmethoden – darunter zu subsumieren ist. Dieses Ergebnis ist insb unter Berücksichtigung des Telos und der Systematik der Norm konsequent. Der VwGH bestätigt mit dieser Entscheidung die hA im Schrifttum (vgl Hirschler/Sulz/Oberkleiner, BFGjournal 2018, 397; V. Bendlinger, GES 2018, 407) und die stRsp des BFG (vgl BFG 7. 8. 2018, RV/5101503/201; BFG 7. 9. 2020, RV/5101665/2016).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33764 vom 09.03.2023