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VwGH: Rechtmäßigkeit einer nach dem WTFG verhängten Strafe für die Nichtmeldung von Unterkünften

Bearbeiter: Thomas Frenkenberger

WTFG: § 15 Abs 2 und § 20 Abs 2

Abstract

Der VwGH hatte sich mit der Rechtmäßigkeit einer nach dem Wiener Tourismusförderungsgesetz (WTFG) ergangenen Sanktion zu beschäftigen. Eine ausländische Plattformbetreiberin hatte es unterlassen, die in Wien gelegenen Unterkünfte auf ihrer Plattform gem § 15 Abs 2 WTFG zu melden, sodass gegen ihren Geschäftsführer eine Geldstrafe im sechsstelligen Bereich verhängt wurde. Diese Geldstrafe wurde anschließend ua wegen der Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde, wegen einer unzulässigen Kumulierung von Strafen und wegen des Verstoßes gegen das Herkunftslandprinzip des § 20 E-Commerce-Gesetz (ECG) bekämpft. Der VwGH entschied, dass die Strafe – mit Ausnahme der schon vom BFG aufgehobenen Teile – rechtmäßig war.

VwGH 17. 5. 2023 Ro 2021/13/0023

Sachverhalt

Die Zweitrevisionswerberin (Rw2) ist eine in Irland ansässige Gesellschaft, die als Dienstanbieterin iSd § 3 Abs 2 E-Commerce-Gesetz (ECG) im Bereich des Tourismus anzusehen ist. Der Erstrevisionswerber (Rw1) ist der Geschäftsführer der Rw2 und wurde von der Stadt Wien für schuldig erkannt, es im Zeitraum vom 31. 8. 2017 bis 15. 3. 2019 unterlassen zu haben, der Meldeverpflichtung des § 15 Abs 2 WTFG nachzukommen. § 15 Abs 2 WTFG sieht vor, dass Diensteanbieter ua die auf ihren Plattformen registrierten Unterkünfte im Gebiet der Stadt Wien, sowie die Identifikations- und Kontaktdaten der dazugehörigen Unterkunftgeber melden müssen. In Summe wurden durch die Unterlassung der Meldung der einzelnen Unterkünfte 6.877 Verwaltungsübertretungen begangen, die mit je € 35, also in Summe € 240.695, zzgl eines Verfahrenskostenbeitrags iHv € 68.770, geahndet wurden. Für den Nichteinbringungsfall wurden vom Magistrat Wien 6877 Ersatzfreiheitsstrafen zu je sechs Stunden verhängt. Darüber hinaus haftete die Rw2 gem § 9 Abs 7 VStG zu ungeteilter Hand.

Gegen das Straferkenntnis wurde Beschwerde an das BFG erhoben. In der nach § 23 Abs 3 BFGG nicht veröffentlichten Entscheidung (zur Nichtveröffentlichungspraxis siehe zB Staringer, Justice needs to be seen – Nochmals zur Publizität der Rechtsprechung des BFG, ÖStZ 2021, 389 mwN) wurde der Beschwerde hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafen und des Verfahrenskostenbeitrags stattgegeben. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, die ordentliche Revision allerdings zugelassen. In der Revision wurde ua vorgebracht, dass die Strafbehörde unzuständig war, eine unionsrechtlich unzulässige Kumulierung von Strafen vorlag und das Herkunftslandprinzip in § 20 ECG nicht beachtet wurde. Überdies liege ein Verstoß gegen das DBA Österreich-Irland vor, weil es sich bei der Meldepflicht nach dem WTFG um eine unzulässige fishing expedition handle.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH hält zunächst fest, dass bei Meldepflichtverletzungen der Tatort gem § 27 Abs 1 VStG jener Ort ist, an dem die zuständige Behörde ihren Sitz hat (VwGH 29. 9. 2022, Ra 2021/15/0095 mwN). Da die Meldung beim Magistrat Wien zu erbringen war, ist der Tatort Wien, weshalb eine österreichische Behörde für die Strafverfolgung zuständig war.

Ebenfalls rechtmäßig ist die Ansicht des BFG, dass § 20 Abs 2 iVm § 15 Abs 2 WTFG eine Strafe pro gemeldeten Datensatz und nicht bloß – wie in der Revision behauptet – für jeden Meldetermin vorsieht. Dies ergibt sich nach Ansicht des VwGH sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Zweck der Bestimmung (siehe dazu im Detail Rz 27 des Erkenntnisses).

Auch unionsrechtlich ist die ergangene Strafe unproblematisch. § 15 Abs 2 WTFG sieht eine unterschiedslose und diskriminierungsfreie Verpflichtung sämtlicher Dienstanbieter zur Datenübermittlung vor, sodass die Dienstleistungsfreiheit nicht verletzt ist (siehe dazu auch EuGH 27. 4. 2022, C-674/20, Airbnb Ireland zu einer ähnlichen belgischen Regelung). Auch die Kumulierung von Verwaltungsstrafen ist im konkreten Fall nicht unionsrechtswidrig. Der EuGH hat in der Rs Maksimovic (EuGH 12. 9. 2019, C-64/18, Maksimovic) zwar ausgesprochen, dass die Kumulierung von Strafen ohne Höchststrafe zu unverhältnismäßigen Ergebnissen führen kann, wenn die Mindeststrafe nicht auf die Schwere der Schuld Bedacht nimmt. Die Kumulierung an sich ist aber nicht unionsrechtswidrig und auch das Nichtvorsehen einer Höchstgrenze bei der Kumulierung ist für sich allein noch nicht unzulässig (siehe EuGH 14. 10. 2021, C-231/20, MT). Das Vorsehen einer Verwaltungsstrafe ermöglicht erst die Einhebung der Ortstaxe und dient der Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs. § 20 Abs 2 WTFG sieht keine Mindeststrafe vor und ermöglicht dadurch eine angepasste Strafbemessung. Die Strafe iHv € 35 pro nicht gemeldeten Datensatz bewegt sich im untersten Bereich der möglichen Strafzumessung (bis zu € 2.100 pro Übertretung), was angesichts des nicht geringen Verschuldens des Rw1 und des hohen Abgabenentfalls bei der Ortstaxe zu Recht als verhältnismäßig beurteilt wurde.

Der VwGH hält mit Verweis auf die Rs Airbnb Ireland ebenfalls fest, dass die Regelung als Steuervorschrift unter die Bereichsausnahme der E-Commerce-RL (2000/31/EG) fällt. Die Regelung richtet sich zwar nicht an den Schuldner der Ortstaxe (den Unterkunftgeber), allerdings sind die Meldeverpflichtungen untrennbar mit der Verpflichtung zur Abfuhr der Ortstaxe verbunden, weil die Meldung die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage für die Behörde erst ermöglicht. Da die Vorschrift unter die Bereichsausnahme der E-Commerce-RL fällt, kann auch kein Verstoß gegen das Herkunftslandprinzip gem Art 3 Abs 2 der E-Commerce-RL (umgesetzt in § 20 ECG) vorliegen.

Den Vorwurf der unzulässigen fishing expeditions nach Art 25 Abs 1 DBA Österreich-Irland entgegnet der VwGH damit, dass es sich bei der Meldung der Plattform um keinen Fall einer zwischenstaatlichen Amtshilfe handle. Ebenso wenig erfolgreich war das Vorbringen der Revision, dass ein Zustellmangel vorlag oder die Meldepflicht gegen die DSGVO verstoße. Die Revision war daher im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

Conclusio

Das Erkenntnis zeigt, dass aus der EuGH Rs Maksimovic keine generelle unionsrechtliche Unzulässigkeit einer Kumulierung von Strafen abgeleitet werden kann. Ein Wegfallen der Kumulierung könnte dazu führen, dass eine Bestimmung ihre Abschreckungswirkung verliert und eine (weitere) Nichtmeldung bei einer großen Zahl an Meldungen in Kauf genommen wird (idS zur im Nachgang der Rs Maksimovic entschärften Strafbestimmung bei Unterentlohnung: Traxler, Die Novelle des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, ZWF 2021, 232 [235]).

Die Entscheidung war im Wesentlichen erwartbar und ist auch über weite Strecken überzeugend. Einzig die Lesart der Strafbestimmung des § 20 Abs 2 iVm § 15 Abs 2 WTFG, wonach das WTFG eine Strafe für jede einzelne nicht gemeldete Unterkunft und nicht für die Nichtmeldung von Unterkünften pro Meldetermin vorsehe, ist – zumindest dem Wortlaut nach – nicht zwingend. § 20 Abs 2 WTFG statuiert bloß, dass Übertretungen von § 15 „als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 2.100 Euro zu bestrafen“ sind. § 15 definiert die Reichweite einer einzelnen Übertretung allerdings nicht genauer, sondern normiert in Abs 2 bloß, dass Identifikations- und Kontaktdaten der bei den Plattformbetreibern registrierten Unterkunftgeber „sowie sämtliche Adressen der bei ihnen registrierten Unterkünfte […] dem Magistrat bis zum 15. des der jeweiligen Registrierung nächstfolgenden Monats […] anzuzeigen“ sind. Eine Klarstellung in § 15 oder § 20 WTFG wäre daher wünschenswert. Eine solche ist zwar nun durch den VwGH erfolgt, im Sinne der Rechtssicherheit wäre aber auch eine Präzisierung im WTFG selbst zu begrüßen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34668 vom 27.10.2023