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VwGH zum Abflusszeitpunkt bei Kreditkartenzahlungen

Bearbeiter: Lea Glöer

EStG 1988: § 16 Abs 1, § 19 Abs 2

VwGG: §§ 47 ff

Abstract

Der VwGH hatte zu beurteilen, ob bei mit Kreditkarte bezahlten Aufwendungen eines angestellten Geschäftsführers ein steuerlicher Abfluss im Jahr der Belastung oder erst im Jahr der tatsächlichen Abbuchung vorliegt. Im vorliegenden Fall wandte sich der Geschäftsführer gegen die Nichtanerkennung von Werbungskosten, die er im betrieblichen Interesse seiner Arbeitgeberin getätigt hatte. Der VwGH stellte klar, dass ein wirtschaftlicher Vermögensabgang – und damit ein steuerlich relevanter Abfluss iSd § 19 Abs 2 EStG – erst mit dem Einzug durch das Kreditkartenunternehmen erfolgt. Die Revision wurde als unbegründet abgewiesen.

VwGH 26. 3. 2025, Ro 2021/13/0003

Sachverhalt

Der Revisionswerber (Rw) war im Jahr 2014 als allein zeichnungsberechtigter angestellter Geschäftsführer (GF) einer GmbH tätig. In dieser Funktion tätigte er zu Beginn des Jahres im Namen der GmbH verschiedene Auslagen iHv insgesamt 22.345,46 €, die seiner privaten Kreditkarte angelastet, jedoch bis zum Jahresende 2014 weder von seinem Bankkonto abgebucht noch anderweitig beglichen wurden. Die GmbH erfasste die Ausgaben in ihrer Buchhaltung als Aufwand und verbuchte sie zugleich als Verbindlichkeit gegenüber dem Rw.

Mit Einkommensteuerbescheid vom 9. 1. 2018 setzte das Finanzamt (FA) die Steuer für das Jahr 2014 mit 35.028,46 € fest, woraus sich eine Nachforderung von 8.544 € ergab. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte der Rw vor, die Nichtberücksichtigung der von ihm für den Betrieb seiner Arbeitgeberin getätigten Aufwendungen als Werbungskosten sei nicht nachvollziehbar. Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, da der Rw die geforderten Belege nicht beigebracht hatte. Daraufhin beantragte der Rw die Vorlage der Beschwerde an das BFG.

Das BFG wies die Beschwerde ab und stellte fest, dass ein tatsächlicher Abfluss der strittigen Ausgaben im Jahr 2014 nicht erfolgt sei, da lediglich eine Belastung der Kreditkarte vorgelegen habe, jedoch keine Zahlung. Die geltend gemachten Aufwendungen könnten daher selbst dann nicht im Streitjahr berücksichtigt werden, wenn ihnen Werbungskostencharakter zukomme. Das BFG erklärte die Revision für zulässig, da bislang keine Rsp des VwGH zur einkommensteuerlichen Behandlung des Abflusszeitpunktes bei Kreditkartenzahlungen vorlag.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH weist die Revision als unbegründet ab. Er stellt klar, dass Werbungskosten gem § 16 Abs 1 EStG Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung von Einnahmen sind und gem § 19 Abs 2 EStG in jenem Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet werden. Maßgeblich für den Abflusszeitpunkt ist, wann ein Betrag das Vermögen des Steuerpflichtigen tatsächlich verlässt und dieser die wirtschaftliche Verfügungsmacht darüber verliert (vgl etwa VwGH 2. 5. 2022, Ro 2021/13/0014; 22. 1. 2004, 98/14/0025).

Nach den unbestrittenen Feststellungen des BFG kam es im Fall des Rw im Jahr 2014 zu keiner Zahlung vom Bankkonto, weshalb es nach Ansicht des VwGH zu keinem solchen Abfluss der auf der Kreditkarte verbuchten Ausgaben kam. Die Belastung der Kreditkarte allein bewirkt noch keine wirtschaftliche Vermögensminderung, da sich die Beträge bis zur Abbuchung weiterhin im Verfügungsbereich des Steuerpflichtigen befinden. Der Abfluss erfolgt erst mit dem tatsächlichen Einzug durch das Kreditkartenunternehmen. Der VwGH verweist dazu auf seine Rsp, wonach der wirtschaftliche Abfluss vergleichbar mit einer Überweisung erst bei tatsächlicher Abbuchung gegeben ist (vgl dazu VwGH 22. 1. 2004, 98/14/0025; 19. 5. 1992, 92/14/0011). Der Versuch des Rw, die Abflussregelungen bei Scheckzahlungen auf den vorliegenden Fall zu übertragen, greift nicht, da der VwGH die Hingabe eines gedeckten Schecks nur in diesem speziellen Kontext als Abfluss anerkannt hat (vgl VwGH 19. 12. 1990, 87/13/0147). Im gegenständlichen Fall fehlte es jedoch an der Deckung des Bankkontos, wie aus einem vom Kreditkartenunternehmen vorgelegten Schreiben hervorgeht. Auch der Einwand des Rw, das BFG habe den Fälligkeitszeitpunkt der Kreditkartenumsätze nicht festgestellt, geht ins Leere. Denn nach der Rsp des VwGH ist die Fälligkeit einer Verbindlichkeit für den steuerlichen Abflusszeitpunkt unerheblich (vgl VwGH 19. 5. 1992, 92/14/0011).

Abschließend hält der VwGH fest, dass sich eine weitere Prüfung der geltend gemachten Aufwendungen erübrigt. Zwar könnten diese grundsätzlich Werbungskosten sein, wenn kein Ersatz durch den Arbeitgeber erfolgt, jedoch unterlägen diese – wenn es sich um Repräsentationsaufwendungen handelt – dem Abzugsverbot nach § 20 Abs 1 Z 3 EStG (vgl dazu VwGH 18. 10. 2012, 2012/15/0100–102, mwN).

Conclusio

Das Kreditkartengeschäft stellt ein mehrpersonales Verhältnis dar, bei dem der Kreditkarteninhaber berechtigt ist, unter Vorlage der Karte Leistungen eines Vertragsunternehmens ohne sofortige Zahlung in Anspruch zu nehmen. Die Kreditkartengesellschaft begleicht die Forderung des Vertragsunternehmens zunächst selbst und nimmt anschließend Rückgriff auf den Karteninhaber, wobei das Vertragsunternehmen hierfür eine entgeltabhängige Gebühr (Disagio) zu entrichten hat (vgl etwa OGH 19. 6. 2006, 8 Ob 38/06f; sowie Huber in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 [2024] § 1400 Rz 42).

Wird die spezifische Ausgestaltung des Kreditkartenzahlungsvorganges – insb die Zwischenschaltung der Kreditkartengesellschaft zwischen Vertragsunternehmen und Karteninhaber – mit dem allgemein einkommensteuerlichen Abflussprinzip verknüpft, wonach der maßgebliche Zeitpunkt durch den tatsächlichen Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht bestimmt wird, ergibt sich daraus zwingend, dass der steuerliche Abfluss erst (wie auch im Vergleich mit dem Girokonto) mit der Abbuchung erfolgt (vgl Mayr/Hayden in Doralt et al, EStG18 [2016] § 19 Rz 40 mwN; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 19 Rz 29). Entscheidend für den Eintritt der Vermögensminderung und somit für den Abfluss iSd § 19 Abs 2 EStG ist der tatsächliche Einzug der Zahlung. Bis zu diesem Zeitpunkt verbleiben die Mittel im Verfügungsbereich des Steuerpflichtigen. Erst mit der Abbuchung scheiden sie aus dessen Dispositionsmacht aus und führen zu einem wirtschaftlichen Vermögensabgang (Taucher, Das Zufluß-Abfluß-Prinzip im Einkommensteuerrecht [1983] 46 f). Dementsprechend liegt im Zeitpunkt der Kreditkartenzahlung durch den Karteninhaber noch keine Vermögensminderung und damit kein steuerlicher Abfluss vor (vgl Hayden/Hayden, Kreditkartenzahlung: Der Zeitpunkt des steuerlichen Zu- und Abflusses, RdW 2016, 361 [363]).

Daraus folgt, dass Kreditkartenzahlungen – sofern sämtliche Voraussetzungen für den Werbungskostenabzug erfüllt sind – nur in jenem Veranlagungsjahr steuermindernd berücksichtigt werden können, in dem der entsprechende Betrag tatsächlich vom Konto des Steuerpflichtigen abgebucht wurde. Die bloße Belastung der Kreditkarte genügt nicht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36853 vom 20.06.2025