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GebG: § 33 TP 5 Abs 3
Abstract
Wird ein Bestandvertrag befristet abgeschlossen, kann dieser aber von zumindest einem der beiden Vertragspartner vorzeitig aufgelöst werden, ist für Zwecke des Gebührenrechts von einem Vertrag von unbestimmter Dauer auszugehen. Während bei Verträgen mit bestimmter Dauer das Entgelt für die gesamte Dauer (maximal 18 Jahre) als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist, sind Verträge mit unbestimmter Dauer jedenfalls mit dem Dreifachen des Jahreswerts zu vergebühren. Ungeklärt war bisher, wie die Verschiebung des Endtermins, eines befristeten, aber gebührenrechtlich für unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrags gebührenrechtlich zu beurteilen ist. Fraglich war, ob es bei ansonsten gleichbleibenden Konditionen zu einer neuerlichen Bestandvertragsgebühr kommt.
VwGH 10. 4. 2024, Ro 2022/16/0017
Sachverhalt
Die Mitbeteiligte war seit 13. 12. 2010 Bestandnehmerin von Geschäftsflächen. Der ursprüngliche Bestandvertrag war zwar befristet, wurde allerdings aufgrund eines umfassenden Kündigungsrechts der Bestandgeberin als für unbestimmte Zeit abgeschlossen iSd § 33 TP 5 Abs 3 GebG qualifiziert, weswegen der dreifache Jahreswert zur Bemessung der Bestandvertragsgebühr herangezogen worden war (siehe dazu schon BFG 20. 3. 2014, RV/7101940/2011).
Mit Nachtrag vom 28. 7. 2015 wurde ua der Endtermin um vier Jahre auf den 31. 1. 2022 nach hinten verschoben. Die Abgabenbehörde unterwarf die Vertragsverlängerung neuerlich der Rechtsgeschäftsgebühr. Das BFG (16. 3. 2022, RV/704200/2017) gab der dagegen erhobenen Beschwerde hingegen teilweise Folge und stellte fest, dass es sich um vorliegenden Fall um keine Novation nach § 24 GebG handle und eine zusätzliche Gebühr daher allenfalls nach § 21 GebG erfolgen konnte. Demnach sei die Differenz zur hypothetischen Gebühr zu ermitteln, die angefallen wäre, wenn der Vertrag ursprünglich mit dem nunmehrigen Inhalt abgeschlossen worden wäre (sog Differenzmethode). Da aber der ursprüngliche Vertrag aus gebührenrechtlicher Sicht schon für unbestimmte Zeit abgeschlossen worden war, könne die Vertragsverlängerung ceteris paribus nicht zu einer höheren Gebühr führen. Eine Rechtsgeschäftsgebühr war daher dem BFG zufolge nur im Ausmaß der Erhöhung des Bestandszinses festzusetzen. Gegen dieses Erkenntnis wurde Amtsrevision erhoben.
Entscheidung des VwGH
Der VwGH geht zunächst auf § 21 GebG ein, wonach die Verlängerung der Geltungsdauer eines Rechtsgeschäfts „im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig“ ist (siehe auch VwGH 24. 1. 2001, 2000/16/0562). Er verweist auch auf die Gesetzesmaterialien zur GebG-Novelle 1981 (ErlRV 549 BlgNR 15. GP 9), wonach „klarstellend“ zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die Verlängerung der Geltungsdauer bei allen Rechtsgeschäften, die nach Ablauf einer Zeit beendet sein sollen, eine neuerliche Gebührenschuld begründet. Nach der Rsp des VwGH begründet die Verlängerung der vereinbarten Geltungsdauer selbst dann neuerlich eine Gebührenschuld, wenn die Dauer des Rechtsgeschäfts an sich kein Merkmal für die Höhe der Gebührenschuld ist (VwGH 14. 3. 1988, 87/15/0150).
Im vorliegenden Fall war die Vereinbarung daher gebührenrechtlich selbständig – so, als ob das Rechtsgeschäft erstmals abgeschlossen wäre – zu beurteilen. Die Bewertung des Bestandvertrags als auf unbestimmte Zeit geschlossene Vereinbarung ist von der Frage zu trennen, ob die Vereinbarung selbständig gebührenpflichtig ist. Daran ändert auch die durch das BFG angeführte VwGH-Entscheidung vom 3. 11. 1983, 82/15/0082 nichts, wonach ein für unbestimmte Laufzeit abgeschlossenes Kreditverhältnis nicht verlängert werden könne. Im damaligen Fall war das Kreditverhältnis tatsächlich zivilrechtlich für unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Im vorliegenden Fall lag „ein bereits ursprünglich für bestimmte Zeit abgeschlossenes Vertragsverhältnis (Bestandvertrag) vor, das für die Zwecke der Gebührenbemessung als auf unbestimmte Zeit geschlossen qualifiziert wurde“. Dementsprechend ist diese Verlängerung als selbständiges Geschäft der Rechtsgeschäftsgebühr zu unterwerfen.
Da im Verfahren unstrittig war, dass es sich auch nach der Verschiebung des Endtermins weiterhin um einen für Zwecke des § 33 TP 5 Abs 3 GebG auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrags handelt, ist dieser Nachtrag mit dem dreifachen Jahreswert zu vergebühren. Da das BFG die Verlängerung des Bestandvertrags nicht als gebührenrechtlich selbständiges Rechtsgeschäft berücksichtigte, war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Conclusio
Die Entscheidung des VwGH vermag nicht vollends zu überzeugen. Eine Verlängerung der vertraglichen Geltungsdauer unterliegt dem Wortlaut nach zwar auch dann einer (neuerlichen) Gebühr, wenn die Vertragsdauer kein für die Höhe der Gebührenschuld maßgeblicher Umstand ist (zu verfassungsrechtlichen Bedenken siehe Bergmann/Wurm in Bergmann Pinetz GebG2 (2020) § 21 Rz 46 mVa Arnold/Arnold, Rechtsgeschäftsgebühren9 (2011) § 21 Rz 13).
Dennoch erscheint fraglich, ob im vorliegenden Fall überhaupt von einer Verlängerung der Geltungsdauer iSd § 21 GebG gesprochen werden kann. Es ist zwar richtig, dass die in § 33 TP 5 Abs 3 genannte Unterscheidung zwischen bestimmter und unbestimmter Vertragsdauer in erster Linie für die Gebührenbemessung maßgeblich ist. Es ist aber zumindest nicht ausgeschlossen, diese Unterscheidung systematisch auch für § 21 GebG zu übernehmen. Ein reines Abstellen auf die zivilrechtliche Vertragsdauer würde bei mehrmaligen Verlängerungen um ein Jahr, jedes Mal zu einer Bemessung mit dem dreifachen Jahreswert führen. Insofern scheint die Anwendung der Differenzmethode durch das BFG aus sachlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt (siehe auch schon zust: Frenkenberger, Rechtsnews 32877; Kogler/Seuß, Keine Verlängerung von gebührenrechtlich auf unbestimmte Zeit geschlossenen Bestandsverträgen, taxlex 2022, 321 [323]; neutral: Moser, Verlängerung eines gebührenrechtlich auf unbestimmte Dauer, zivilrechtlich aber befristet abgeschlossenen Bestandvertrags, SWK 2022, 1041).