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VwGH: Zeitpunkt des Antrags zur Sollbesteuerung

Bearbeiter: Juliane Beverungen

UStG 1994: § 17 Abs 2, § 17 Abs 4, § 18 und § 21 Abs 1

dUStG 1979: § 20 Abs 1

Abstract

Der VwGH bestätigt seine bisherige Rsp, wonach spätestens bei der Erstellung und Abgabe der ersten Umsatzsteuervoranmeldung für einen bestimmten Veranlagungszeitraum festzustehen hat, ob der Steuerpflichtige die Umsatzsteuer nach den vereinnahmten (Istbesteuerung) oder den vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) berechnen muss. Eine Umsatzsteuererklärung als einen rückwirkenden Antrag zur Sollbesteuerung anzusehen, ist daher nicht möglich.

VwGH 21. 6. 2023, Ra 2022/15/0062

Sachverhalt

Ein in Deutschland wohnhaftes Ehepaar hat im Streitjahr als Miteigentumsgemeinschaft eine Wohnung in Österreich erworben, welche es mithilfe einer GmbH im Rahmen eines Betreibervertrags über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg vermietet hat. In der Umsatzsteuererklärung der Miteigentumsgemeinschaft für das Jahr 2015 wurden Umsätze iHv 428 € und Vorsteuern iHv 97.360 €, welche beim Wohnungserwerb angefallen waren, ausgewiesen. Zudem wurde angegeben, dass die Wohnung im Streitjahr nicht privat genutzt wurde. Lediglich 2016 wurde die Wohnung dann für 17 Tage privat genutzt. Abweichend zur Erklärung, wies das Finanzamt lediglich 84.703 € Vorsteuern auf dem Umsatzsteuerbescheid aus, da der Vorsteuerabzug nur insoweit zustehen würde, wie die Wohnung für umsatzsteuerliche Zwecke genutzt wird. Nachdem die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid per Beschwerdevorentscheidung abgewiesen wurde, beantragte das Ehepaar eine Vorlage beim BFG. Dieses erkannte 93.457 € Vorsteuern an, nachdem sich die Streitparteien auf einen Privatanteil der Wohnung iHv 4 % einigten. Eine Revision wurde nicht für zulässig erklärt.

Grundsätzlich hat das Ehepaar seine Vorsteuern im Erstattungsverfahren gem § 21 Abs 9 UStG 1994 geltend zu machen, da es über keine feste Niederlassung in Österreich verfügt und die Steuerschuld somit auf den inländischen Betreiber übergeht. Das BFG führt aus, dass der Inlandsumsatz, welcher im Streitjahr vom Ehepaar erfasst wurde, allerdings für eine Erfassung mit dem Veranlagungsverfahren gem § 21 Abs 4 UStG 1994 sprechen würde. Bei einem Erörterungstermin bezüglich dieses Inlandsumsatzes erklärte das Ehepaar, der Ansicht des FA folgend, dass es die Umsätze nach der Istbesteuerung versteuern würde. Einige Monate später führte es aber wiederum aus, dass für seine Inlandsumsätze Veranlagungspflicht besteht, worin das BFG einen Antrag zur Sollbesteuerung erkannte. Hiergegen legte das Finanzamt außerordentliche Revision ein, weil die Geltendmachung einer Rechnung in der Umsatzsteuererklärung nicht als rückwirkender Antrag zur Sollbesteuerung qualifiziert werden könne.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH hält zunächst fest, dass die Miteigentumsgemeinschaft nicht buchführungspflichtig ist, sodass sie die Umsatzsteuer gem § 17 Abs 2 UStG 1994 nach vereinnahmten Entgelten berechnen muss. Ein Wechsel zur Sollbesteuerung wäre nur zu Beginn eines Veranlagungszeitraumes möglich und hätte gem § 17 Abs 4 UStG 1994 eines Antrags bedurft. Während das Gesetz nicht festlegt, bis zu welchem Zeitpunkt dieser Antrag einzubringen ist, stellte der VwGH bereits in seiner früheren Rsp fest, dass schon vor der ersten Voranmeldung für einen jeweiligen Veranlagungszeitraum feststehen muss, ob nach vereinnahmten oder vereinbarten Entgelten besteuert wird. Nur wenn dies der Fall ist, kann vom Unternehmer erwartet werden, dass dieser seine Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten ordnungsgemäß erfüllt. Präzisierend stellt der VwGH fest, dass ein Antrag gem § 17 Abs 4 UStG 1994 demnach spätestens mit der Abgabe der ersten Umsatzsteuervoranmeldung eines Veranlagungszeitraums zu erfolgen hat.

Vorliegend hatte das Ehepaar in einem Erörterungstermin angegeben, dass es seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten besteuern würde. Allerdings erklärte es in einem Schreiben zu einem späteren Zeitpunkt, dass es sich bei den Umsätzen im Streitjahr um eine Inlandslieferung iSd § 1 Abs Z 1 UStG 1994 handelt, bei der eine Veranlagungspflicht besteht. Hiermit ging es auf die Meinung des FA ein, welches beim Erörterungstermin erklärte, dass der Inlandsumsatz im Veranlagungsverfahren zu erfassen ist. Dieses Schreiben über die Veranlagungspflicht deutete das BFG als einen Antrag zur Sollbesteuerung gem § 17 Abs 4 UStG 1994 und sah sich in der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr bestätigt, da hier der Inlandsumsatz angegeben wurde. Wenn das Ehepaar das System der Istbesteuerung anwenden würde, hätte es den Inlandsumsatz erst 2016 in der Umsatzsteuererklärung angeben müssen. Laut VwGH verkannte das BFG hierdurch die bestehende Rechtslage, da der Antrag zur Sollbesteuerung nicht rückwirkend erfolgen kann, sondern bereits mit dem Erstellen der ersten Umsatzsteuervoranmeldung festzustehen hat.

Conclusio

Die vorliegende Entscheidung steht im Einklang mit der stRsp des VwGH zu dem Zeitpunkt des Antrags zur Sollbesteuerung (s dazu VwGH 24. 6. 2003, 2001/14/0181) und der hM in der Lit (vgl Ruppe/Achatz, UStG5 § 17 Tz 26; Gaedke in Melhardt/Tumpel, UStG3 § 17 Tz 79; im Ergebnis ebenso UStR 2000 Rz 2453). Insb vor dem Hintergrund, dass eine rückwirkende Änderung zwischen Soll- und Istbesteuerung nicht nur für die Finanzverwaltung, sondern insb auch für den Steuerpflichtigen zu Verwirrung führen kann, überzeugt die Argumentation des VwGH.

Weiterhin sieht die Rsp keine Möglichkeit auf einen konkludenten Antrag zur Sollbesteuerung vor, wie es das BFG in der Umsatzsteuererklärung des Ehepaars angenommen hatte, insb vor der Tatsache, dass in der österreichischen Umsatzsteuererklärung bzw in Umsatzsteuervoranmeldungen die Besteuerungsart nicht angegeben werden muss. Anders sieht dies im dt Recht aus: hier wird von Amts wegen nach vereinbarten Entgelten besteuert und die Istbesteuerung ist gem § 20 Abs 1 dUStG nur auf Antrag möglich, wobei die deutsche Rsp auch einen konkludenten Antrag gestattet (vgl BFH 11. 5. 2011, V B 93/19; BFH 18. 8. 2015, V R 47/14; BFH 18. 11. 20215, XI R 28/14; ebenso Schüler-Täsch in Sölch/Ringleb, UStG § 20 Rn 66).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34677 vom 31.10.2023