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EStG 1988: § 4 Abs 4, § 16, § 20 Abs 1 Z 2 lit d
Abstract
Der VwGH hatte sich mit der Frage der Absetzbarkeit von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer außerhalb des Wohnungsverbandes in Form eines Hardware-Labors für einen nichtselbstständigen IT-Engineer auseinanderzusetzen. Er kam zu dem Ergebnis, dass das BFG keine ausreichenden Feststellungen dahin gehend getroffen hat, ob dieses Labor unbedingt für seine berufliche Tätigkeit notwendig ist. Dies ist aber eine zwingende Voraussetzung für die Absetzbarkeit der damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen.
VwGH 16. 11. 2023, Ra 2023/15/0047
Sachverhalt
Der Mitbeteiligte war im Revisionszeitraum nichtselbstständig als IT-Engineer tätig. Einen Raum in seinem Wohnhaus richtete er als „Hardware-Labor“ für seine berufliche Tätigkeit ein. Dieser befand sich getrennt von den Wohnräumlichkeiten und war nicht über einen gemeinsamen Eingang erreichbar. Die dafür aufgewendeten Kosten machte er als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt (FA) hingegen nicht anerkannte, wogegen der Mitbeteiligte Beschwerde erhob. Das BFG gab der Beschwerde statt und qualifizierte die iZm dem Arbeitszimmer stehenden Aufwendungen als Werbungskosten. Gegen dieses Erk erhob das FA außerordentliche Amtsrevision, in dem es zur Zulässigkeit Folgendes vorbrachte: Das Erk des VwGH (23. 4. 1985, 84/14/0119), auf das sich das BFG beruft, ist noch zur alten Rechtslage zum EStG 1972 ergangen und könne nicht auf die derzeitige Rechtslage übertragen werden; das Arbeitszimmer des Mitbeteiligten sei nicht unbedingt notwendig, weil ihm auch am Wochenende ein Arbeitsplatz vom Arbeitgeber zur Verfügung stand; es fehlten Feststellungen des BFG zur nahezu ausschließlichen beruflichen Nutzung des Wohnraums.
Entscheidung des VwGH
Zunächst führte der VwGH aus, dass § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist, weil es sich bei dem Arbeitszimmer unstrittig um ein außerhalb des Wohnungsverbandes gelegenes Arbeitszimmer handelt. Das Argument des FA, die Rsp des VwGH zur Absetzbarkeit von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer zum EStG 1972 sei nicht auch auf das EStG 1988 anzuwenden, lehnt der VwGH ab. Somit können – entsprechend der bisherigen VwGH-Rsp (zB VwGH 14. 3. 1990, 89/13/0102) – die Aufwendungen für ein außerhalb des Wohnungsverbandes liegendes Arbeitszimmer nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn dieses für die Berufsausübung unbedingt notwendig ist. Darüber hinaus müssen sich die Ausgaben für das ausschließlich der beruflichen Nutzung dienende Arbeitszimmer einwandfrei von den Ausgaben, die der privaten Lebensführung dienen, trennen lassen (VwGH 23. 4. 1985, 84/14/0119).
Dem vom FA vorgebrachten Punkt, das BFG habe keine ausreichenden Feststellungen zur nahezu ausschließlichen beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers getroffen, stimmt der VwGH zu. Somit habe das BFG nicht feststellen können, ob die Absetzbarkeit der Aufwendungen zulässig ist. Die dafür notwendige Voraussetzung der „unbedingten Notwendigkeit“ nahm der VwGH bereits in seiner früherer Rsp an: Etwa bei einer Lehrerin mit umfangreichen Korrekturarbeiten, die sie außerhalb der Schule erledigt hat, und deren Durchführung in der Familienwohnung aufgrund des geringen Platzes allerdings nicht zumutbar waren. Dafür war es jedoch notwendig, dass diese Arbeitszeit auch wesentlich ist und nicht bloß eine geringfügige und an sich entbehrliche berufliche Nutzung des Arbeitsraumes darstellt (VwGH 14. 3. 1990, 89/13/0102).
Im vorliegenden Fall war die berufliche Verwendung des Hardware-Labors jedenfalls unstrittig. Somit war nach Ansicht des VwGH zwar eine berufliche Verwendung und ein Veranlassungszusammenhang gegeben. Die Ergebnisse aus diesem Labor konnte der Mitbeteiligte nach Angaben seines Arbeitgebers auch erfolgreich in seine berufliche Tätigkeit einbringen. Es mangelte aber an der Feststellung, dass dieses Arbeitszimmer auch für die berufliche Tätigkeit unbedingt notwendig ist. Daher hob der VwGH das BFG-Erk wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Conclusio
Für die anfallenden Kosten eines Arbeitszimmers gelten strenge Voraussetzungen, um diese steuerlich berücksichtigen zu können. Im vorliegenden Fall ging es um ein außerhalb des Wohnungsverbandes liegendes Arbeitszimmer, weshalb die Sonderregelung des § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG nicht einschlägig war. Als „im Wohnungsverband“ iSd § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG ist ein Arbeitszimmer etwa dann anzusehen, wenn es einen Teil der Wohnung bildet und über einen gemeinsamen Eingang mit den Wohnräumen verfügt (VwGH 29. 7. 2010, 2006/15/0006; siehe auch Peyerl in Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner (Hrsg), Jakom EStG17 [2024] § 20 Rz 47), was aber im vorliegenden Fall nicht gegeben war. Wäre das Labor hingegen im Wohnungsverband, käme das Abzugsverbot nach § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG dann nicht in Betracht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit bildet. Ob das Arbeitszimmer einen solchen Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit bildet, ist in weiterer Folge nach dem typischen Berufsbild zu entscheiden. Käme man jedoch zu dem Ergebnis, dass es tatsächlich den Mittelpunkt darstellt, dann bedürfte es immer noch der unbedingten Notwendigkeit des Arbeitszimmers für die berufliche Tätigkeit sowie die nahezu ausschließliche berufliche Nutzung, um steuerlich abzugsfähige Kosten darzustellen (Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG21 [2020] § 20 Rz 104/1).