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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
Abstract
Im vorliegenden Fall war fraglich, ob die bei der Revisionswerberin (Rw) beschäftigten Pizzaboten selbstständig im Rahmen eines Werkvertrags tätig wurden oder als Dienstnehmer einzustufen waren. Nach stRsp des VwGH wird die Tätigkeit eines Pizzaboten, bei der es sich um eine einfache manuelle Tätigkeit ohne großen Gestaltungsspielraum bei der Arbeitsausführung handelt, im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht (VwGH 24. 2. 2022, Ra 2020/08/0138 mwN). Nach Ansicht des VwGH konnte die Rw nicht darlegen, weshalb die Einordnung der Pizzaboten als Dienstnehmer durch das BFG fehlerhaft war. Daher wies er die Revision mangels zulässigen Revisionspunkts zurück.
VwGH 6. 2. 2025, Ra 2023/13/0151
Sachverhalt
Im Jahr 2016 fand eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) bei der Rw statt, die in der Gastronomiebranche mit Lieferservice tätig war. Die Prüfer ordneten die als im Rahmen eines „Werkvertrags“ beschäftigten Pizzaboten als Dienstnehmer ein. Das Finanzamt (FA) zog in weiterer Folge die Rw zur Haftung für Lohnsteuer und den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag heran und setzte die Abgaben entsprechend mit Bescheid fest. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das FA mit Beschwerdevorentscheidung ab. Nach Stellung des Vorlageantrags gab das BFG der Beschwerde tw Folge und reduzierte die Haftungsbeträge; im Ergebnis verneinte das BFG jedoch, dass Werkverträge vorlagen und wies in diesem Punkt die Beschwerde als unbegründet ab: Das lag insb an der Tatsache, dass die Pizzaboten zeitlich und örtlich gebunden gewesen seien, weshalb von einer Eingliederung in den Betrieb und Weisungsgebundenheit auszugehen sei. Zudem sei eine besondere persönliche Abhängigkeit gegeben, die für Dienstnehmer typisch sei, weil sie für Liefertätigkeiten auf Abruf bereitstehen mussten. Darüber hinaus lag auch das unternehmerische Risiko bei der Rw und nicht bei den Pizzaboten. Gegen diese Entscheidung erhob die Rw außerordentliche Revision.
Entscheidung des VwGH
Die Rw macht als Revisionspunkt geltend, dass nicht entgegen §§ 4, 5 ASVG und § 1 AlVG sowie den Bestimmungen des BMSG eine Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherungspflicht der Pizzaboten angenommen werden darf. Daher darf die Rw auch nicht für die damit zusammenhängenden Beitragsleistungen herangezogen werden. Dabei handelt es sich nach Ansicht des VwGH jedoch nicht um einen tauglichen Revisionspunkt, weil das Erkenntnis des BFG nur die Haftung für Lohnsteuer und die Festsetzung der Dienstgeberbeiträge samt Zuschlägen erfasst. Nicht erfasst sind hingegen die sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen nach dem ASVG und dem AlVG. Daher ist die Revision bereits aus diesem Grund unzulässig.
Daneben konnte die Rw aber auch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzeigen. Die Behauptung, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rsp des VwGH (VwGH 24. 4. 2014, 2013/08/0258) ab, ist nicht zutreffend: Das damalige Verfahren betraf die Rechtmäßigkeit der Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Unterlassung der Anmeldung einer bei ihm beschäftigten Person zur Krankenversicherung. Die damit zusammenhängenden Ausführungen zum Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses iSd § 4 Abs 1 ASVG sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil es dabei nicht um den Lohnsteuerabzug iZm einem Dienstverhältnis gem § 47 Abs 2 EStG ging. Zudem entspricht es der stRsp des VwGH, dass die Tätigkeit eines Pizzaboten, bei der es sich um eine einfache manuelle Tätigkeit ohne großen Gestaltungsspielraum der Arbeitsausführung handelt, im Rahmen eines echten Dienstverhältnisses erbracht wird (VwGH 24. 2. 2022, Ra 2020/08/0138 mwN).
Darüber hinaus enthält das steuerrechtliche Dienstverhältnis gem § 47 Abs 2 EStG zwei Kriterien: Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Dabei handelt es sich aber in jedem Fall um eine Sachverhaltsfrage. Der VwGH als Rechtskontrollinstanz ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen (VwGH 19. 1. 2024, Ra 2022/15/0091 mwN). Da das BFG sich umfassend mit den Kriterien des Dienstverhältnisses auseinandergesetzt hat, gelingt es der Rw nicht, die notwendigen Mängel in der Gesamtbeurteilung des BFG aufzuzeigen, die zur Zulässigkeit der Revision führen würden.
Conclusio
Das Erkenntnis zeigt anschaulich auf, dass ein Dienstverhältnis in den unterschiedlichen Rechtsgebieten nicht deckungsgleich zu verstehen ist. Maßgeblich für den vorliegenden Fall war die Haftung für Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträge samt Zuschlag. Somit war für den Verfahrensgang allein das steuerrechtliche Dienstverhältnis gem § 47 Abs 2 EStG relevant. Dieses ist zwar in vielen Bereichen deckungsgleich mit jenem des Arbeitsrechts und Sozialversicherungsrechts, ist jedoch als ein eigenständiger Begriff des Steuerrechts anzusehen und knüpft daher formell nicht an die anderen Rechtsgebiete an (Kirchmayr/Denk in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], EStG21a § 47 Rz 14). Darüber hinaus wird auch deutlich, dass die bloße Bezeichnung als „Werkvertrag“ für die tatsächliche Einordnung des Vertragsverhältnisses als Dienstverhältnis oder Werkvertrag irrelevant ist. Vielmehr ist auf die tatsächlichen Gegebenheiten zu achten (siehe zB VwGH 29. 2. 2012, 2008/13/0087).
Im vorliegenden Fall hat die Rw trotz der Ausrichtung des Verfahrens auf die Haftungsfragen der Lohnsteuer und dem Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag ihren Revisionspunkt auf Verletzungen von sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen gestützt. Daher war der geltend gemachte Revisionspunkt untauglich und die Revision somit zurückzuweisen. Daraus ist jedoch auch abzuleiten, dass der VwGH mit der Zurückweisung die Entscheidung des BFG, wonach die Tätigkeit des Pizzaboten im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht wurde, inhaltlich nicht bestätigt hat. Vielmehr wurde dadurch eben nur die Revision mangels Erfüllung der Revisionsvoraussetzungen zurückgewiesen, weil der VwGH nicht berechtigt ist, die Beweiswürdigung des BFG auf ihrer Richtigkeit hin zu beurteilen (VwGH 19. 1. 2024, Ra 2022/15/0091).