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Abstract
Der VwGH äußerte sich zu den Voraussetzungen der Einkommensverwendung (Einlage) bei Leistungsabrechnungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber seiner Kapitalgesellschaft. Der Gerichtshof verneinte im vorliegenden Sachverhalt – entgegen der Ansicht des BFG – einen zuflussbegründenden Umstand.
VwGH 6. 7. 2020, Ra 2018/13/0074
Sachverhalt
Der Revisionswerber vermietete Liegenschaften an die E-GmbH, deren Gf er war und an der er über die C-GmbH mit 36,75 % indirekt beteiligt war. Der Revisionswerber war nämlich Alleingesellschafter der C-GmbH. Er gab einen unwiderruflichen Forderungsverzicht mit der Begründung einer sonst notwendigen Insolvenz und zur nachhaltigen Sanierung der E-GmbH ab, überließ die Immobilien aber weiterhin an die Gesellschaft. Das FA bezweifelte das Vorliegen eines Forderungsverzichts und ging von einem Zufluss der Mieterträge an den Bf aus, weil dieser die Leistungen erbracht, in Rechnung gestellt und die E-GmbH diese entsprechend verbucht habe. Selbst bei Vorliegen eines Forderungsverzichts liege spätestens im Zeitpunkt der Verfügung über die Forderung (Verzicht aus gesellschaftsrechtlichen Gründen) ein Zufluss vor. Das BFG schloss sich der Ansicht des FA an: Dem Bf sei es durch seine Stellung (Gf, indirekter Gesellschafter) möglich gewesen, über die Mieterträge zu seinen Gunsten zu verfügen. Der Verzicht sei eine Verfügung über bereits zugeflossene Beträge; daher sei von einer Einkommensverwendung (Einlage) auszugehen. Der VwGH hatte über eine außerordentliche Revision zu entscheiden.
Entscheidung des VwGH
Die Ermittlung der Einkünfte aus VuV erfolgt grundsätzlich nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip. Nach § 19 EStG sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Ein Betrag gilt gem § 19 Abs 1 EStG dann als zugeflossen, wenn der Empfänger über ihn tatsächlich und rechtlich verfügen kann (vgl VwGH 24. 11. 2016, 2013/13/0081).
Bei Leistungsabrechnungen eines Gesellschafter-Gf gegenüber seiner Kapitalgesellschaft sind nach stRsp des VwGH für die Frage deren Zuflusses – abgesehen von der Zuleitung des Barbetrages – insb zwei mögliche zuflussbegründende Umstände zu unterscheiden:
Zum einen ist auf den Gutschriftszeitpunkt durch die Kapitalgesellschaft abzustellen. Nimmt eine Kapitalgesellschaft eine Gutschrift zu Gunsten ihres Gf vor, geht die Rsp des VwGH von einem Zufluss aus, wenn die GmbH zahlungsfähig ist. Der Gf hat grundsätzlich die tatsächliche Verfügungsmacht über die zu seinen Gunsten ausgestellten Gutschriften (vgl VwGH 30. 10. 2014, 2012/15/0143). Dabei kommt es nach Ansicht des VwGH nicht darauf an, ob die Gutschrift auf einem Verrechnungskonto oder einem Kreditorenkonto verbucht wird, sondern ob der Gf die Befugnis hat, die Auszahlung gutgeschriebener Beträge zu verfügen oder selbst durchzuführen.
Zum anderen betrifft der zweite zuflussbegründende Fall einen Steuerpflichtigen, der gleichzeitig Mehrheitsgesellschafter der Schuldner-GmbH ist. Die Rsp nimmt in diesem Fall einen Zufluss bereits an, sobald die Forderung fällig ist, vorausgesetzt die GmbH ist nicht zahlungsunfähig (vgl VwGH 23. 3. 2010, 2007/13/0037). Für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit ist es dabei ausreichend, wenn der Kapitalgesellschaft die Kreditwürdigkeit zur Aufnahme von Fremdmitteln zukommt (vgl VwGH 25. 6. 2007, 2007/14/0002). Entscheidend für die Annahme eines Zuflusses von Gesellschafter-Geschäftsführerbezügen bereits mit deren Fälligkeit ist nach der Rsp des VwGH das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses des Gesellschafter-Gf auf die schuldnerische Gesellschaft über deren Gesellschafterversammlung (vgl VwGH 30. 10. 2014, 2012/15/0143) und damit ein besonderes Naheverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Aus welchen Umständen sich ein solcher beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft ergibt, ist dabei nicht wesentlich (vgl VwGH 30. 10. 2014, 2012/15/0143).
Der VwGH kam daher zum folgenden Ergebnis: Der Revisionswerber war im revisionsgegenständlichen Zeitraum indirekter Minderheitsgesellschafter der E-GmbH, wodurch die Judikatur zum Mehrheitsgesellschafter nicht zur Anwendung gelangen könne. Dass zwischen dem Revisionswerber und den anderen Gesellschaftern der C-GmbH ein auf andere Weise begründetes Naheverhältnis bestanden habe, das insgesamt zu einem entsprechenden Stimmgewicht in der Gesellschafterversammlung geführt hätte, wurde von der belangten Behörde nicht behauptet und sei im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Das BFG stütze sich darauf, dass die Verfügungsbefugnis über die gutgeschriebenen Beträge deshalb vorgelegen sei, weil der Revisionswerber selbständig vertretungsbefugter Gf der Muttergesellschaft gewesen ist und als solcher in Vertretung der Alleingesellschafterin der E-GmbH eine Weisung betreffend die Auszahlung der Beträge hätte erteilen können. Es könne nach Ansicht des VwGH dahingestellt bleiben, ob diesem Gedankengang zu folgen und die dargestellte Rsp auf den vorliegenden Fall übertragbar wäre, wenn der Revisionswerber Alleingesellschafter oder der einzige alleinvertretungsberechtigte Gf der Alleingesellschafterin der schuldnerischen Gesellschaft gewesen wäre. Weder das eine noch das andere liege aber im Revisionsfall vor, womit laut VwGH die aus seiner Stellung bei der Muttergesellschaft resultierenden Möglichkeiten des Revisionswerbers zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung der E-GmbH jedenfalls nicht ausreichten, um sie der Verfügungsmacht eines Gf der schuldnerischen GmbH selbst gleichzuhalten. Das BFG habe somit die Rechtslage verkannt, weshalb das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Conclusio
Die Geschäftsführertätigkeit als Minderheitsgesellschafter einer GmbH, an der dieser indirekt beteiligt ist, alleine reicht nicht aus, um eine Verfügungsmacht eines Geschäftsführers der schuldnerischen GmbH zu begründen. Es ist daher im vorliegenden Sachverhalt nicht von einer Einlage iSd § 8 Abs 1 KStG als Form einer Einkommensverfügung auszugehen.