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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
GrEStG 1987: § 17, § 17 Abs 1 Z 1, § 17 Abs 2, § 17 Abs 5
Abstract
Der VwGH hatte über eine Rückerstattung der GrESt gem § 17 GrEStG zu entscheiden. Für eine Rückerstattung ist eine Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbsvorgang erforderlich, wobei der Verkäufer erneut die Verfügungsmacht über das Grundstück zu erlangen hat. Strittig war in der vorliegenden Entscheidung, ob der der GrESt unterliegende Erwerbsvorgang tatsächlich „rückgängig gemacht“ wurde. Für das BFG war diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil die Rw das Grundstück vor Rückabwicklung des Erwerbvorgangs bereits an die gemeinsame Tochter übertragen haben. Der VwGH ist jedoch der Auffassung des BFG nicht gefolgt: Nach dem VwGH verhindert die Übertragung der Liegenschaft an die Tochter, die unter der Bedingung der Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs erfolgte, nicht die Anwendung des § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG.
VwGH 30. 1. 2025, Ra 2024/16/0035
Sachverhalt
Die Rw waren Eigentümer einer Liegenschaft. Mit Kaufvertrag aus März 2014 wurde diese Liegenschaft für einen Betrag von 1.100.000 € an die R GmbH verkauft. Dieser Kaufvertrag wurde im Jahr 2017 grundbücherlich durchgeführt. Infolge einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Rw und der Rechtsnachfolgerin der R GmbH wurde der genannte Kaufvertrag mit Aufhebungsvertrag aus März 2018 aufgehoben. Die Rw verpflichteten sich dabei zur Rückzahlung des Kaufpreises sowie eines Pauschalbetrags für angefallene Aufwendungen. Mit Übergabevertrag aus November 2017 übertrugen die Rw – vorbehaltlich der Rückabwicklung des genannten Kaufvertrages – die Liegenschaft an ihre gemeinsame Tochter.
Im August beantragten die Rw die Nichtfestsetzung der GrESt aufgrund des Aufhebungsvertrages gem § 17 GrEStG. Das Finanzamt (FA) wies diese Anträge ab. Daraufhin setzte das FA die GrESt für den Liegenschaftserwerb aus dem Aufhebungsvertrag fest. Gegen diese Bescheide brachten die Rw Beschwerde vor dem BFG ein.
Das BFG wies die Beschwerde der Rw ab. Das BFG führte aus, dass infolge der Eigentumsübertragungen zwischen dem Kaufvertrag vom März 2014 und dem Aufhebungsvertrag vom März 2018 die vollumfängliche Rückabwicklung nicht mehr in der gem § 17 GrEStG erforderlichen Form durchgeführt werden könne. Die Rw hätten nicht mehr dieselbe Verfügungsmacht erhalten, wie sie sie vor dem Kaufvertrag im Jahr 2014 gehabt hätten, weil die Tochter Eigentümerin der Liegenschaft geworden sei. Zudem liege zwischen dem Abschluss des Kaufvertrags und dem Abschluss des Aufhebungsvertrags ein Zeitraum von vier Jahren, sodass auch aufgrund dieses Zeitraums eine Subsumtion unter § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG nicht möglich erscheine. Gegen diese Entscheidung des BFG haben die Rw Revision erhoben.
Entscheidung des VwGH
Zweck des § 17 GrEStG ist es, Vorgänge nicht mit Steuer zu belasten, deren wirtschaftliche Auswirkungen von den Beteiligten innerhalb der im Gesetz gesetzten Frist wieder beseitigt werden (vgl VwGH 29. 10. 1998, 98/16/0115-116, mVa VwGH 21. 1. 1998, 97/16/0345). Nach § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld rückgängig gemacht wird. Im Revisionsverfahren ist lediglich die „beantragte Rückerstattung gemäß § 17 GrEStG der bereits entrichteten Grunderwerbsteuer bezüglich des Aufhebungsvertrages“ strittig.
§ 17 Abs 2 GrEStG erfordert, dass zwischen dem ursprünglichen Erwerbsvorgang und der Rückgängigmachung iSd § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG nicht mehr als drei Jahre verstreichen. Auch ist die Nichtfestsetzung innerhalb der im § 17 Abs 5 GrEStG vorgesehenen Frist zu beantragen. Nach stRsp des VwGH ist ein Erwerbsvorgang nur dann iSd § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG „rückgängig gemacht“, wenn der Verkäufer damit jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss hatte, wiedererlangt hat (VwGH 11. 3. 2010, 2008/16/0013, mwN).
Vorliegend würde die Übertragung des Grundstücks anlässlich einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung der Vertragsparteien mit Aufhebungsvertrag vom März 2018 rückwirkend aufgelöst. Das BFG hat zudem festgestellt, dass das Vorgehen der Rw es überhaupt erst ermöglich habe, die Rückabwicklung des ursprünglichen Kaufvertrags zu finanzieren und damit ihre Verfügungsmacht (wieder)herzustellen. Die Rw haben dazu, bereits vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags – unter der Bedingung dessen tatsächlichen Abschlusses – die Liegenschaft an ihre Tochter abgetreten. Dem Übergabevertrag zufolge hatte die Tochter den Kredit zur Finanzierung des Rückzahlungsbetrags aufzunehmen.
Erst der Aufhebungsvertrag ermöglichte die (bedingte) Weiterveräußerung. Damit wurde den Rw wieder die uneingeschränkte Verfügungsmöglichkeit über die Liegenschaft verschafft. Somit ist es im Revisionsfall für die Anwendbarkeit des § 17 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 GrEStG nicht schädlich, dass der Übergabevertrag mit der Tochter bereits vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags abgeschlossen wurde. Dass die Rw durch den Aufhebungsvertrag jene Verfügungsmacht nicht wiedererlangt hätten, die sie vor dem Vertragsabschluss hatten, findet im vom BFG festgestellten Sachverhalt keine Deckung.
Hilfsweise stützte sich das BFG auch darauf, dass die in § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG vorgesehene Frist nicht eingehalten wurde. Der Anspruch auf Rückerstattung der Steuer entsteht nicht schon mit der rechtlichen Möglichkeit, die Auflösung der Verträge zu verlangen, sondern erst mit der tatsächlichen Rückgängigmachung der Verträge (VwGH 9. 8. 2001, 2000/16/0085, mwN). Ob dieser Zeitpunkt, wie die Rw vorbringen, bereits im Oktober 2017 oder – wovon das BFG ausging – erst mit Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung im März 2018 anzunehmen ist, ist im Revisionsfall nicht entscheidungserheblich. Die Steuer wird gem § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung rückgängig gemacht wird. Feststellungen, wann die Steuerschuld aus diesem Grundstücksverkauf entstanden ist, finden sich im Erkenntnis des BFG nicht. Mit Abstellen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags und nicht auf die Entstehung der Steuerschuld hat das BFG das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet. Das Erkenntnis des BFG wurde daher vom VwGH aufgehoben.
Conclusio
Strittig war, ob die für die Rückerstattung der GrESt erforderliche Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs tatsächlich bewirkt wurde. Nach der erstinstanzlichen Entscheidung des BFG war diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil die Liegenschaft bereits vor Auflösung des ersten Erwerbs an die Tochter der Rw übertragen wurde. Die Rsp des VwGH erfordert für eine Rückgängigmachung, dass der Verkäufer die Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangt, die er vor Vertragsabschluss hatte (VwGH 2. 4. 1984, 82/16/0165; 23. 2. 1989, 88/16/0187; 23. 1. 2003, 2002/16/0111; 26. 3. 2019, 2018/16/0005 oder Arnold in Arnold/Bodis [Hrsg], Kommentar zum GrEStG 1987 [17. Lfg 2020] § 17 Rz 25 und Stanek/Volpini de Maestri in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner [Hrsg], GrEStG2 [2024] § 17 Rz 13). Indizwirkung kann die zeitliche Abfolge der Vertragsabschlüsse haben (VwGH 17. 10. 2001, 2001/16/0184; 30. 6. 2005, 2005/16/0094; 18. 9. 2007, 2007/16/0066).
Da die Übertragung an die Tochter bereits vor Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbs erfolgte, war die zeitliche Abfolge wohl entscheidend für die Beurteilung des BFG, eine Anwendung von § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG nicht zuzulassen (vgl Stanek/Volpini de Maestri in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner [Hrsg], GrEStG2 [2024] § 17 Rz 13). Für den VwGH war jedoch maßgeblich, dass einerseits die Abtretung an die Tochter nur unter der Bedingung der tatsächlichen Auflösung des ursprünglichen Erwerbs erfolgte. Andererseits mussten die Rw nach der Auflösungsvereinbarung die Liegenschaft auch nicht einem bestimmten Dritten übertragen (VwGH 11. 4. 1991, 90/16/0009). Damit haben die Rw – trotz Übertragung an die Tochter – durch die Auflösungsvereinbarung die von § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG geforderte freie Verfügungsmacht wiedererlangt. In der Zwischenzeit ist auch das BFG im fortgesetzten Verfahren der Auffassung des VwGH gefolgt und hat dem Antrag auf Rückerstattung der GrESt stattgegeben (BFG 14. 4. 2025, RV/4100047/2025).