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Abstract
Im vorliegenden Fall hatte der VwGH zu entscheiden, ob eine als Mietvertrag bezeichnete Vereinbarung zwischen einer Vermietungsgemeinschaft und einem Miteigentümer steuerlich anzuerkennen sei oder eine bloße Gebrauchsregelung darstelle. Das Höchstgericht stellte fest, dass aufgrund der konkreten Fallkonstellation eine bloße Gebrauchsregelung vorlag, und versagte die steuerliche Anerkennung der Vereinbarung.
VwGH 17. 11. 2022, Ra 2022/15/0023
Sachverhalt
Die Revisionswerberin ist eine Vermietungsgemeinschaft, bestehend aus den natürlichen Personen JN und CN. Beide sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft samt einem Gebäude, in welchem sich ein Geschäftslokal und vier weitere Wohnungen befinden. Das Geschäftslokal und die vier Wohnungen wurden an Dritte vermietet. Im Jahr 2009 fand eine Generalsanierung des Gebäudes statt. Nach der Generalsanierung wurden drei der vier Wohnungen sowie das Geschäftslokal weiter an Dritte vermietet. Die vierte Wohnung mietete allerdings JN und nutzte sie ausschließlich für private Zwecke. Die Revisionswerberin erklärte sämtliche Mieteinnahmen als Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung. Die Sanierungskosten wurden als Werbungskosten und die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht.
Das Finanzamt (FA) führte daraufhin im Jahr 2016 eine Außenprüfung durch und stellte fest, dass JN sowohl Mieter als auch zugleich Miteigentümer der Liegenschaft ist. In den wiederaufgenommen Umsatzsteuer- und Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2009 bis 2014 versagte das FA daraufhin die steuerliche Anerkennung der Vermietung an JN. Die Revisionswerberin erhob Beschwerde dagegen. Das Bundesfinanzgericht (BFG) schloss sich der Ansicht des FA an und versagte ebenfalls die steuerliche Anerkennung der Vermietung mangels Fremdüblichkeit. Dagegen richtete sich die außerordentliche Revision der Revisionswerberin.
Würdigung durch den VwGH
Der VwGH hielt an seiner ständigen Rechtsprechung fest (vgl dazu VwGH 09. 7. 1997, 93/13/0002; 27. 5. 1998, 98/13/0084; 30. 6. 2010, 2005/13/0057; 24. 11. 2016, Ra 2014/13/0020) und schloss sich der Würdigung des FA und des BFG an.
Er führte aus, dass für die Anerkennung eines Mietvertrages mit einem Miteigentümer die Fremdüblichkeit alleine nicht genügt. Es dürfe zudem keine bloße Gebrauchsregelung vorliegen. Denn eine Gebrauchsüberlassung gegen Entgelt genüge zur Begründung eines steuerlich anzuerkennenden Mietverhältnisses nicht. Schon § 833 ABGB weise den Besitz an der Sache den Teilhabern gemeinsam zu. Die gemeinsame Benützung der gesamten Liegenschaft sei daher ohnehin bereits gesetzlich geregelt. Außerdem entspreche die von JN gemietete Wohnung (ca 74 m2) im vorliegenden Fall einem Anteil von ca 19 % an der Gesamtnutzfläche des Gebäudes. Der Anteil finde daher im Hälfte-Eigentum des JN Deckung. Dies spreche für eine bloße Gebrauchsregelung. Daher räume ein Vertrag wie der hier vorliegende kein Gebrauchsrecht ein, sondern regle das gesetzlich zustehende Gebrauchsrecht in seiner Ausübung einvernehmlich. Die Vereinbarung habe somit bloß die Funktion einer Gebrauchsregelung.
Für die steuerliche Anerkennung der Vereinbarung als Mietverhältnis brauche es jedoch den klaren Willen der Parteien, mehr als eine bloße Gebrauchsüberlassung zu begründen. Ein solcher komme im vorliegenden Fall aber nicht klar zum Ausdruck, va weil die gemietete Wohnung im Hälfte-Eigentum Deckung finde. Zudem sei der Vertrag nicht fremdüblich, was gegen die Begründung eines Mietvertrags spricht. Die Revision war daher abzuweisen.
Die Mieteinnahmen seien in der Einkünftefeststellung nicht anzuerkennen und die Aufwendungen des JN für die Nutzung der Wohnung seien gem § 20 Abs 1 Z 1 EStG als Aufwendungen für den Haushalt nicht abzugsfähig. Die Umsatzsteuer könne folglich gem § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden.
Conclusio
Liegt wie im vorliegenden Fall eine bloße Gebrauchsregelung vor, so ist das Entgelt (die Miete) aus der Einkünfteermittlung auszuscheiden. Liegt hingegen ein Mietvertrag vor, so sind die Mieteinnahmen bzw -verluste bei den anderen Miteigentümern als Einkunftsquelle anzusetzen (EStR Rz 6529 f; Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 28 Rz 243), wobei etwaige Werbungskosten und Vorsteuern geltend gemacht werden können (VwGH 24. 4. 1997, 94/15/0126).
Damit ein Vertrag zwischen der Vermietungsgemeinschaft und dem Miteigentümer steuerlich anerkennt werden kann, muss er fremdüblich ausgestaltet sein. Zudem muss der Vertrag über eine bloße Gebrauchsregelung hinausgehen. Der bloße Wille, ein gemeinsames Gut auf längere Zeit gegen Entgelt zu überlassen, reicht nicht aus, da ein solcher Vertragsinhalt einer bloßen Gebrauchsregelung unter Miteigentümern entsprechen würde (zB OGH 4. 4. 1991, 7 Ob 527/91). Eine bloße Gebrauchsregelung verwirklicht daher auch nicht den Einkunftstatbestand des § 2 Abs 3 Z 6 EStG iVm § 28 EStG, weil das für diese Einkunftsart essentielle Merkmal der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung nicht erfüllt wird. Vielmehr wird dadurch lediglich die Regelung des § 833 ABGB näher konkretisiert. (zB VwGH 27. 5. 1998, 98/13/0084).
Während man die Fremdüblichkeit eines Vertrags leicht herbeiführen kann, wird es bei der Begründung eines (echten) Bestandsvertrags schwieriger. Denn wie eine derartige Vereinbarung aussehen muss, um steuerlich als Mietvertag qualifiziert werden zu können, ist unklar. Jedenfalls sollte sie in Schriftform gefasst sein. Die bloße Bezeichnung des Vertrags als Mietvertrag und des Entgelts als Miete reichen für die steuerliche Anerkennung nicht aus. Die alleinige Nutzung des gesamten Miteigentums durch die Miteigentümer ist schädlich und spricht gegen das Bestehen eines (echten) Bestandsvertrags. Davon abgesehen, gibt es in der Rsp keine (prozentuellen) Toleranzgrenzen hinsichtlich des Ausmaßes der Nutzung der Liegenschaft durch die Miteigentümer selbst (Laudacher in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl, Jakom EStG15 § 28 Rz 39).