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Abstract
Werden im Baugewerbe vom Abgabepflichtigen Subunternehmer beschäftigt, hat der Abgabepflichtige Aufzeichnungen zu den Tätigkeiten der Subunternehmer zu führen. Wird der Abgabepflichtige in der Folge zur Empfängernennung gem § 162 BAO aufgefordert, so hat er den tatsächlichen Leistungsempfänger und nicht die in Scheinrechnungen genannten Subunternehmen zu nennen. Der VwGH hat im vorliegenden Fall entschieden, dass eine tatsächliche, unverschuldete Unmöglichkeit der Empfängernennung dann nicht vorliegt, wenn der Abgabepflichtige die Unmöglichkeit durch Führung von entsprechenden Aufzeichnungen hätte abwenden können.
VwGH 24. 8. 2023, Ra 2023/13/0071
Sachverhalt
Die Revisionswerberin (Rw), eine im Baugewerbe tätige GmbH, beschäftigte in den Jahren 2015 bis 2017 mehrere Subunternehmer zur Fertigstellung von Trockenbauprojekten. Diese Subunternehmer hatten sich in der Folge als Scheinfirmen herausgestellt, die in Betrugsfälle verwickelt waren. Im Rahmen einer Außenprüfung über die entsprechenden Zeiträume forderte der Prüfer die Rw dazu auf, die Empfänger der an diese Scheinfirmen bezahlten Beträge zu nennen. Diese Maßnahme sei notwendig, weil die Rw keinen Nachweis erbringen konnte, dass die Subunternehmer die in Rede stehenden Leistungen tatsächlich erbracht hatten. Die Rw konnte lediglich nachweisen, regelmäßig vor Bezahlung von Rechnungen Firmenbuchauszüge eingeholt sowie die HFU-Liste und UID-Nummer der Subunternehmer abgefragt zu haben. Vereinzelt konnten weitere Dokumentationen (Ausweiskopien und Anmeldebestätigungen von Mitarbeitern der Subunternehmer) nachgereicht werden. Ein sorgfältiger Bauunternehmer könnte nach Ansicht des Prüfers jedoch zusätzlich weitere Unterlagen, wie etwa Stundenaufzeichnungen, Bautagebücher, Besprechungsprotokolle, E-Mails oder Faxe über die laufenden Bauarbeiten nachweisen. Solche Unterlagen wurden von der Rw nicht vorgelegt. Damit konnte die Rw nicht nachweisen, dass die Subunternehmer die in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich erbracht hätten. In der Folge seien auch die Anforderungen des § 162 BAO nicht erfüllt worden, weshalb die geltend gemachten Fremdleistungen nicht anzuerkennen seien und ein Zuschlag nach § 22 Abs 3 KStG vorzunehmen sei. Daraufhin nahm das Finanzamt die Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2015‒2017 gem § 303 BAO wieder auf und setzte die Körperschaftsteuer neu fest. Das BFG bestätigte nach mündlicher Verhandlung und Heranziehung eines Gutachters im Beschwerdeverfahren die Ansicht des Finanzamts.
Entscheidung des VwGH
Die Rw brachte zur Zulässigkeit der Revision vor allem vor, dass das BFG keine ausreichenden Feststellungen zu den Sorgfaltspflichten in der Baubranche getroffen hatte. Die von den Subunternehmern erbrachten Leistungen seien klar auf den Rechnungen ersichtlich und die Rechnungsbeträge wären immer in passender Höhe auf die Konten der Subunternehmer überwiesen worden. Die vom BFG geforderte Dokumentation sei überschießend und entspreche nicht den branchenüblichen Gegebenheiten – es liege ein offenbar unerfüllbarer Auftrag zum Nachweis der Empfänger vor.
Dem entgegnet der VwGH, dass § 162 BAO auf dem Grundsatz beruht, dass die Betriebsausgaben eines Abgabepflichtigen beim Empfänger auch steuerpflichtige Einnahmen darstellen sollen. Daher soll der Steuerpflichtige den Empfänger von entsprechenden Einnahmen immer konkret benennen können. Zwar dürfen dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden, „offenbar unerfüllbar“ sind derartige Aufträge aber nur bei Vorliegen einer unverschuldeten, tatsächlichen Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen. Es darf nicht in der Macht des Steuerpflichtigen gestanden haben, die tatsächlichen Umstände, die ihn an der Bezeichnung der Empfänger hindern, abzuwenden. Dazu müssen insb Sorgfaltspflichten wie das Führen von üblichen Geschäftsunterlagen (im vorliegenden Fall insb Stundenaufzeichnungen der Arbeiter, Bautagebücher, etc) eingehalten werden, wobei branchenübliche Gepflogenheiten zu berücksichtigen sind. Die Rw hatte gegen eine entsprechende Sorgfaltspflicht verstoßen und konnte nicht nachweisen, dass das Fehlen solcher Unterlagen branchenüblich wäre. Dadurch liege auch aus Sicht des VwGH keine unverschuldete Unmöglichkeit der Empfängernennung vor. Im Ergebnis wurden daher keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen und die Revision wurde zurückgewiesen.
Conclusio
In der vorliegenden Entscheidung führt der VwGH seine stRsp zur Empfängernennung im Baugewerbe fort. Aufgrund der besonderen Betrugsgefährdung werden dem Abgabepflichtigen im Vergleich zu anderen Branchen erhöhte Sorgfaltspflichten auferlegt. So reicht eine Feststellung der „formellen Existenz“ einer Gesellschaft ebenso wenig aus wie die formelle Funktion als Empfängerin der strittigen Zahlungen (siehe bspw VwGH 17. 11. 2005, 2001/13/0247). Stattdessen muss der Empfänger der Beträge tatsächlich auch der Leistungserbringer der strittigen Leistungen gewesen sein (siehe bspw VwGH 31. 8. 2020, Ra 2020/15/2022 mwN). Daher wird ein sorgfältiger Abgabepflichtiger in der Baubranche neben formellen Unterlagen wie Firmenbuchauszügen und UID-Nummer-Abfragen auch weitere Unterlagen wie Stundenaufzeichnungen der Arbeiter, Bautagebücher, Besprechungsprotokolle sowie E-Mails oder Faxe über die laufenden Bauarbeiten führen. Die Verpflichtung zum Nachweis solcher Unterlagen kann nur dann entfallen, wenn diese von einem Dritten (zB dem Bauleiter) zu führen gewesen wären (vgl VwGH 27. 11. 2020, Ra 2018/13/0059). Insgesamt wird nach stRsp des VwGH ein strenger Maßstab an die Sorgfaltspflichten eines Bauunternehmens angelegt, wenn es um die Beurteilung der Frage geht, ob eine tatsächliche und unverschuldete Unmöglichkeit der Empfängernennung vorliegt oder nicht.