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VwGH: Nutzungsvertrag über städtisches Breitbandnetz ist ein gebührenpflichtiger Bestandvertrag

Bearbeiter: Thomas Frenkenberger

GebG 1957: § 33 TP 5

ABGB: § 1090

Abstract

Der VwGH hatte sich mit der gebührenrechtlichen Einordnung von „passive sharing“, also der Nutzung einer Glasfaserinfrastruktur auseinanderzusetzen. Die Stadtgemeinde war für das Glasfasernetz im Stadtgebiet bis zu den Grundstücksgrenzen zuständig, während die Unternehmerin für die Vermarktung der Dienstleistung und den Glasfaseranschluss von der Grundstücksgrenze in die einzelnen Haushalte zuständig war. Die Abgabenbehörde sah die Überlassung des Glasfasernetzes als gebührenpflichtigen Bestandvertrag an.

VwGH 24. 9. 2024, Ra 2023/16/0118

Sachverhalt

Die Revisionswerberin (Rw) hatte am 13. 7. 2016 mit einer Stadtgemeinde einen Nutzungsvertrag über ein passives Breitbandnetz abgeschlossen. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Stadtgemeinde die Kosten der Errichtung des Glasfasernetzes auf dem Gemeindegebiet bis zu den Grundstücken ihrer Einwohner zu tragen. Die Rw war hingegen für die Vermarktung der Dienstleistungen im Gemeindegebiet zuständig, trat dementsprechend den Endkunden gegenüber als Leistungsträger auf und errichtete die Leitungen von der Grundstücksgrenze bis in die Häuser der Einwohner.

Die Abgabenbehörde vergebührte den Vertrag mit Bescheid vom 15. 4. 2021 als Bestandvertrag gem § 33 TP 5 Abs 1 GebG. In der dagegen erhobenen und dem BFG direkt vorgelegten Beschwerde wurde die durch die Abgabenbehörde vorgenommene Qualifizierung als Bestandvertrag gerügt. Der Nutzungsvertrag über das passive Breitbandnetz sei als Gesellschaftsvertrag zu qualifizieren, der keiner Gebührenpflicht unterliegt. Das BFG wies die Beschwerde in seiner nicht öffentlich zugänglichen Entscheidung vom 12. 9. 2023 (RV/3100337/2021) ab und ließ die ordentliche Revision nicht zu, woraufhin eine außerordentliche Revision erhoben wurde.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH lässt die Revision zu, weil Rsp zur gebührenrechtlichen Einordnung des „passive sharing“ fehlt, sieht diese im Ergebnis aber als nicht begründet. Der VwGH wiederholt zunächst seine stRsp, dass unter § 33 TP 5 GebG nicht nur die sog lupenreinen Bestandverträge iSd § 1090 ABGB fallen, sondern auch jene Verträge, die von den Regeln des §§ 1090 ff ABGB abweichen, aber deren charakteristische Merkmale noch als Bestandverträge iwS anzusehen sind (VwGH 5. 11. 2009, 2008/16/0084 mwN). Dementsprechend ist es auch unschädlich, wenn in der Urkunde noch Abreden getroffen werden, die von den Regeln der §§ 1096, 1099, 1116 und 1117 ABGB abweichen (VwGH 30. 6. 2016, Ro 2016/16/0011 mwN). Für die tatsächliche Einordnung ist daher das Gesamtbild der Verhältnisse maßgeblich (VwGH 11. 3. 2010, 2008/16/0182 mwN).

Gesellschaftsverträge sind hingegen Verträge der wirtschaftlichen Organisation, in denen den Beteiligten eine zumindest lose Gemeinschaftsorganisation zugestanden wird, die jedem Partner gewisse Einwirkungs- oder Mitwirkungsrechte gibt (OGH 26. 11. 2020, 5 Ob 199/20f). Im vorliegenden Vertrag verpflichteten sich die Parteien dazu die Einrichtungen und Anlagen vor jeglicher wechselseitigen Beeinträchtigung zu bewahren, wobei sich jede Partei für ihren Bereich eigenverantwortlich zeigte. Besondere Einwirkungs- oder Mitwirkungsrechte sind der Vertragsurkunde nicht zu entnehmen. Weiters spricht die Tatsache, dass nicht nur die Rw exklusiv, sondern auch andere Unternehmer die passive Infrastruktur der Stadtgemeinde nutzen durften, gegen einen Gesellschaftsvertrag. Auch das umsatzabhängige Entgelt der Rw für die Nutzung der Glasfaserinfrastruktur schließt das Vorliegen eines Bestandvertrages nicht aus (s zur Einräumung eines Nutzungsrechts an einem Glasfaserkabel VwGH 5. 11. 2009, 2008/16/0084).

Der VwGH kann daher nicht erkennen, dass die Qualifizierung des Vertrags als gebührenrechtlicher Bestandvertrag durch das BFG rechtswidrig wäre und weist die Revision daher ab.

Conclusio

Gem § 33 TP 5 sind nicht nur Bestandverträge iSd §§ 1090 ff ABGB, sondern auch Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, zu vergebühren. In der Lit wurde bereits angemerkt (zB Lehner/Schaffer in Bergmann/Pinetz, GebG2 [2020] § 33 TP 5 Rz 18 mwN), dass dieser zweite Tatbestand tautologisch ist, weil er im Wesentlichen die Definition eines Bestandvertrags in § 1090 ABGB wiedergibt. Unabhängig davon ist aber jedenfalls unstrittig, dass § 33 TP 5 GebG einen recht weiten Bestandvertragsbegriff vor Augen hat und daher nicht nur die „lupenreinen“ Bestandverträge, sondern auch Bestandverträge iwS umfasst. Da der VwGH schon die Nutzung eines Glasfaserkabelsystems als einen gebührenrechtlichen Bestandvertrag klassifiziert hatte (VwGH 11. 3. 2010, 2008/16/0084; s Moser, Aktuelle Fragen im Bereich Bestandvertragsgebühren, SWK 2010, 911 [912 f]), war auch diese Entscheidung nicht überraschend. Die Rw hatte keinen Erfolg mit ihrer Argumentation, dass nicht die Überlassung des Netzes, sondern die gemeinsame Entwicklung des Netzes im Vordergrund stand.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36183 vom 10.12.2024