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VwGH zur Abzugsfähigkeit von Geldbeschaffungs- und anderen Nebenkosten bei nicht abgerufenem Kredit

Bearbeiter: Yasmin Lawson

KStG 1988: § 11 Abs 1 Z 4, § 12 Abs 2

Abstract

Die Rw hatte zur Finanzierung eines Beteiligungserwerbes einen Kreditvertrag abgeschlossen, den Kredit allerdings nie abgerufen. Die Bank stellte ua ein Bereitstellungs- und ein Auflösungsentgelt in Rechnung. Fraglich war die Subsumption dieser Kosten unter den Zinsbegriff des § 11 Abs 1 Z 4 KStG sowie deren Abzugsfähigkeit gem § 12 Abs 2 KStG, da die Fremdfinanzierungskosten zwar aus Anlass eines Beteiligungserwerbes entstanden waren, die Anschaffung schlussendlich aber nicht fremdfinanziert erfolgte.

VwGH 6. 9. 2023, Ro 2022/15/0029

Sachverhalt

Im Jahr 2018 schloss die Rw einen Kreditvertrag zur Finanzierung des Erwerbs von 50 % der Anteile an der österreichischen Zielgesellschaft ab. Tatsächlich rief die Rw den bereitgestellten Kredit allerdings nie ab; der Kaufpreis wurde vollständig aus Eigenmitteln entrichtet. Die Bank stellte dennoch ein Bereitstellungsentgelt und Grundbucheintragungsgebühren für die Eintragung einer Hypothek an zwei Liegenschaften zur Kreditbesicherung sowie ein Auslösungsentgelt in Rechnung.

Die Rw behandelte das Bereitstellungsentgelt als nichtabzugsfähige, die Grundbucheintragungsgebühren und auch das Auflösungsentgelt jedoch als steuerwirksame Betriebsausgaben. Im weiteren Verfahren war die Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen strittig. Das BFG ließ die ordentliche Revision zu, welche von der Rw auch erhoben wurde.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH hatte sich mit der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Bereitstellungsentgelten, Auflösungsentgelten und Grundbucheintragungsgebühren iZm einem nicht ausgenützten Kredit zu befassen.

§ 11 Abs 1 Z 4 KStG gestattet den Abzug von Zinsen iZm der Fremdfinanzierung des Erwerbes von Kapitalanteilen. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2014 wurde die Bestimmung um einen zweiten Satz ergänzt, der den Abzug von Geldbeschaffungs- und Nebenkosten untersagt. Beispielhaft nennen die Erläuterungen Abrechnungs- und Auszahlungsgebühren, Bankspesen sowie Bereitstellungsprovisionen und -zinsen (vgl auch die weiteren Beispiele in ErläutRV 53 BlgNR 25. GP 14 f).

Fraglich ist daher zunächst, ob die Nebenkosten unter den Zinsbegriff iSd § 11 Abs 1 Z 4 KStG subsumiert werden können. Der VwGH sprach zur Rechtslage vor dem Budgetbegleitgesetz 2014 aus, dass Zinsen Entgelt für die Nutzung von überlassenem Kapital sind (vgl VwGH 27. 2. 2014, 2011/15/0199). Der Zinsbegriff umfasste dabei aber nicht jegliche Geldbeschaffungskosten, sondern nur Finanzierungsaufwendungen, die tatsächlich ein Entgelt für die Überlassung von Kapital darstellen (vgl VwGH 25. 1. 2017, Ra 2015/13/0027). Sowohl nach stRsp des VwGH zur Rechtslage vor dem Budgetbegleitgesetz 2014 als auch nach neuer Rechtslage ist für den Zinsbegriff somit erforderlich, dass es sich um Aufwendungen handelt, die für die tatsächliche Überlassung von Kapital gezahlt werden. Im Revisionsfall liegen somit schon deshalb keine Zinsen iSd § 11 Abs 1 Z 4 KStG vor, weil überhaupt kein Kapital überlassen wurde: Weder die Bereitstellungskosten noch die Grundbucheintragungsgebühren oder das Auflösungsentgelt fallen sohin unter § 11 Abs 1 Z 4 KStG.

Auch das Abzugsverbot des § 12 Abs 2 KStG ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die entstandenen Nebenkosten stehen zwar iZm dem Beteiligungserwerb, ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Aufwendungen und den steuerfreien Erträgen aus der Beteiligung besteht jedoch nicht. Denn der Kauf wurde schlussendlich nicht fremdfinanziert. Mangels Anwendung des § 12 Abs 2 KStG sind die Auflösungskosten, die Bereitstellungsgebühr und auch die Grundbuchseintragungskosten abzugsfähig, weil bei sämtlichen Aufwendungen ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb fehlt.

Conclusio

Mit dieser Entscheidung hat der VwGH endlich Klarheit über die korrekte Lesart des zweiten Satzes des § 11 Abs 1 Z 4 KStG geschaffen. Dieser untersagt nicht generell den Abzug von Geldbeschaffungs- und Nebenkosten, sondern ist als Erweiterung der §§ 12 Abs 1 Z 9 und 10 KStG zu lesen. Diese Abzugsverbote untersagten nach ihrem Wortlaut nur den Abzug von Zinsen, sonstige Nebenkosten waren davon nicht umfasst. Über § 11 Abs 1 Z 4 KStG wird dieses Abzugsverbot seit dem Budgetbegleitgesetz 2014 auch auf Geldbeschaffungs- und Nebenkosten erstreckt (idS bereits Bergmann/Bieber, KStG Update-Kommentar [2015] § 11 Rz 9 und Marchgraber/Plansky in WU-KStG3 [2022] § 11 Rz 44). Es waren daher im vorliegenden Fall die Bereitstellungskosten, die Grundbucheintragungsgebühr und das Auflösungsentgelt als Geldbeschaffungs- oder Nebenkosten nicht schon per se vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Nur dann, wenn diese Kosten iZm dem Erwerb von Kapitalanteilen an einem konzernzugehörigen Unternehmen stehen (§ 12 Abs 1 Z 9 KStG) oder an niedrigbesteuerte Konzerngesellschaften geleistet werden (§ 12 Abs 1 Z 10 KStG), ist der Abzug zu verweigern.

Da im vorliegenden Fall weder der oben genannte erste (§ 12 Abs 1 Z 9 KStG) noch der zweite Fall (§ 12 Abs 1 Z 10 KStG) einschlägig war, hatte der VwGH die Abzugsfähigkeit in einem letzten Schritt noch am Maßstab des § 12 Abs 2 KStG zu prüfen: Der VwGH betonte dabei die von § 12 Abs 2 TS 2 KStG geforderte Voraussetzung des „unmittelbaren“ Zusammenhangs zu steuerneutralen Einkünften. Werden Fremdfinanzierungskosten fällig, ohne dass diese direkt der Anschaffung von Beteiligungen iSd § 10 KStG dienen, wird dieses Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt. Die Geldbeschaffungs- und Nebenkosten waren daher im vorliegenden Fall mangels direkten Zusammenhangs mit der Anschaffung einer steuerneutralen Beteiligung abzugsfähig.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35025 vom 01.02.2024