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VwGH: Unzuständigkeit des BFG bei Streitigkeit über Auskunftsbegehren nach § 4 Abs 4 KontRegG

Bearbeiter: Dominik Hemmelmeyer

KontRegG: § 4 Abs 4

BFGG: § 1 Abs 1

Abstract

Der VwGH hatte sich im vorliegenden Fall ua mit der Frage zu beschäftigen, ob das BFG für eine Beschwerde gegen einen Bescheid zuständig ist, mit dem die Auskunft nach § 4 Abs 4 KontRegG verweigert wurde. Der VwGH gelangt zum Ergebnis, dass eine Streitigkeit über ein Auskunftsbegehren nach § 4 Abs 4 KontRegG keine Rs in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben betrifft. Nach Ansicht des VwGH ist das BFG daher unzuständig.

VwGH 14. 12. 2023, Ra 2023/13/0054

Sachverhalt

Die Revisionswerberin (Rw) ist Gesamtrechtsnachfolgerin des verstorbenen G. Der Nachlass wurde ihr im Juni 2014 zur Gänze eingeantwortet. Die Rw richtete sich mittels einer Eingabe an den BMF und begehrte Auskunft darüber, welche den verstorbenen G betreffende Daten in das Kontenregister aufgenommen und welche Konten diesem konkret zugeordnet worden seien. Sollte unentdecktes Vermögen des G bestehen, stünde dieses ihr als Gesamtrechtsnachfolgerin zu. Für den Fall der Nichterteilung der Auskunft begehrte die Rw die Erlassung eines Bescheides darüber. Mit Bescheid vom 22. 4. 2022 wies der BMF den Antrag ab. Begründet wurde der Bescheid im Wesentlichen damit, dass das Auskunftsrecht ein höchstpersönliches Recht des G gewesen sei und dieses mit seinem Tod erloschen sei. Die Rechtsmittelbelehrung erklärte eine Beschwerde an das BVwG für zulässig, welche auch erhoben wurde. Das BVwG leitete die Beschwerde jedoch an das BFG weiter. Das BFG wies die Beschwerde mit Erkenntnis ab. Begründet wurde das abweisende Erk mit derselben Rechtsansicht, die auch bereits der BMF vertreten hatte. Gegen dieses Erk des BFG erhob die Rw zunächst Erkenntnisbeschwerde an den VfGH, der die Behandlung allerdings ablehnte und sie dem VwGH zur Entscheidung abtrat.

Entscheidung des VwGH

Nach Ansicht des VwGH ist die Revision zulässig und begründet.

Gem § 4 Abs 4 KontRegG haben betroffene Personen und Unternehmer das Recht auf Auskunft, welche sie betreffenden Daten in das Kontenregister aufgenommen wurden. Die genannte Bestimmung ist seit der Stammfassung des KontRegG unverändert. Das KontRegG enthält keine Regelungen dazu, wie über einen solchen Antrag im Streitfall zu entscheiden ist.

Im Ministerialentwurf war § 4 Abs 4 KontRegG noch nicht enthalten. In den Stellungnahmen dazu wurde allerdings darauf hingewiesen, dass mit der Einführung eines Kontenregisters in das Grundrecht auf Datenschutz eingegriffen wird, weshalb korrespondierend dazu auch entsprechende Auskunftsrechte vorzusehen seien, um die Datenschutzkonformität zu gewährleisten. Die Regierungsvorlage enthielt anschließend die Bestimmung des § 4 Abs 4 KontRegG.

Grund für die Einfügung der genannten Bestimmung dürften daher die Stellungnahmen zum Ministerialentwurf gewesen sein, die eine derartige Regelung aus datenschutzrechtlichen Gründen forderten. Auch die Terminologie des § 4 Abs 4 KontRegG ist an datenschutzrechtliche Bestimmungen angelehnt. Daraus kann aber – so der VwGH – nicht abgeleitet werden, dass dieses Auskunftsrecht nur im Wege eines auf das DSG oder die DSGVO gestützten Begehrens durchgesetzt werden könnte.

Die Rw stützte sich explizit auf das Auskunftspflichtgesetz und begehrte für den Fall der Nichterteilung der Auskunft die Erlassung eines Bescheides darüber. Gestützt auf das Datenschutzrecht wäre ein derartiger Antrag unschlüssig, weil bei Nichterteilung der Auskunft lediglich zu begründen ist, warum die Auskunft nicht oder nicht vollständig erteilt wird.

Nach § 6 Auskunftspflichtgesetz ist dieses nicht anzuwenden, soweit nach anderen Bundesgesetzen besondere Auskunftspflichten bestehen. § 4 Abs 4 KontRegG ist eine derartige besondere Auskunftspflicht. Mangels Regelungen im KontRegG für die Behandlung eines Antrags auf Auskunft im Streitfall sei aber – so der VwGH – bei zumindest sinngemäßer Anwendung des Auskunftspflichtgesetzes bei Nichterteilung der Auskunft mit Bescheid abzusprechen.

Der BMF ging in der Rechtsmittelbelehrung seines Bescheides zu Recht davon aus, dass eine allfällige Beschwerde an das BVwG zu richten sei. Gem § 1 Abs 1 BFGG ist das BFG zuständig, wenn es sich um eine Angelegenheit der öffentlichen Abgaben oder des Finanzstrafrechts handelt, sofern die Angelegenheit jeweils unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt wird. Die Besorgung der Angelegenheit durch eine Abgabenbehörde des Bundes ist im vorliegenden Fall gegeben.

Das KontRegG dient verschiedenen Zwecken, ua auch der Erhebung von Abgaben des Bundes. Ein Auskunftsbegehren nach § 4 Abs 4 KontRegG kann daher dadurch motiviert sein, im Rahmen eines Verfahrens, das auf die Erhebung von Abgaben gerichtet ist, Rechte geltend zu machen oder Ansprüche des Abgabengläubigers abzuwehren. Ein solches Interesse wird aber von § 4 Abs 4 KontRegG überhaupt nicht gefordert. Nach der genannten Bestimmung besteht keinerlei Verknüpfung zwischen dem Begehren auf Auskunft und einer Abgabenangelegenheit. Die Streitigkeit über ein Auskunftsbegehren nach § 4 Abs 4 KontRegG betrifft damit – so der VwGH – keine Rs in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben.

Auch eine „sonstige Angelegenheit“ iSd § 1 Abs 3 BFGG oder eine Zuständigkeit des BFG in einer sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheit iSd Art 131 Abs 3 B-VG liegt nicht vor. Bei der Konteneinschau im 3. Teil des KontRegG ist darüber hinaus eine Zuständigkeit des BFG vorgesehen. Bei der Einsicht in das Kontenregister im 2. Teil des KontRegG fehlt es hingegen an einer solchen Regelung.

Das BFG war somit nach Ansicht des VwGH unzuständig, weshalb das angefochtene Erk gem § 42 Abs 2 Z 2 VwGG aufzuheben war.

Conclusio

Der VwGH legt in diesem Erk überzeugend dar, dass das BFG nicht für eine Beschwerde gegen einen Bescheid zuständig ist, mit dem ein Auskunftsbegehren gem § 4 Abs 4 KontRegG verweigert wird. Der BMF ist in der Rechtsmittelbelehrung seines Bescheides davon ausgegangen, dass eine allfällige Beschwerde an das BVwG zu richten sei. Die Beschwerde wurde dem BVwG auch vorgelegt, jedoch hat dieses – wie in Rz 5 des Erk ohne nähere Erläuterungen ausgeführt wird – die Beschwerde unter Anwendung von § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an das BFG weitergeleitet. In den Erläuterungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 wird ausgeführt: „Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen nach dem vorgeschlagenen Art. 131 Abs. 3 ist gegenüber dem Verwaltungsgericht des Bundes einerseits durch die organisatorische Anknüpfung an die Abgaben- und Finanzstrafbehörden des Bundes und andererseits in materiell-rechtlicher Hinsicht abgegrenzt.“ (RV 1618 BlgNR 24. GP 15; vgl auch Rosenkranz in Kahl/Khakzadeh/Schmid (Hrsg), Kommentar zum Bundesverfassungsrecht Art 131 B-VG Rz 24 [Stand 1. 1. 2021, rdb.at]). Aufgrund der mangelnden Verknüpfung zwischen dem Auskunftsbegehren nach § 4 Abs 4 KontRegG und einer Abgabenangelegenheit ist der VwGH der Rechtsansicht, dass ein solches Auskunftsbegehren keine Rs in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben betrifft. Dabei dürfte es sich um die in den Erläuterungen angesprochene „materiell-rechtliche“ Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit des BFG und des BVwG handeln, die der VwGH für diesen konkreten Fall präzisiert hat. Der VwGH ist daher wohl zu Recht von einer Unzuständigkeit des BFG ausgegangen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35233 vom 27.03.2024