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StabAbgG: § 2 Abs 1, Abs 2 Z 3a
Abstract
Der VwGH hatte sich mit der Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG auseinanderzusetzen. Fraglich war, ob ein an ein Zentralinstitut angeschlossenes Kreditinstitut die beim Zentralinstitut gehaltenen Liquiditätsreserven von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe abziehen kann. Nach Ansicht des VwGH besteht darin jedoch keine Verpflichtung iSd § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG des angeschlossenen Kreditinstituts, sondern eine des Zentralinstituts, im Bedarfsfall Liquiditätsunterstützung zu gewährleisten. Daher konnte das angeschlossene Kreditinstitut die Liquiditätsreserven nicht gem § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG abziehen.
VwGH 20. 11. 2024, Ro 2024/13/0019
Sachverhalt
Die mitbeteiligte Partei ist ein an ein Zentralinstitut angeschlossenes Kreditinstitut, das der Stabilitätsabgabe unterliegt. Das Zentralinstitut ist die X AG. Zur Sicherung der Finanzmarktstabilität hat die mitbeteiligte Partei daher gem § 27a BWG bei dem Zentralinstitut eine Liquiditätsreserve in einem bestimmten Ausmaß zu halten (10 % der Spareinlagen und 20 % der sonstigen Euro-Einlagen; höchstens jedoch 14 % der gesamten Euro-Einlagen). Die mitbeteiligte Partei hat die nach § 27a BWG beim Zentralinstitut gehaltene Liquiditätsreserve von der Bemessungsgrundlage (idF BMG) der Stabilitätsabgabe gem § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG abgezogen. Das revisionswerbende Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass ein Abzug nur dann möglich ist, wenn das steuerpflichtige Kreditinstitut (hier: mitbeteiligte Partei) Guthaben bei und Forderungen an ein Zentralinstitut (hier: X AG) habe. Die vorliegende VwGH-Entscheidung befasst sich somit mit der Frage der Abzugsfähigkeit solcher Liquiditätsreserven gem § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG.
Entscheidung des VwGH
Der Betrieb von Kreditinstituten unterliegt nach § 1 StabAbgG der Stabilitätsabgabe. BMG ist dabei die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in § 2 Abs 2 StabAbgG genannten Beträge. § 27a BWG (idF BGBl I 2016/118) sieht vor, dass Kreditinstitute, die an ein Zentralinstitut angeschlossen sind, an einem Liquiditätsausgleich teilzunehmen haben. § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG sieht vor, dass die BMG um Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten zu vermindern ist, sofern diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses nach § 27a BWG entstanden sind. Die Verpflichtung der Liquiditätsreserve besteht darin, diese bei dem Zentralinstitut dauerhaft zu halten.
Nach Ansicht des VwGH vermindern Verpflichtungen iSd § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG nur dann die BMG der Stabilitätsabgabe, wenn diese auch „entstanden“ sind. Somit kann ein Abzug – wie in der Revisionsbeantwortung vorgebracht – nicht bereits dann erfolgen, wenn die Verpflichtung gegenüber Kreditinstituten aus den Liquiditätsbestimmungen vorliegt. Der VwGH begründet dies damit, dass der Gesetzgeber die BMG der Stabilitätsabgabe an Rechnungslegungsvorschriften anknüpfen wollte und daher auf die Realisierung der Verpflichtung abzustellen ist. Diese Realisierung tritt erst mit der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses ein (der VwGH verweist hierzu auf Mayr/Fritz-Schmied in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], EStG [24. Lfg 2024] § 6 Rz 36, wobei diese Ausführungen das „Entstehen“ einer Forderung betreffen). Zudem entsteht durch die Leistung einer Liquiditätsreserve beim Zentralinstitut keine Verpflichtung des Kreditinstituts iSd § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, das die Reserve geleistet hat, sondern vielmehr eine Verpflichtung des Zentralinstituts, so der VwGH. Das ist darauf zurückzuführen, dass sich das Zentralinstitut im Bedarfsfall zu einer Leistung verpflichtet, um Liquiditätsunterstützung zu gewährleisten. Nur eine solche Verpflichtung des Zentralinstituts ist aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses iSd § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG entstanden und könnte die BMG der Stabilitätsabgabe vermindern.
Conclusio
Der VwGH weicht mit dieser Entscheidung von der Ansicht des BFG (6. 5. 2024, RV/3100153/2024; dazu auch Deutsch, BFGjournal 2024, 225) und der Ansicht in der Literatur (Beiser, Stabilitätsabgabe: Die Kürzung der Bemessungsgrundlage um Liquiditätsreserven bei einem Zentralinstitut, RdW 2023/451, 599; Beiser, Stabilitätsabgabe: Liquiditätsreserven bei einem Zentralinstitut kürzen die Bemessungsgrundlage, ÖStZ 2024/462, 499) ab. Nach dem BFG und der Literatur sind die gem § 27a BWG verpflichteten Kreditinstitute zur Einzahlung von Liquiditätsreserven beim Zentralinstitut (hier: X AG) gem § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG berechtigt, diese von der BMG der Stabilitätsabgabe der einzahlenden Kreditinstitute (hier: mitbeteiligte Partei) abzuziehen. Dies setzt voraus, dass die Kreditinstitute auch zur Einzahlung von Liquiditätsreserven beim Zentralinstitut verpflichtet sind (etwa wie im vorliegenden Fall gem § 27a BWG) und diese – auch wie im vorliegenden Fall – bis zum Bilanzstichtag tatsächlich eingezahlt wurden (siehe Beiser, ÖStZ 2024/462, 499 [499 f]).
Die vorliegende Entscheidung des VwGH führt damit dazu, dass die eingezahlte Liquiditätsreserve nicht vom einzahlenden Kreditinstitut bei der BMG der Stabilitätsabgabe abgezogen werden kann, weil dieses aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses keine Verpflichtung iSd § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG trifft, sondern nur in bestimmten Fällen das Zentralinstitut. Somit kann das Zentralinstitut nur dann von § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG Gebrauch machen und die auszuzahlende Liquiditätsreserve von der BMG abziehen, wenn dieses eine Leistungsverpflichtung im Bedarfsfall trifft. Insofern scheint der VwGH § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG einen nur sehr eingeschränkten Anwendungsbereich zuzusprechen. Fraglich könnte sein, ob dadurch nicht die Gefahr der Doppelbesteuerung im Bankenverbund entsteht, wenn das einzahlende Kreditinstitut die Liquiditätsreserve mangels bestehender Verpflichtung nicht abziehen kann und das Zentralinstitut nur im Bedarfsfall die auszuzahlende Leistungsverpflichtung in Abzug bringen kann. Gleichzeitig wird aber das Zentralinstitut um die erhöhten Beträge durch die Liquiditätsreserve der Besteuerung unterworfen, was zu einer systemwidrigen Doppelbesteuerung führen kann (siehe Deutsch, Stabilitätsabgabe – Verminderung der Bemessungsgrundlage, BFGjournal 2024, 225 [227]). Würde man hingegen die Liquiditätsreserve als abzugsfähigen Posten beim einzahlenden Kreditinstitut qualifizieren, könnte auch ein Gleichlauf mit der Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 1 StabAbgG herbeigeführt werden, wonach die gedeckten Einlagen nach dem Bundesgesetz über die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung bei Kreditinstituten (Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz – ESAEG) von der BMG des leistenden Kreditinstituts abzugsfähig sind. Damit könnte in weiterer Folge auch eine Doppelbesteuerung verhindert werden, indem die Liquiditätsreserve nicht sowohl beim angeschlossenen Kreditinstitut (mangels Abzugsfähigkeit bei diesem) als auch beim Zentralinstitut, bei dem die Liquiditätsreserve die BMG erhöht, der Besteuerung unterliegt.