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VwGH: Steuerbare Vermietung einer Gemeinde an einen Sportverein?

Bearbeiter: Thomas Frenkenberger

UStG § 2 Abs 3 TS 5

UStG § 12 Abs 10

ABGB § 1090

Abstract

Der VwGH hatte sich mit dem Begriff der Vermietung und Verpachtung iSd § 2 Abs 3 TS 5 UStG auseinanderzusetzen. Körperschaften öffentlichen Rechts gelten gem § 2 Abs 3 TS 5 außerhalb ihres BgA als Unternehmer, wenn sie Grundstücke verpachten oder vermieten. Nach Ansicht der Finanzverwaltung (UStR 2000 Rz 265) liegt eine solche Vermietung nur dann vor, wenn durch das Entgelt nicht nur die laufenden Betriebskosten, sondern auch eine AfA-Komponente von mindestens 1,5 % der Anschaffungs- und Herstellkosten gedeckt ist. Das BFG hatte im Fall einer Vermietung einer Sportanlage erkennen lassen, dass eventuell auch eine niedrigere AfA-Komponente ausreichen könnte, um einen entgeltlichen Mietvertrag zu begründen, wenn die AfA-Komponente die Betriebskosten übersteigt. Der VwGH wählte einen gänzlich anderen Ansatz.

VwGH 20. 9. 2023, Ra 2021/13/0082-6

Sachverhalt

Die mitbeteiligte Gemeinde hatte in den Jahren 2002 bis 2006 eine Sport- und Freizeitanlage errichtet und ab Ende 2006 an einen Sportverein vermietet. Die Mitglieder des Sportvereins waren zum Teil an der Errichtung der Sport- und Freizeitanlage beteiligt. Die Mithilfe wurde bei der Berechnung des Mietentgelts berücksichtigt, wodurch der tatsächlich zu zahlende jährliche Betrag mit etwas über 3.000 € relativ gering war.

Im Jahr 2014 wurde im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt, dass ab dem Jahr 2011 kein steuerbares Bestandverhältnis mehr vorlag. Grund dafür war eine Änderung in den Umsatzsteuerrichtlinien, die für laufende Bestandverträge von Körperschaften öffentlichen Rechts ab dem Jahr 2011 schlagend wurde: Ab diesem Zeitpunkt genügten Bestandverträge nur dann den Kriterien des § 2 Abs 3 TS 5 UStG, wenn das Entgelt nicht nur die laufenden Betriebskosten, sondern auch eine jährliche AfA-Komponente iHv 1,5 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abdeckt. Die von der Gemeinde vorgelegte Berechnung der AfA-Komponente konnte die Betriebsprüfung nicht überzeugen, da die Anschaffungs- und Herstellkosten nach Ansicht der Abgabenbehörde zu niedrig berechnet wurden. Ab dem Jahr 2011 war daher nach Ansicht der Betriebsprüfung von keinen steuerbaren Umsätzen auszugehen. Da die Sport- und Freizeitanlage nur in den Jahren 2006 bis 2010 zu steuerbaren Umsätzen geführt hatte, korrigierte die Abgabenbehörde die Vorsteuern iZm der Errichtung der Sportanlage gem § 12 Abs 10 UStG zu 5/10, also zur Hälfte (in der damals gültigen Fassung lag der Betrachtungszeitraum für Vorsteuerkorrekturen an Anlagevermögen noch bei 10 statt 20 Jahren, Anm.).

Die dagegen durch die Gemeinde erhobene Beschwerde wurde ohne Beschwerdevorentscheidung dem BFG vorgelegt, das der Beschwerde stattgab. Das BFG lies sich dabei nicht auf die Diskussion ein, ob die vorliegende AfA-Komponente die 1,5 % erreicht hat, sondern stellte fest, dass der Mietzins die Betriebskosten erheblich übertraf. Es liege somit kein bloßer Anerkennungszins vor, die Vermietung sei weiterhin steuerbar und die Vorsteuern nicht zu berichtigen. Das BFG erklärte die Revision für nicht zulässig, es wurde allerdings Amtsrevision erhoben.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH ruft zunächst in Erinnerung, dass sich der Begriff der Vermietung und Verpachtung iSd § 2 Abs 3 UStG vom übrigen Vermietungsbegriff im UStG unterscheidet. Für die Feststellung, ob eine Vermietung und Verpachtung iSd § 2 Abs 3 UStG vorliegt, sind zivilrechtliche Kriterien maßgeblich (VwGH 10. 3. 2016, 2013/15/0222; VwGH 3. 9. 2008, 2003/13/0086). Eine Überlassung gegen einen bloßen Anerkennungszins reicht nicht aus, um einen zivilrechtlichen Bestandvertrag iSd § 1090 ABGB zu begründen. Bei bloßem Ersatz der Betriebskosten ist daher von einem unentgeltlichen Leihvertrag iSd § 971 ABGB auszugehen (VwGH 26. 1. 2017, Ra 2016/15/0002; OGH 10. 6. 2015, 7 Ob 218/14f).

Für die Beurteilung der Entgeltlichkeit ist nicht entscheidend, ob eine nach ertragsteuerlichen Grundsätzen ermittelte AfA-Komponente an den Eigentümer gezahlt wird. Es ist außerdem bei den Betriebskosten danach zu unterscheiden, ob sie aus dem Gebrauch resultieren, oder den Eigentümer aufgrund seiner Eigentümerstellung treffen. Die gebrauchsabhängigen Kosten stellen kein Entgelt dar (OGH 27. 5. 2021, 9 Ob 28/21i; OGH 10. 6. 2015, 7 Ob 218/14f). Ist das bedungene Entgelt so niedrig, dass es gegenüber dem Wert der Benützung praktisch nichts ins Gewicht fällt, liegt keine Entgeltlichkeit vor (OGH 4. 11. 2013, 10 Ob 26/13s). Dies ist etwa bei 10 % des ortsüblichen Entgelts anzunehmen (OGH 27. 5. 2021, 9 Ob 28/21i).

Um die Entgeltlichkeit zu beurteilen, hätte das BFG daher einen Vergleich mit der erzielbaren Miete vornehmen müssen. Weil eine solche Feststellung nicht getroffen wurde, war das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben. Der VwGH weist für das fortgesetzte Verfahren außerdem noch darauf hin, dass eine Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs 10 UStG nur möglich ist, wenn sich die maßgeblichen Verhältnisse in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht geändert haben (VwGH 17. 5. 2023, Ra 2022/13/0096). Sollte das BFG zum Schluss kommen, dass eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung vorliegt, hätte mangels Änderung der Verhältnisse im Jahr 2011 von Beginn an kein umsatzsteuerlich relevantes Leistungsverhältnis bestanden.

Conclusio

§ 2 Abs 3 TS 5 UStG legt fest, dass die Vermietung und Verpachtung durch Körperschaften öffentlichen Rechts außerhalb eines BgA als steuerbar anzusehen ist. Nach stRsp des VwGH ist der Begriff der Vermietung und Verpachtung iSd § 2 Abs 3 UStG eng auszulegen, sodass nicht jede (unionsrechtlich) wirtschaftliche Tätigkeit die Schwelle der (entgeltlichen) Vermietung und Verpachtung erfüllt (VwGH 3. 9. 2008, 2003/13/0086; krit zB Ruppe/Achatz UStG5 § 2 Rz 195). Strittig ist, ab wann die Schwelle zur Entgeltlichkeit erreicht ist. Der VwGH hält in der vorliegenden Entscheidung fest, dass ein bloßes Abstellen auf eine AfA-Komponente nicht genügt, um festzustellen, ob eine entgeltliche Vermietung und Verpachtung vorliegt (siehe auch Mayr, Umsatzsteuer-Update im November 2023, SWK 2023, 1191 [1194]). Es wird nun am BFG liegen, ein ortsüblich erzielbares Entgelt für diese Sport- und Freizeitanlage zu finden, was aus praktischer Sicht wohl mit Schwierigkeiten verbunden ist. Im Ergebnis ist die Entscheidung des VwGH aber überzeugender als die derzeitige Sicht der Abgabenbehörde, wonach die maßgebliche AfA-Komponente von den Anschaffungskosten inklusive Grund und Boden zu berechnen ist (UStR Rz 265). Eine Absetzung für Abnutzung für nicht abnutzbares Anlagevermögen schließt sich schon begrifflich aus.

Anzumerken ist im vorliegenden Fall außerdem, dass die Umsätze aus der Überlassung der Sportanlage im Falle der Steuerbarkeit unecht umsatzsteuerbefreit sind. Eine Steuerpflicht konnte daher nur vorliegen, wenn auch tatsächlich in eine steuerpflichtige Vermietung gem § 6 Abs 2 UStG optiert wurde.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35040 vom 05.02.2024