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VwGH: Werbungskostenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer eines Universitätsprofessors

Bearbeiter: Juliane Beverungen

EStG: §§ 20 Abs 1 Z 2 lit d, 26 Z 9

Abstract

Im vorliegenden Erkenntnis hatte sich der VwGH mit der Frage auseinanderzusetzen, wann Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer absetzbar sind. Der VwGH betonte, dass die Kosten nur dann absetzbar sind, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet. Dieser Mittelpunkt der Tätigkeit wird nach einer typisierenden Prüfung bestimmt, nur in Zweifelsfällen ist auf die zeitliche Nutzung des Arbeitszimmers abzustellen.

VwGH 13. 3. 2024, Ra 2023/15/0063

Sachverhalt

Der Rw war Universitätsprofessor für Geschichte an einer österreichischen Universität und in der Forschung und Lehre tätig. Hierfür stand ihm ein Büro an der Universität zur Verfügung. Während seiner Berufslaufbahn hatte der Rw wissenschaftliche Materialien, die mit seiner Berufsausübung zusammenhingen, erworben. Fachliteratur lagerte er in einem über eine Treppe zugänglichen Bibliotheksraum im 1. Stock seines Wohnhauses. Dieser Raum wurde neben der Lagerung von Büchern auch zur Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen, zur Durchführung von Forschungsarbeiten und für Besprechungen mit Studierenden genutzt. Die anderen Materialen lagerte der Rw in einem ebenfalls über eine Treppe zugänglichen Archivraum im Keller. Während seiner Tätigkeit an der Universität nahm der Rw mehrfach sog Forschungsfreisemester in Anspruch. Für diese Zeit wurde er sowohl von seiner Lehrtätigkeit als auch von seinen Anwesenheitsverpflichtungen an der Universität entbunden. Auch sein Büro an der Universität stand ihm für diese Semester nicht zur Verfügung.

Das BFG versagte die Anerkennung der Werbungskosten für die Bibliothek und das Archiv im Haus des Rw. Beide Räume seien als im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer gem § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG zu qualifizieren, da sie zwar nicht innerhalb des eigentlichen Kernbereichs des Wohngebäudes liegen würden, aber über das Hausinnere erreichbar seien. Somit seien beide Räume, sowohl aus baulicher Sicht als auch nach der Verkehrsauffassung, unstrittig als Teil des Wohngebäudes des Rw zu qualifizieren. Für eine Anerkennung der Werbungskosten müsse ein Arbeitszimmer allerdings für die berufliche Tätigkeit notwendig und entsprechend eingerichtet sein sowie (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt werden. Weiters müsse das Arbeitszimmer für die Berufsausübung notwendig sein und den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bilden. Das BFG führte aus, dass bei einem Universitätsprofessor nach einer typisierenden Betrachtung der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit an der Universität, an der er seinen Lehrstuhl innehat, liegen würde. Daran ändere sich auch dann nichts, wenn der Rw zahlreiche Lehrveranstaltungen oder Forschungstätigkeiten von seinem häuslichen Arbeitszimmer aus abhält, da er dies freiwillig tun würde. Bei der Prüfung der Notwendigkeit eines Arbeitszimmers für die zur beurteilende Berufsgruppe komme es allein auf eine objektiv-abstrakte, nicht auf eine subjektiv-konkrete Beurteilung an. Somit führe ein freiwilliger Verzicht auf die Nutzung nicht zur Notwendigkeit des häuslichen Arbeitszimmers. Vorliegend wurde dem Rw ein Büro an der Universität zur Verfügung gestellt und es ist nicht ersichtlich bzw wurde auch nicht geltend gemacht, dass für die Abhaltung von Lehrveranstaltungen keine geeigneten Räumlichkeiten zur Verfügung standen. Lediglich für die Zeiträume der Forschungsfreisemester stand ihm kein Dienstzimmer an der Universität zur Verfügung, sodass für diese Monate der Werbungskostenabzug anerkannt wurde. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Eine Beschwerde gegen dieses Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof wurde abgelehnt. Daraufhin erhob der Rw außerordentliche Revision vor dem VwGH, wobei er vorbrachte, dass es kein einheitliches Berufsbild eines Universitätsprofessors geben würde, sodass die rechtliche Beurteilung des BFG unzutreffend sei.

Entscheidung

Der VwGH führt zur Zulässigkeit der Revision aus, dass Aufwendungen und Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung gem § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG nicht abzugsfähig sind. Nur wenn ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, sind die darauf entfallenden Aufwendungen oder Ausgaben einschließlich der Kosten der Einrichtung abzugsfähig. Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des BFG, dass das Arbeitszimmer des Rw im Wohnungsverband gelegen ist und damit unter § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG fällt. Somit ist eine Absetzbarkeit nur dann möglich, wenn das Arbeitszimmer, vorliegend die Bibliothek und das Archiv, den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Rw bildet.

Nach der VwGH-Rsp ist der Mittelpunkt der Tätigkeit nach dem jeweiligen materiellen Schwerpunkt der Tätigkeit zu beurteilen. Um diesen materiellen Schwerpunkt einer Tätigkeit zu beurteilen, wird auf den typischen Ablauf einer Tätigkeit abgestellt und darauf aufbauend ein Mittelpunkt der Tätigkeit ermittelt. Lediglich in Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit bezogen auf eine konkrete Einkunftsquelle genutzt wird. Weiters hat der VwGH bereits ausgesprochen, dass bei einer Beurteilung des Tätigkeitsmittelpunktes auf das typische Berufsbild abzustellen ist. Nur wenn ein solches nicht vorliegt, sind Sachverhaltsfeststellungen über den typischen Ablauf der Tätigkeit erforderlich. Wenn bereits festgestellt wurde, dass nach dem typischen Berufsbild einer Tätigkeit der materielle Schwerpunkt unstrittig nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, ist es unwesentlich, wie ausgeprägt das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht genutzt wurde.

Konkret zum Berufsbild eines Universitätsprofessors hat der VwGH bereits erkannt, dass dessen Tätigkeit in jedem Fall durch Forschung und Lehre geprägt ist (s VwGH 16. 12. 2003, 2001/15/0197). Nach einer allgemeinen Verkehrsauffassung liegt der materielle Schwerpunkt dieser beiden Bereiche an der Universität und somit nicht im häuslichen Arbeitszimmer. An dieser Sicht ändert sich auch nichts dadurch, dass Professoren auch abends oder am Wochenende arbeiten, die Fahrten zur Universität Zeit in Anspruch nehmen oder schriftliche Unterlagen für die Arbeit in der privaten Wohnung aufbewahrt werden.

Aufgrund dieser Rsp war das BFG vertretbar davon ausgegangen, dass der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Rw nicht im häuslichen Arbeitszimmer gelegen war. In der außerordentlichen Revision wurde demnach keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die außerordentliche Revision wurde daher zurückgewiesen.

Conclusio

Damit die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten abgezogen werden können, muss ua der Mittelpunkt der Tätigkeit im Arbeitszimmer anzusiedeln sein. Bei der Prüfung, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der Tätigkeit darstellt, ist auf das typische Berufsbild abzustellen (VwGH 24. 10. 2005, 2001/13/0272; ebenso LStR 329). Nur bei nicht eindeutig feststellbarem Schwerpunkt wird die zeitliche Nutzung des Arbeitszimmers herangezogen (s Peyerl, in Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner, Jakom EStG17, § 20 Rz 51). Es erscheint allerdings fraglich, ob alle Berufe heutzutage noch ein typisches Berufsbild haben. Vor dem Hintergrund der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, bspw der vermehrten Tätigkeit im Home-Office oder sog shared-desk Modellen am Arbeitsplatz, scheint das starre Abstellen auf einen Typus zu teilweise realitätsfernen Ergebnissen zu führen. Diese Problematik wird seit der Veranlagung 2021 allerdings dadurch entschärft, dass Arbeitnehmer ihre Aufwendungen um eine Homeoffice-Pauschale gem § 26 Z 9 EStG kürzen können.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35752 vom 12.08.2024