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VwGH zur Bauherreneigenschaft und Grunderwerbsteuer

Bearbeiter: Stefan Pregesbauer

GrEStG: §§ 4 Abs 1, 5 Abs 1 Z 1

Abstract

Sollen auf einem Grundstück, das Gegenstand eines Erwerbsvorgangs ist, Baumaßnahmen durchgeführt werden, sind die anfallenden Baukosten Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Dies gilt dann nicht, wenn der Käufer als Bauherr anzusehen ist. Der Käufer ist nach der Rsp des VwGH nur dann als Bauherr anzusehen, wenn er auf die bauliche Gestaltung des Hauses Einfluss nehmen kann sowie das Baurisiko und das finanzielle Risiko zu tragen hat. Im gegenständlichen Fall war strittig, ob eine bereits im Zeitpunkt der Antragstellung gegenüber der Baubehörde bestehende Miteigentümergemeinschaft eine absolute Voraussetzung für die Bauherreneigenschaft ist. Der VwGH verneinte dies.

VwGH 13. 12. 2023, Ro 2021/16/0006

Sachverhalt

Die Beschwerdeführer (Bf) hatten mit Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 29. 6. 2019 zu gleichen Teilen eine Wohnung und damit einen Miteigentumsanteil von 18,19 % an einer Liegenschaft gekauft. Verkäuferin war eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft. Die Wohnbaugesellschaft hat bereits im Jänner 2018 an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft zivilrechtliches Alleineigentum mit der Absicht erworben, eine Wohnhausanlage mit Wohnungen zu errichten. Von Anfang an ist dabei zwischen den Bf und der Wohnbaugesellschaft abgesprochen gewesen, ein gemeinsames Projekt abzuwickeln. Die Wohnbaugesellschaft errichtete das Wohngebäude bis zum zweiten Obergeschoss. Darüber, im dritten Geschoss, wurde von den beiden Mitbeteiligten selbständig und auf eigene Rechnung eine eigene Wohneinheit errichtet. Mit einem Sideletter ist weiters vereinbart worden, dass zwischen der Wohnbaugesellschaft und den Mitbeteiligten eine Errichtergemeinschaft besteht. Die Errichtung des gesamten Baukörpers der verfahrensgegenständlichen Wohneinheit ist allein durch die Bf beauftragt und verantwortet worden. Die Bf hatten letztlich einen Gesamtbetrag von EUR 132.738,30 an die Wohnbaugesellschaft zu bezahlen. Die Bf konnten aber den gesamten Baukörper über der Rohdecke des zweiten Obergeschosses nach eigenem Belieben planen. Die Bf und die Wohnbaugesellschaft haben getrennt voneinander separate Leistungsbeschreibungen erstellt, die auch getrennt mit den Baufirmen abgerechnet wurden.

Entscheidung des VwGH

Gegenstand eines der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorganges kann insbesondere ein Grundstück (§ 2 Abs 1 GrEStG) oder ein Anteil an einem Grundstück (§ 2 Abs 3 GrEStG) sein. Dabei kann Gegenstand eines Kaufvertrages auch eine künftige Sache sein. Gegenstand ist das Grundstück in bebautem Zustand auch dann, wenn die Verträge zwar nicht durch den Willen der Parteien rechtlich verknüpft sind, zwischen den Verträgen jedoch ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhält (VwGH 6. 11. 2002, 99/16/0204). Erbringt somit der Käufer im Hinblick auf die Bebauung eines Grundstückes neben einem als Kaufpreis bezeichneten Betrag weitere Leistungen, ist demnach zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage auf den Besteuerungsgegenstand zurückzugreifen. Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorganges ist der Zustand eines Grundstückes maßgebend, in dem dieses erworben werden soll (VwGH 28. 9. 2000, 99/16/0519). Sollen auf dem Grundstück, das Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist, Baumaßnahmen durchgeführt werden, sind demnach die anfallenden Baukosten Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer, wenn der Erwerber nicht als Bauherr anzusehen ist.

Der Käufer ist nur dann als Bauherr anzusehen, wenn er auf die bauliche Gestaltung des Hauses Einfluss nehmen kann, das Baurisiko und das finanzielle Risiko zu tragen hat. Der VwGH hat in diesem Zusammenhang mehrfach ausgesprochen, dass beim Erwerb von Miteigentumsanteilen an einer Liegenschaft, mit denen allenfalls das Wohnungseigentum verbunden werden soll, die Bauherreneigenschaft der Miteigentümergemeinschaft entscheidend ist (VwGH 29. 7. 2004, 2003/16/0135). Diesen Entscheidungen lagen stets verschiedene Ausformungen sogenannter Bauherrenmodelle zugrunde, bei denen als Initiatoren der Modelle auftretende Personen nach erfolgter Planung des Bauvorhabens die späteren Erwerber gewinnen (VwGH 19. 4. 1995, 89/16/0156).

Eine derartige, einem Bauherrenmodell vergleichbare, Konstellation ist im vorliegenden Revisionsfall nicht gegeben. Die Besonderheit des vorliegenden Revisionsfalls liegt darin, dass die durchgeführten Baumaßnahmen weitgehend getrennt voneinander umgesetzt wurden. Kann aber keiner der Miteigentümer als Bauherr des gesamten Gebäudes angesehen werden, verbleibt als einzige Möglichkeit eine differenzierende, auf die jeweiligen Baukörper abstellende, Betrachtung, weil jede Baumaßnahme einem Bauherren zugeordnet werden muss (VwGH 2. 7. 1998, 97/16/0276). Entscheidend ist daher, dass die Mitbeteiligten im Hinblick auf die Errichtung ihrer Wohneinheit sämtliche in der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Kriterien für das Vorliegen der Bauherreneigenschaft erfüllt haben. Dem steht auch nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Beantragung der Baugenehmigung die Mitbeteiligten noch nicht Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft waren. Die Kosten für die Errichtung der Wohneinheit der Mitbeteiligten waren daher nicht Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.

Conclusio

In der Vergangenheit ist der VwGH in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass eine Bauherreneigenschaft nur dann bestehen kann, wenn der Auftrag zur Errichtung der Immobilie von einer Miteigentümergemeinschaft erteilt wurde (VwGH 26. 3. 1992, 90/16/0211; 27. 1. 1999, 96/16/0142; 14. 12. 1994, 94/16/0084; 28. 9. 2000, 99/16/0519). Nur dann können nämlich alle Miteigentümer rechtlich über das Grundstück verfügen. Nichteigentümern sei daher die Bauherreneigenschaft zu versagen (VwGH 27. 1. 1999, 96/16/0142). Eine Miteigentümergemeinschaft könne auch nicht durch gleichlautende Erklärungen der Beteiligten ersetzt werden (VwGH 14. 12. 1994, 94/16/0084). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist die Literatur davon ausgegangen, dass eine Bauherreneigenschaft nur dann besteht, wenn zum Zeitpunkt des gemeinsamen Beschlusses der Bauerrichtung bereits eine Miteigentümergemeinschaft der Beteiligten am Grundstück bestanden hat (Schaffer/Siller in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG2 [2024] § 5 Rz 196; Ehgartner, VwGH zur Bauherreneigenschaft bei nachträglichem Eigentumserwerb, BFGjournal 2024, 55 [58]). Dieser Ansicht ist der VwGH aber im gegenständlichen Fall nicht gefolgt. Zwischen dem konkreten Sachverhalt und den Sachverhalten, die der bisherigen Rechtsprechung des VwGH zur Thematik zu Grunde liegen, besteht nämlich für den VwGH ein wesentlicher Unterschied: In der Vergangenheit ging es um den Erwerb von Anteilen an bereits (fast) vollständig geplanten Bauprojekten. Im gegenständlichen Fall hatten die Erwerber aber derart viel Gestaltungspielraum bei der Errichtung ihrer Wohneinheit, dass ihnen bezüglich dieser Wohneinheit Bauherreneigenschaft zugekommen ist und somit keine Grunderwerbsteuer für die Wohneinheit zu entrichten war.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36015 vom 28.10.2024