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VwGH: Vertrauensschutzregelung bei einer umgründungsbedingt entstandenen Firmenwertabschreibung

Bearbeiter: Philipp Scharizer

KStG 1988: § 9 Abs 7, § 26c Z 47

Abstract

Der VwGH bestätigte das Erkenntnis des BFG, dass der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung nicht im Kaufpreis erkennbar war, weil der Kaufpreis als objektiver Unternehmenswert durch die DCF-Methode ermittelt wurde. Demnach stellt dieser auch keine abstrakte Beeinflussung der Gegenleistung dar.

VwGH 17. 11. 2022, Ro 2022/15/0023

Sachverhalt

Im Jahr 2006 veräußerte die A Gruppe ihre Unternehmenssparte an die N Gruppe. Die A AG (D) war zu diesem Zeitpunkt zu 100 % an der AP AG (D), diese wiederum zu 100 % an der APAM GmbH (D) und diese zu 100 % an der AP GmbH (Ö) beteiligt. Die A AG veräußerte mit Vertrag vom 20. 9. 2006 und Wirkung zum 31. 12. 2006 die Aktien der AP AG an die NG Holding GmbH (D), die zu 100 % an der N Holding GmbH (Ö, Rw) beteiligt war. Mit Sacheinlage- und Einbringungsvertrag vom 18. 12. 2006 übertrug die APAM GmbH 100 % der Anteile an der AP GmbH an die aufnehmende Gesellschaft N Holding GmbH unter Anwendung des Art III UmgrStG gegen Gewährung von Kapitalanteilen unter Ansatz des gemeinen Wertes gem § 17 Abs 2 Z 1 UmgrStG. Die Differenz, welche das erhöhte Stammkapital bei der Einlage überstieg, wurde als Agio geleistet und der Kapitalrücklage zugeführt. Der Unternehmenswert wurde durch eine gutachterliche Ermittlung anhand der DFC-Methode festgestellt. Hierbei wurde die steuerliche Auswirkung einer Firmenwertabschreibung außer Acht gelassen. Aufgrund des Erwerbes der Beteiligung an der AP GmbH machte die N Holding GmbH eine steuerrelevante 15tel-Abschreibung des Firmenwerts gem § 9 Abs 7 KStG für das Jahr 2007 geltend. Das FA erkannte die Firmenwertabschreibung gem § 9 Abs 7 KStG in den Bescheiden betreffend Feststellung Gruppenträger 2014–2016 nicht an. Gegen die Bescheide erhob die Revisionswerberin (Rw) Beschwerde an das BFG. Das BFG erkannt zwar, das sowohl ein Anschaffungsvorgang vorliegt, da eine Aufwertungseinbringung nach § 17 Abs 2 Z 1 UmgrStG erfolgt, als auch dass es sich im Streitfall um einen Fremderwerb iSd § 9 Abs 7 KStG 1988 handelte. Jedoch negierte das BFG den Vertrauensschutz gem § 26c Z 47 KStG, da der steuerliche Vorteil aus der Zulässigkeit einer Firmenwertabschreibung nicht bei der Ermittlung des Unternehmenswertes berücksichtig wurde. Da zur Auslegung von § 26c Z 47 noch keine Rechtsprechung des VwGH existierte, ließ das BFG die Revision zu. Diese wurde vonseiten der Rw eingebracht.

Entscheidung des VwGH

Die Firmenwertabschreibung iSd § 9 Abs 7 KStG wurde mit dem StReformG 2005 eingeführt. Dadurch konnte beim Erwerb von Beteiligungen (Share-Deal) an Gesellschaften, die Gruppenmitglieder werden, auf einen Zeitraum von 15 Jahren eine Firmenwertabschreibung vorgenommen werden. Dies war bis zum Ausmaß von 50 % des Kaufpreises der Beteiligung möglich. Durch das AbgÄG 2014 wurde diese steuerliche Regelung auf Beteiligungserwerbe vor dem 1. 3. 2014 begrenzt. Für bereits vor dem 1. 3. 2014 angeschaffte Beteiligungen wurde gem § 26c Z 47 KStG eine Vertrauensschutzklausel für die noch offenen Fünfzehntel aus einer Firmenwertabschreibung eingeführt. Demnach dürfen offene Fünfzehntel nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn sich der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung beim Erwerb der Beteiligung auf die Bemessung des Kaufpreises auswirken konnte. Ein konkreter kalkulatorischer Nachweis der Auswirkung auf die Gegenleistung ist nach dem abstrakt formulierten Gesetzestext nicht enthalten. Jedoch hat der Erwerber offenzulegen, welche wertbeeinflussende Rolle die Firmenwertabschreibung bei seiner Kaufpreiskalkulation gespielt hat.

Im Revisionsfall erfolgte die Bewertung der eingebrachten Anteile gem § 17 Abs 2 Z 1 UmgrStG unter Ansatz des gemeinen Wertes, wobei alle preisbeeinflussenden Faktoren zu berücksichtigen sind (vgl VwGH 6. 3. 1989, 86/15/0109). Der gemeine Wert der Beteiligung ist unabhängig von der Identität des Erwerbers zum Einbringungszeitpunkt zu ermitteln und somit ist die zustehende Firmenwertabschreibung kein beeinflussender Faktor. Die Rw räumt dazu in der Revision ein, dass „eine solche Beeinflussung eines objektiven Unternehmenswerts durch steuerliche Umstände auf Gesellschafterebene auch nicht möglich“ wäre. Es ist jedoch nie von der Rw vorgebracht geworden, dass die Möglichkeit der Firmenwertabschreibung bei der übernehmenden Körperschaft einen Einfluss auf die Höhe des gemeinen Werts selbst gehabt hätte. Daher wurde die Firmenwertabschreibung auch im der Einbringung zugrunde gelegten Bewertungsgutachten nicht berücksichtigt.

Die Rw brachte jedoch vor, dass für die Anwendbarkeit des § 26c Z 47 KStG nicht die Möglichkeit der Beeinflussung der Firmenwertabschreibung auf die Höhe des gemeinen Werts von Relevanz sei, sondern schlicht eine solche auf die Höhe der Gegenleistung, was bereits durch den Ansatz des gemeinen Werts statt des Buchwerts gegeben sei. Der VwGH hingegen stellte fest, dass die Aufwertungseinbringung des § 17 Abs 2 Z 1 UmgrStG in erster Linie dem Zweck dient, bis zur Einbringung entstandene stille Reserven von bisher nicht steuerverstrickten Kapitalanteilen nicht in die Steuerpflicht einzubeziehen. Ferner ist § 26c Z 47 KStG zweifelsfrei dahin gehend zu interpretieren, dass ausschließlich auf die Sicht des Erwerbers der Beteiligung abzustellen ist, der die Beteiligung in sein Betriebsvermögen erwirbt und die Firmenwertabschreibung bei seiner steuerlichen Gewinnermittlung abgezogen wissen will. Weiters ergibt sich für die Rw in keiner Weise eine höhere Belastung, wenn sie die erworbene Beteiligung zu dem historischen Buchwert statt mit dem höheren gemeinen Wert angesetzt hätte. Der VwGH schlussfolgerte daraus, dass die Rw auch selbst keinen potenziellen Vertrauensschaden idZ kundtun konnte und demnach ist im Revisionsfall kein Vertrauensschutztatbestand gegeben. Folglich wies der VwGH die Revision als unbegründet ab.

Conclusio

Der VwGH bestätigte mit seinem Erkenntnis den durch das BFG festgelegten, sehr strengen Maßstab für den Vertrauensschutz. Grundsätzlich reicht für die Schutzwürdigkeit des Vertrauens im Regelfall nämlich aus, dass der Erwerber im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs davon ausgehen konnte, dass die Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Firmenwertabschreibung erfüllt werden (vgl Knotzer/Pinetz in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer (Hrsg), KStG3 [2016] § 9 Rz 116).

Der objektivierte Unternehmenswert wird unter typisierenden Annahmen mithilfe eines Diskontierungsverfahrens (zB DFC-Methode) ermittelt (vgl KFS/BW 1). Dieser würde die Firmenwertabschreibung außer Acht lassen. Somit stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solch strengen Auslegung der Vertrauensschutzregelung.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33818 vom 24.03.2023