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VwGH zur Adressierung von Bescheiden an eine GesbR

Bearbeiter: Vera Hellebrandt

BAO: § 93 Abs 2, § 101 Abs 3, § 188, § 191 BAO

Abstract

Der VwGH entschied, dass es ausreichend ist, wenn bei der Adressierung eines Bescheids an eine GesbR einer der Gesellschafter namentlich mit dem Zusatz „und Mitbesitzer“ genannt wird. Die Liegenschaft, durch die die GesbR ihre Einkünfte aus VuV erzielt, muss hingegen nicht präzise bezeichnet werden, wenn zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens unklar ist, welche GesbR gemeint ist.

VwGH vom 7. 4. 2022, Ra 2021/13/0124

Sachverhalt

Bei der mitbeteiligten Partei handelt es sich um eine Hausgemeinschaft in Form einer GesbR mit den beiden Gesellschaftern X und Y. Die GesbR erzielt Einkünfte durch die Vermietung einer Wiener Liegenschaft, die jeweils zur Hälfte im Eigentum der beiden Gesellschafter steht. Im Dezember 2011 setzte die Finanzverwaltung mit zwei Bescheiden die Einkünfte nach § 188 BAO für die Jahre 2005-2009 sowie die USt für das Jahr 2005 fest. In den Bescheiden erfolgte eine Verteilung der Einkünfte aus VuV an X und Y, wobei die beiden Bescheide jeweils an „X u Mitbes, zH X“ gerichtet waren. X erhob gegen beide Bescheide Beschwerde. Das BFG wies die Beschwerde mangels Rechtswirksamkeit der beiden Erledigungen als unzulässig zurück. Der Einstellungsbeschluss wurde mit der Adressierung „X und Mitbes“ zugestellt, ohne einen Hinweis auf die Zustellwirkung des § 101 Abs 3 BAO zu enthalten. Zunächst führte das BFG aus, dass Feststellungsbescheide gem § 191 BAO auch an die Miteigentümerschaft einer Liegenschaft gerichtet werden können. Allerdings wäre die Adressierung an „X und Mitbesitzer“ nur dann ausreichend, wenn die Miteigentümer im Bescheidspruch namentlich angeführt werden und die Liegenschaft im Bescheid konkret genannt wird. Die bloße Nennung der Steuernummer wäre hingegen nicht ausreichend. Die vorliegenden Erledigungen hätten als Bescheidadressat „X und Mitbesitzer“ ausgewiesen, aber keine Bezeichnung der Liegenschaft enthalten. Damit würde es beiden Erledigungen an Rechtswirksamkeit mangeln. Zusätzlich wurde an einen USt-Bescheid die Anforderung gestellt, dass der Unternehmer hinreichend konkretisiert und unzweifelhaft erkennbar gemacht werden müsste. Die Finanzverwaltung erhob gegen diesen Beschluss eine Amtsrevision.

Entscheidung des VwGH

Im Hinblick auf den Feststellungsbescheid nach § 188 BAO führt der VwGH aus, dass ein solcher Bescheid an eine GesbR ergehen kann, deren Gesellschaftern gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Ein solcher Feststellungsbescheid wirkt gem § 191 Abs 3 BAO gegen alle Gesellschafter, denen im Spruch Einkünfte zugerechnet werden. Schriftliche Ausfertigungen sind in diesem Fall gem § 101 Abs 3 BAO an eine vertretungsbefugte Person iSd § 81 BAO zuzustellen. Sobald diese Zustellung erfolgt ist, gilt die Zustellung für alle Mitglieder der GesbR, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird. Jedoch stellte das BFG seine Erledigung nur an die mitbeteiligte Partei zu und wies nicht auf die Zustellwirkung nach § 101 Abs 3 BAO hin. Die Entscheidung des BFG über den Feststellungsbescheid nach § 188 BAO erlangte dadurch keine Rechtwirksamkeit. Der VwGH wies daher die Revision in diesem Punkt zurück.

Anschließend führt der VwGH aus, dass eine als GesbR organisierte Gemeinschaft von Vermietern umsatzsteuerlich ein unabhängiges Steuersubjekt ist. Jeder Bescheid muss gem § 93 Abs 2 BAO in seinem Spruch die Person oder Personenvereinigung nennen, an die er ergeht. Ohne gesetzmäßige Bezeichnung im Bescheidspruch und Adressfeld kommt der Erledigung keine Bescheidqualität zu. Eine Umdeutung des Bescheidadressaten ist nicht möglich. Eine unrichtige Bezeichnung schadet jedoch dann nicht, wenn zwar die Behörde den Adressaten fehlerhaft benennt, aber aus der gesamten Erledigung offenkundig hervorgeht, wer gemeint ist.

Bei einer GesbR reicht es aus, wenn nur ein Gesellschafter mit dem Zusatz „und Mitbesitzer“ oder „und Mitgesellschafter“ genannt wird. Selbst wenn eine Personengemeinschaft mit demselben oder abgekürzten Namen wie „X“ bei derselben Dienststelle des Finanzamts Österreich veranlagt ist, wird diese Bezeichnung als ausreichend bestimmt erachtet. Es war zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens unklar, auf welche konkrete GesbR sich die Bescheide bezogen haben. Es schadet daher nicht, dass die Liegenschaft nicht präzise genannt worden ist. Daher hob der VwGH den angefochtenen Beschluss betreffend USt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.

Conclusio

Wird ein Bescheid an eine GesbR adressiert, dann sind entweder alle Gesellschafter als Adressaten zu nennen oder der Bescheid ist an einen der Gesellschafter mit dem Zusatz „und Mitgesellschafter/Mitbesitzer“ zu richten (vgl BMF 7. 12. 2009, RL zur Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO), BMF-010103/0177-VI/2009, 12). Die Nennung des Rechtsformzusatzes „GesbR“ ist nicht notwendig, solange die Adressierung an eine konkrete Gesellschaft erkennbar ist (vgl VwGH 12. 7. 2016, Ra 2015/15/0040). Es ist dennoch empfehlenswert, die Parteibezeichnung möglichst präzise zu formulieren, insb wenn ein Gesellschafter an mehreren GesbR beteiligt ist. Deshalb sollte auch die Liegenschaft konkret, etwa unter Nennung der Anschrift, bezeichnet werden. Zwingend notwendig ist die Nennung der Liegenschaft allerdings nicht, wenn offenkundig ist, welche GesbR und welche Liegenschaft betroffen sind. In VwGH 12. 4. 2022, Ra 2021/13/0060 wiederholte der VwGH seine Entscheidung in einem Verfahren unter Beteiligung des Gesellschafters und Miteigentümers Y.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32769 vom 06.07.2022