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Sachbezugswerteverordnung: § 4 Abs 1 bis Abs 3
Abstract
Der VwGH hatte über einen Fall zu entscheiden, in welchem eine im Vermessungswesen tätige GmbH im Hinblick auf die Zurverfügungstellung von einem Kfz an einen Dienstnehmer zur Haftung für ua Lohnsteuer herangezogen wurde. Für den Dienstnehmer wurde kein Sachbezug angesetzt, obwohl dieser Fahrten zwischen Arbeitsstätte und Wohnung zurückgelegt hat. Die revisionswerbende Partei argumentierte, dass die Vermessungsgeräte am Vorabend verladen wurden, anschließend der Dienstnehmer mit dem Fahrzeug zu seinem Privathaus fuhr, um am nächsten Morgen direkt zum Ort der Vermessung zu fahren. Der VwGH stellte in seinem Erkenntnis klar, dass auch die Nutzung des arbeitgebereigenen Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis bewirkt.
VwGH 16. 1. 2023, Ra 2022/13/0104
Sachverhalt
Die revisionswerbende Partei (Rw), eine im Vermessungswesen tätige GmbH, wurde zur Haftung für ua Lohnsteuer herangezogen. Dem BFG zufolge sei der Dienstnehmer im Außendienst mit Vermessungsarbeiten beschäftigt gewesen. Von der Rw sei dem Dienstnehmer ein Kfz zur Verfügung gestellt worden, um zum Ort der Vermessung zu gelangen und die erforderlichen Vermessungsgeräte zu transportieren. Die Vermessungsgeräte seien am Vorabend verladen worden, anschließend sei der Dienstnehmer mit dem Fahrzeug zu seinem Privathaus gefahren. Am nächsten Morgen sei er direkt zum Ort der Vermessung gefahren; er führe tagsüber die Vermessungsarbeiten aus. Nach Beendigung der Arbeiten kehre er ins Büro zurück, um dort die notwendige Erfassung der Vermessungsdaten im System vorzunehmen. Die jährliche Kilometerleistung für die Zurücklegung der Strecke Arbeitsstätte – Wohnhaus habe in den Streitjahren nicht mehr als 6.000 km betragen.
Betrage die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten iSd § 4 Abs 1 Sachbezugswerteverordnung im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, sei gem § 4 Abs 2 Sachbezugswerteverordnung ein Sachbezug im Ausmaß des halben Sachbezugswertes gem Abs 1 anzusetzen. Auch Fahrten zwischen Arbeitsstätte und Wohnung seien Privatfahrten. Da der Dienstnehmer mit seinem Fahrzeug auch die Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnung zurückgelegt habe, sei von einer Privatnutzung des Fahrzeugs auszugehen; es sei daher der halbe Sachbezugswert anzusetzen.
Die GmbH erhob Revision an den VwGH. Strittig war, wann nicht beruflich veranlasste Fahrten, insb bei Außendienstmitarbeitern, vorliegen.
Entscheidung des VwGH
Der VwGH wies die Revision mit folgender Begründung zurück:
Betreffend den Dienstnehmer ist zu berücksichtigen, dass auch die Nutzung des arbeitgebereigenen Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis bewirkt (vgl zB VwGH 29. 10. 2003, 2000/13/0028). Bei regelmäßig absolviertem Innendienst gilt ein Büro als Arbeitsstätte; dies auch etwa dann, wenn die Betriebsstätte lediglich zu Vorbereitungs- oder Abschlussarbeiten oder Dienstbesprechungen aufgesucht wird (vgl VwGH 19. 3. 2008, 2006/15/0289, mwN; vgl weiters VwGH 25. 11. 2009, 2007/15/0209).
Im vorliegenden Fall fuhr der Dienstnehmer jeweils am Morgen mit dem Fahrzeug direkt zum Ort der Vermessung und führte dort die Vermessungsarbeiten aus. Anschließend fuhr er aber ins Büro, um dort die notwendige Erfassung der Vermessungsdaten im System vorzunehmen. Nach Verladung der notwendigen Geräte für die Arbeiten am nächsten Tag fuhr er sodann mit diesem Fahrzeug nach Hause. Damit liegen aber laut VwGH jedenfalls (jeweils am Abend) Fahrten zwischen der Arbeitsstätte und der Wohnung mit dem arbeitgebereigenen Kfz vor, was als Vorteil aus dem Dienstverhältnis zu beurteilen ist. Darauf, ob auch die Fahrten mit dem arbeitgebereigenen Kfz von der Wohnung (unmittelbar, ohne das Büro aufzusuchen) zu den jeweiligen Einsatzorten als Vorteil aus dem Dienstverhältnis anzusehen wäre (wogegen sich die Revision im Wesentlichen wendet), kommt es nach dem VwGH hier nicht an, zumal lediglich der halbe Sachbezugswert angesetzt wurde. Dass der Vorteil (betreffend Fahrten Arbeitsstätte zur Wohnung) nur im eigenen Interesse des Dienstgebers gewährt worden wäre (vgl zB VwGH 26. 1. 2006, 2002/15/0188; 21. 5. 2014, 2010/13/0196), wird nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
Conclusio
Einnahmen liegen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der außerbetrieblichen Einkunftsarten (§ 2 Abs 3 Z 4‒7 EStG) zufließen (§ 15 Abs 1 Satz 1 EStG). Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kfz zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind gem § 15 Abs 2 EStG mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes steuerlich anzusetzen. Der übliche Mittelpreis des Verbrauchsortes ist der Betrag, den der Steuerpflichtige hätte aufwenden müssen, um sich die geldwerten Vorteile am Verbrauchsort im freien Wirtschaftsverkehr zu beschaffen (vgl VwGH 26. 7. 2017, Ra 2016/13/0043, mwN). Als übliche Mittelpreise des Verbrauchsortes iSd § 15 Abs 2 EStG werden daher in der Sachbezugswerteverordnung für verschiedene Sachbezüge Wertansätze festgelegt.
Der VwGH macht in dieser Entscheidung deutlich, dass bei Bestehen einer Möglichkeit für einen Arbeitnehmer, ein arbeitgebereigenes Kfz für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, nach § 4 Abs 1 Sachbezugswerteverordnung ein Sachbezug in näher bestimmter Höhe anzusetzen ist. Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten iSd § 4 Abs 1 Sachbezugswerteverordnung im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist nach § 4 Abs 2 VO der halbe Sachbezugswert anzusetzen. Nach § 4 Abs 3 Sachbezugswerteverordnung ist bei Vorliegen näher geregelter Voraussetzungen ein geringerer Sachbezugswert anzusetzen. Voraussetzung hierfür ist insb, dass sämtliche Fahrten lückenlos in einem Fahrtenbuch aufgezeichnet werden.
Aus der Perspektive der Praxis sei in diesem Zusammenhang noch auf die LStR 2002 hingewiesen, die Erleichterungen für Steuerpflichtige vorsehen: Ein Sachbezugswert für die Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte ist der Finanzverwaltung zufolge dann nicht anzusetzen, wenn es sich um Spezialfahrzeuge handelt, die aufgrund ihrer Ausstattung eine andere private Nutzung praktisch ausschließen (zB ÖAMTC- oder ARBÖ-Fahrzeuge, Montagefahrzeuge mit eingebauter Werkbank), oder wenn Berufschauffeure das Fahrzeug (Pkw, Kombi, Fiskal-Lkw), das privat nicht verwendet werden darf, nach der Dienstverrichtung mit nach Hause nehmen. Wird einem Arbeitnehmer nachweislich ab einem bestimmten Zeitpunkt im Lohnzahlungszeitraum ein arbeitgebereigenes Kfz erstmalig zur Verfügung gestellt oder dauerhaft entzogen, kann der Sachbezug für diesen Lohnzahlungszeitraum entsprechend aliquotiert werden (LStR 2002 Rz 175). Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die LStR 2002 als reiner „Auslegungsbehelf der Finanzverwaltung“ anzusehen sind und deren Inhalte jederzeit geändert werden können (vgl VwGH 22. 6. 2022, Ro 2021/13/0022, mwN).