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VwGH: Sachbezug für Dienstwohnungen für Geschäftsführer einer Holdinggesellschaft

Bearbeiter: Martin Klokar

EStG 1988: § 15

Sachbezugswerteverordnung: § 2 und § 3

Abstract

Der VwGH hatte über einen Fall zu entscheiden, in welchem eine Holding GmbH den Sachbezug für die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Wohnraum an ihre Geschäftsführer mit den besonderen Werten eines Deputats in der Land- und Forstwirtschaft bemessen hat. Das FA erhöhte den Sachbezug, weil Geschäftsführer einer GmbH die Definition der in der Land- und Forstwirtschaft Beschäftigten nicht erfüllen würden. Der VwGH stellte in seinem Erkenntnis klar, dass die Mitarbeitenden von ihrer konkreten Tätigkeit her zu beurteilen sind und daher auch Geschäftsführer einer GmbH den Tatbestand der „ständig in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigten Angestellten“ erfüllen können.

VwGH 17. 11. 2022, Ro 2021/15/0015

Sachverhalt

Die Revisionswerberin (Rw) ist eine Holding GmbH, die im Alleineigentum einer Familienstiftung steht. Neben ihrer Funktion als Gruppenträgerin und Gesellschafterin mehrerer Kleinkraftwerksgesellschaften und eines Steinbruchunternehmens obliegt der Holding GmbH zudem die Überwachung, Organisation und Führung eines Forstes, der im Eigentum der Familienstiftung steht, die auch die Forstarbeiter, Förster, Forstwarte und Oberforstmeister beschäftigt. Sie selbst erzielt keine Umsätze aus der Forstwirtschaft.

Die Rw mietete für ihre angestellten Geschäftsführer A und B von der Familienstiftung Dienstwohnungen an und stellte sie den Geschäftsführern unentgeltlich zur Verfügung: Für A mietete sie dabei eine Dienstwohnung im Ausmaß von 390 m2 Nutzfläche um 975 € Nettomiete, 87 € Betriebskosten und 212,40 € USt (20 %), insgesamt sohin um 1.274,40 €/Monat, an. Bei dem Gebäude handelt es sich um das erste Obergeschoß eines Schlosses, das tatsächlich eine Wohnfläche von 396,59 m2 hat. Für B mietete die Rw eine 64,96 m2 große Wohnung um 165 € Miete, 65 € Betriebskosten zuzüglich 10 % USt an.

Bei der Lohnverrechnung 2013–2015 berücksichtigte die Holding GmbH für die zur Verfügung gestellten Dienstwohnungen Sachbezugswerte für A von monatlich 95,92 € und für B von monatlich 86,33 € auf Grundlage des § 3 Sachbezugswerteverordnung („Deputate in der Land- und Forstwirtschaft“). Das FA erließ daraufhin Bescheide betreffend die Haftung für die Lohnsteuer 2013–2015 und den Dienstgeberbeitrag 2013–2015, in denen es die Bemessungsgrundlage um die Sachbezüge für die Dienstwohnungen erhöhte, weil die Holding GmbH kein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sei und die Geschäftsführer die Definition der in der Land- und Forstwirtschaft Beschäftigten nicht erfüllen würden, womit die Bewertung des Wohnraumes gem § 3 Abs 2 Sachbezugswerteverordnung ausgeschlossen sei.

Das BFG bestätigte diese Rechtsansicht dem Grunde nach. Die Holding GmbH erhob Revision an den VwGH. Strittig war im Ergebnis, ob die Bewertung des Wohnraumes nach § 2 oder § 3 Sachbezugswerteverordnung erfolgen müsse.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH hob das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf:

Anwendungsvoraussetzung des § 3 Abs 2 Sachbezugswerteverordnung ist, dass es sich bei den betroffenen Arbeitnehmenden um „ständig in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigte Angestellte“ handelt. Nach dem VwGH ist das BFG im angefochtenen Erkenntnis davon ausgegangen, dass es für eine tatbildliche Beschäftigung in der Land- und Forstwirtschaft iSd § 3 Sachbezugswerteverordnung darauf ankomme, ob der Arbeitgeber einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb führt, in dessen Rahmen die Tätigkeit ausgeübt wird. Damit hat das BFG jedoch die Rechtslage verkannt. Entscheidend ist vielmehr, ob die betroffenen Mitarbeitenden von ihrer konkreten Tätigkeit her tatsächlich in der Land- und Forstwirtschaft tätig sind, wie sie in § 21 EStG definiert ist. Betriebsinhaber der Land- und Forstwirtschaft muss nicht der Arbeitgeber sein.

Entgegen der Auffassung des FA in der Revisionsbeantwortung schließt daher laut VwGH auch der Umstand, dass ein Arbeitgeber in steuerlicher Hinsicht letztlich keine Einkünfte iSd § 21 EStG erzielt, insb etwa weil er eine rechnungslegungspflichtige Körperschaft iSd § 7 Abs 3 KStG ist und daher kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt, Beschäftigte nicht von der Anwendbarkeit des § 3 Sachbezugswerteverordnung aus, wenn diese inhaltlich zweifelsfrei im Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes tätig sind. Für den Revisionsfall bedeutet dies, dass das BFG nähere Feststellungen zum genauen Tätigkeitsprofil der beiden Geschäftsführer hätte treffen müssen, um zu ermitteln, inwieweit diese tatsächlich – bezogen auf einen längeren Beobachtungszeitraum, etwa eines Veranlagungsjahres (arg: „ständig“) – in der Land- und Forstwirtschaft tätig gewesen sind. Dazu ist im Revisionsfall insb auch näher zu ermitteln, inwieweit die Bewirtschaftung des offenbar in der Familienstiftung verbliebenen Forstes tatsächlich durch die Geschäftsführer der Holding betrieben wird (konkrete Führung der Forstgeschäfte, Anleitung und Einteilung der Forstarbeitenden).

Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Fehlens wesentlicher Feststellungen aufgrund unrichtiger Rechtsansicht aufzuheben.

Conclusio

Einnahmen liegen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der außerbetrieblichen Einkunftsarten (§ 2 Abs 3 Z 4–Z 7 EStG) zufließen (§ 15 Abs 1 Satz 1 EStG). Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind gem § 15 Abs 2 EStG mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes steuerlich anzusetzen. Der übliche Mittelpreis des Verbrauchsortes ist der Betrag, den der Steuerpflichtige hätte aufwenden müssen, um sich die geldwerten Vorteile am Verbrauchsort im freien Wirtschaftsverkehr zu beschaffen (vgl VwGH 26. 7. 2017, Ra 2016/13/0043 mwN). Als übliche Mittelpreise des Verbrauchsortes iSd § 15 Abs 2 EStG werden daher in der Sachbezugswerteverordnung für verschiedene Sachbezüge Wertansätze festgelegt.

Die Bewertung der unentgeltlichen Zurverfügungstellung von Wohnraum kann entweder nach § 2 oder § 3 Sachbezugswerteverordnung erfolgen. Dabei sind die Werte für ständig in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigte Angestellte (§ 3 Abs 2 Sachbezugswerteverordnung) niedriger und daher steuerlich attraktiver als die allgemeinen Werte, die ausschließlich auf Größe und Wohnqualität einer Normwohnung abstellen (§ 2 Sachbezugswerteverordnung). Der VwGH macht in dieser Entscheidung deutlich, dass bei Mitarbeitenden einer GmbH für Zwecke des Sachbezugs eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit nicht automatisch ausgeschlossen werden kann. Trotz der Gewerblichkeitsfiktion einer GmbH ist das genaue Tätigkeitsprofil der Angestellten zu prüfen. Darüber hinaus interpretiert der VwGH in dieser Entscheidung den Begriff „ständig“ mit dem Zeitraum „etwa ein Veranlagungsjahr“, was für die Praxis zur Beurteilung solcher Rechtsfragen hilfreich sein kann. Die Entscheidung des VwGH ist im Kern überzeugend, zumal auch ein Betriebsinhaber der Land- und Forstwirtschaft nicht mit dem Arbeitgeber gleichgesetzt werden muss.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33673 vom 16.02.2023