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Abstract
Der VwGH hatte sich mit der Berücksichtigung „finaler“ Verluste ausländischer Gruppenmitglieder auseinanderzusetzen. Im vorliegenden Fall war die Beteiligung an einem ausländischen Gruppenmitglied zur Gänze steuerneutral abgeschrieben worden, bevor das Mitglied liquidiert wurde. Ein Teil der Teilwertabschreibungen konnte gem § 9 Abs 6 Z 7 letzter Satz KStG mit den nachzuversteuernden Verlusten des ausländischen Gruppenmitglieds aus den Vorjahren verrechnet werden. Die Gruppenträgerin wollte aber zusätzlich noch den nicht verrechenbaren Teil der Teilwertabschreibungen als tatsächliche und endgültige Vermögensverluste gem § 10 Abs 3 zweiter Satz KStG verwerten. Sowohl das BFG als auch der VwGH lehnten eine solche Verwertung innerhalb der Gruppe ab.
VwGH 16. 4. 2024, Ro 2023/13/0003
Sachverhalt
Die Erstrevisionswerberin (Rw) war Gruppenträgerin einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG und über ein österreichisches Gruppenmitglied an einer südkoreanischen Gesellschaft beteiligt. Die südkoreanische Gesellschaft hatte über mehrere Jahre Verluste iHv rund 6,2 Millionen € erwirtschaftet, die gem § 9 Abs 6 Z 6 dem Gruppenträger zugerechnet wurden. Außerdem wurden durch das österreichische Gruppenmitglied Teilwertabschreibungen an der Beteiligung am Auslandsgruppenmitglied iHv knapp 7 Millionen € vorgenommen, die aber gem § 9 Abs 7 KStG nicht abzugsfähig waren. Im Jahr 2016 wurde die südkoreanische Gesellschaft liquidiert und schied aus der Gruppe aus. Durch das Ausscheiden aus der Gruppe wären die bisher geltend gemachten Verluste nachzuversteuern gewesen, aufgrund von § 9 Abs 6 Z 7 letzter Satz KStG konnte aber der zuzurechnende Betrag durch die Verrechnung mit den (während aufrechter Gruppe nicht abzugsfähigen) Teilwertabschreibungen auf 0 gekürzt werden. Nach Gegenverrechnung blieb eine Differenz von rund 800.000 €an Teilwertabschreibungen übrig, die steuerlich nicht verwertet werden konnte. Die Rw brachte vor, dass diese Verluste gem § 10 Abs 3 zweiter Satz KStG zu berücksichtigen seien, da es sich um tatsächliche und endgültige Vermögensverluste handle. Sowohl die Abgabenbehörde als auch in weiterer Folge das BFG lehnten ein solches Ansinnen ab. Das BFG ließ aber die ordentliche Revision zu, weil Rsp zur Frage fehlte, ob die Berücksichtigung finaler Verluste nach § 10 Abs 3 KStG auf ausländische Gruppenmitglieder anwendbar ist (BFG 7. 10. 2022, RV/7101680/2022).
Entscheidung des VwGH
Der VwGH ruft zunächst in Erinnerung, dass streitgegenständlich nicht von Bedeutung ist, ob Liquidationsverluste vom Abzugsverbot des § 9 Abs 7 KStG umfasst sind. Da die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft auf Ebene der inländischen Gesellschaft schon vor der Liquidierung zur Gänze abgeschrieben wurde, liegen gegenständlich keine Liquidationsverluste, sondern Teilwertabschreibungen vor, deren Neutralität explizit in § 9 Abs 7 KStG angeordnet wird.
Der VwGH tritt dem Vorbringen in der Revision entgegen, dass die in § 10 Abs 3 zweiter Satz normierte Ausnahme von der Steuerneutralität für internationale Schachtelbeteiligungen auch bei ausländischen Gruppenmitgliedern anzuwenden ist. Der Gesetzgeber hat für Gesellschaften innerhalb der Gruppe eine eigene Bestimmung für endgültige Vermögensverluste vorgesehen. Demnach können im Fall endgültiger Vermögensverluste bis dahin nicht wirksame Teilwertabschreibungen die Hinzurechnung der Auslandsverluste gem § 9 Abs 6 Z 7 KStG kürzen. Sowohl aus dem Wortlaut („kürzen“) als auch aus den Gesetzesmaterialien (ErlRV 686 BlgNR 22. GP 18) ergibt sich, dass diese Verrechnung nur bis zur Höhe der nachzuversteuernden Verluste erfolgen kann. Hätte der Gesetzgeber zusätzlich eine nachträgliche Geltendmachung aller steuerneutralen Teilwertabschreibungen gewollt, hätte er eine andere Formulierung gewählt. § 9 Abs 6 Z 7 KStG ist nach Auffassung des VwGH eine Spezialnorm, die § 10 Abs 3 zweiter Satz KStG innerhalb der Gruppenbesteuerung verdrängt.
Das Ergebnis ist auch mit der Systematik der österreichischen Gruppenbesteuerung vereinbar, die eine Nichtberücksichtigung von Teilwertabschreibungen auf Ebene der Beteiligungsgesellschaft unabhängig von einer tatsächlichen Berücksichtigung von Verlusten auf Ebene der beteiligten Gesellschaft vorsieht. Die Gruppenbesteuerung bietet zahlreiche Vorteile, in einigen Konstellationen aber auch Nachteile, weswegen es der Muttergesellschaft freisteht, Tochter- und Enkelgesellschaften miteinzubeziehen. Das durch den Revisionswerber angeführte Erkenntnis des VwGH vom 4. 9. 2019, Ro 2017/13/0009 (in der Entscheidung fälschlicherweise als Ro 2017/13/0004 bezeichnet, Anm) zur Zurechnung des Liquidationsergebnisses im Rahmen der Gruppenbesteuerung ist schon deswegen nicht einschlägig, weil im vorliegenden Fall kein Liquidationsverlust vorliegt. Ebenfalls nicht von Bedeutung für den vorliegenden Fall ist die Entscheidung des VwGH vom 10. 3. 2016, 2013/15/0139 in der das Teilwertabschreibungsverbot des § 9 Abs 7 KStG im Anwendungsbereich von § 12 Abs 3 Z 3 KStG teleologisch reduziert wurde. Sowohl der damalige Sachverhalt (tatsächlicher Verlust auf zwei Ebenen) als auch die anwendbaren Bestimmungen (§ 12 Abs 3 Z 3 KStG und § 10 Abs 3 KStG) sind nicht miteinander vergleichbar. Die Rechtslage verstößt auch nicht gegen Unionsrecht, weil die Gesellschaft in Südkorea ansässig ist und der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit daher nicht eröffnet ist. Die Revision war daher als unbegründet abzuweisen.
Conclusio
Der Entscheidung zeigt einmal mehr die Spannungsfelder des aktuellen österreichischen Konzernsteuerrechts auf. Um eine Verwertungsmöglichkeit zu gewährleisten, wird in der Literatur vorgeschlagen, die betreffenden Mitglieder rechtzeitig aus der Gruppe ausscheiden zu lassen (Bergmann, Liquidation eines ausländischen Gruppenmitglieds: Keine analoge Anwendung von § 10 Abs 3 KStG bzw keine parallele Anwendung von §§ 9 und 10 KStG! GES 2022, 413 [415]). In der Praxis ist aber neben der dadurch früher eintretenden Nachversteuerung bisher geltend gemachter Verluste darauf zu achten, ob die Beteiligung beim letzten Bilanzstichtag vor Austritt aus der Gruppe noch werthaltig war, oder ob nicht bereits vorher eine nicht verrechenbare steuerneutrale Abschreibung vorzunehmen ist.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Gruppenbesteuerung nicht nur Vorteile mit sich bringt. Während im vorliegenden Fall ein Großteil der nicht abzugsfähigen Teilwertabschreibungen mit den nachzuversteuernden Verlusten gegengerechnet werden konnte, sind auch Fälle denkbar, in denen so gut wie keine Verluste nachzuversteuern sind und die Teilwertabschreibungen zur Gänze nicht verwertet werden können. Dadurch erscheint auch die kürzlich in Art 2 Z 1 lit b der RV zum AbgÄG 2024 (RV 2610) vorgesehene Option zum Verzicht auf die Verwertung von Auslandsverlusten in etwas anderem Licht. Der Verzicht auf die Verwertung von Auslandsverlusten könnte zu einer nachhaltigen Schlechterstellung führen, weil die steuerneutralen Teilwertabschreibungen beim späteren Ausscheiden aus der Gruppe nicht mit der Nachversteuerung nach § 9 Abs 6 Z 7 verrechnet werden können.