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VwGH zu Lifteinbaukosten als außergewöhnliche Belastung

Bearbeiter: Bence Péter Komár

EStG 1988: § 34 Abs 1 und Abs 3

Abstract

Im gegenständlichen Fall hatte der VwGH in Bezug auf § 34 Abs 1 EStG zu entscheiden, ob Aufwendungen für den Einbau eines Liftes in ein einstöckiges Einfamilienhaus eine Belastung iSd Belastungsprinzips und der Gegenwerttheorie darstellen. Da der eingebaute Lift unter den konkreten Umständen einen „sehr eingeschränkten Verkehrswert“ hatte, fiel die Beurteilung des Gerichtshofs positiv aus.

VwGH 7. 9. 2022, Ra 2021/13/0157

Sachverhalt

Im Streitfall litt der Mitbeteiligte an einer fortschreitenden Multiplen Sklerose. Er war vollkommen pflegeabhängig und auf den Rollstuhl angewiesen. Aufgrund der Lähmung beider Arme und Beine war er nicht in der Lage, diesen selbst zu bedienen. Im Zuge seiner Scheidung zog er zu seiner Mutter. Um sein Schlafzimmer im Obergeschoss zu erreichen, musste 2016 ein Innenlift in das Einfamilienhaus eingebaut werden. Die Aufwendungen für den Lifteinbau machte der Mitbeteiligte als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 Abs 1 EStG geltend. Das FA verweigerte die Anerkennung der genannten Aufwendung. Das BFG erkannte demgegenüber zugunsten des Mitbeteiligten (BFG 19. 10. 2021, RV/7103390/2019). Gegen das Erkenntnis des BFG wurde vom FA außerordentliche Revision eingebracht.

Anm: Im selben Verfahren musste sich der VwGH auch mit der Frage auseinandersetzen, ob eine aus medizinischen Gründen „sinnvolle“ Massagetherapie allein aus diesem Grund auch zwangsläufig iSd § 34 Abs 1 Z 2 iVm Abs 3 EStG ist. Der Gerichtshof hat die Frage verneint. Dieser Aspekt des Erkenntnisses wird hier in weiterer Folge nicht behandelt.

Entscheidung des VwGH

Nach ständiger Rsp des VwGH sind außergewöhnliche Belastungen gem § 34 EStG nach dem Belastungsprinzip und der Gegenwerttheorie nur jene Ausgaben, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind (VwGH 10. 9. 1998, 96/15/0152; 4. 3. 2009, 2008/15/0292; 27. 6. 2018, Ra 2017/15/0006). Aufwendungen stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (VwGH 10. 9. 1998, 96/15/0152). Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind daher in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Eine andere Beurteilung kann ausnahmsweise geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen, die keinen oder nur einen sehr eingeschränkten Verkehrswert haben. Nach bisheriger höchstgerichtlicher Rsp traf dies auf Wirtschaftsgüter zu, die ausschließlich für bestimmte individuelle Personen verwendbar sind (zB Prothesen, Seh- und Hörhilfen), oder auf solche, die wegen ihrer spezifischen Beschaffenheit nur für die Nutzung durch beeinträchtigte Personen geeignet sind (zB Rollstühle; VwGH 22. 10. 1996, 92/14/0172; 29. 7. 2010, 2010/15/0003). Ein Lift, der keine ausschließlich für Beeinträchtigte geeignete Anlage darstellt und aufgrund seiner Beschaffenheit für alle Bewohner nutzbar ist, kann zu einer Werterhöhung des Gebäudes führen (VwGH 27. 6. 2018, Ra 2017/15/0006). Jedoch nimmt ein solcher Lift innerhalb eines einstöckigen Einfamilienhauses lediglich Platz weg, verursacht Kosten und hat, nach Feststellung des VwGH, nur einen sehr eingeschränkten Verkehrswert. Er bewirkt somit keine Werterhöhung und kann als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.

Gleichwohl der Gerichtshof die Lifteinbaukosten in Hinblick auf das Belastungsprinzip und die Gegenwerttheorie grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung anerkannte, bemängelte er einerseits die Feststellungen des BFG zur konkreten Höhe der Lifteinbaukosten. Andererseits wies er auch darauf hin, dass dem Mitbeteiligten im Streitzeitraum ein Betrag iHv 44.000 € von seiner Mutter überwiesen wurde. Sollte es sich bei diesem Betrag um einen Kostenbeitrag zum Lifteinbau handeln, wäre dies bei der außergewöhnlichen Belastung entsprechend in Abzug zu bringen, weil der Mitbeteiligte die Aufwendungen somit nicht endgültig aus Eigenem getragen hätte.

Der VwGH hob das Erkenntnis somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.

Conclusio

Durch die vorliegende Entscheidung konkretisiert der VwGH seine Rsp zu § 34 EStG. Er stellt mit Hinweis auf die bisherige Rsp fest, dass Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes auch dann außergewöhnliche Belastungen darstellen können, wenn das Wirtschaftsgut auf Grund seiner Beschaffenheit zwar nicht nur für körperlich eingeschränkte Personen geeignet ist, es aber wegen anderer Umstände tatsächlich nur für diese von Wert ist. 2018 hat der Gerichtshof das Vorliegen solcher Umstände im Fall des Einbaus eines Außenlifts in ein dreigeschossiges Haus verneint (VwGH 27. 6. 2018, Ra 2017/15/0006). In diesem Erkenntnis war für den Gerichtshof wesentlich, dass der Lift auch für andere Bewohner des Gebäudes nutzbar und auch für körperlich nicht eingeschränkte Personen von Wert ist. Wo genau die Grenze für das Bejahen einer außergewöhnlichen Belastung von Lifteinbaukosten verläuft, ist somit im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung zu klären.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33554 vom 19.01.2023