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VwGH zur ertragsteuerlichen Behandlung ausländischer Trusts

Bearbeiter: Valentin Bendlinger

InvFG 2011: §§ 186 und 188

KStG: § 1 Abs 3 Z 1, § 3 und § 21 Abs 1 Z 1a

AEUV: Art 63

Abstract

Eine in den USA ansässige Investmentgesellschaft erhält Dividenden von österr börsennotierten Aktiengesellschaften und begehrt Rückerstattung einbehaltener aber nicht anrechenbarer Quellensteuern nach § 21 Abs 1 Z 1a KStG. Strittig ist im Wesentlichen, ob die Investmentgesellschaft als intransparente Körperschaft iSd § 1 Abs 3 Z 1 KStG zu besteuern ist oder ob die Durchgriffsbesteuerung nach § 186 und § 188 InvFG zur Anwendung kommt. Der VwGH hält fest, dass die ertragsteuerliche Einordnung von ausländischen Rechtsgebilden stets vom Typenvergleich auszugehen hat.

VwGH 13. 1. 2021, Ro 2018/13/0003

Sachverhalt

Die Revisionswerberin ist ein in den USA (Delaware) ansässige sogenannte „Series“. Nach US-amerikanischem Recht ist sie ein eigenständiges Teilvermögen eines Trusts, der aus mehreren solchen „Series“ besteht. Der Trust gilt in den USA als juristische Person und ist sowohl rechts- als auch prozessfähig. Jede „Series“ bildet dabei einen eigenen Rechnungskreis und gilt als steuerpflichtige (intransparente) Körperschaft. Die Zurechnung von Einkünften an die Anteilsinhaber setzt eine Ausschüttung voraus. Für „Series“ besteht dabei eine Steuerbegünstigung: Werden zumindest 90 % der körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte ausgeschüttet, können die Ausschüttungen auf Ebene der „Series“ steuerlich abgesetzt werden, weshalb sich die Federal Tax idR auf nahezu null reduziert. Die Revisionswerberin erhält Dividendenausschüttungen mehrerer österr Kapitalgesellschaften, wobei nach Anwendung des Art 10 DBA USA-Ö Quellensteuern iHv 15 % einbehalten werden. Folglich wird nach § 21 Abs 1 Z 1a KStG – unter Verweis auf die Kapitalverkehrsfreiheit – die Rückerstattung der in Ö einbehaltenen KESt beantragt. Unter Verweis auf den Wortlaut von § 21 Abs 1 Z 1a KStG weist das Finanzamt die Anträge ab. Gegen die Bescheide wird Beschwerde erhoben, wobei auch das BFG § 21 Abs 1 Z 1a KStG für nicht anwendbar hält: Die „Series“ sei objektiv mit einem inländischen Investmentfonds vergleichbar, weshalb die ausgeschütteten Dividenden nach § 188 Abs 1 Z 1 InvFG 2011 direkt den Anteilsinhabern zuzurechnen seien.

Entscheidung des VwGH

Eine Quellensteuerrückerstattung nach § 21 Abs 1 Z 1a KStG setzt voraus, dass es sich bei der US-Investmentgesellschaft um eine beschränkt steuerpflichtige Körperschaft iSd § 1 Abs 3 Z 1 KStG handelt, die als solche Schuldnerin der einbehaltenen KESt war. Vorrangig ist daher zu prüfen, ob das ausländische Vehikel Steuersubjekt sein kann. Die Rückerstattung nach § 21 Abs 1 Z 1a KStG steht nämlich nur dem Schuldner der KESt zu. Die Prüfung der Vergleichbarkeit erfolgt dabei anhand eines Typenvergleichs, wobei es darauf ankommt, ob das ausländische Rechtsgebilde nach seinem im Ausland geregelten rechtlichen Aufbau, seiner wirtschaftlichen Stellung und in seinen wesentlichen Strukturmerkmalen einer österr Körperschaft entspricht (vgl Hohenwarter-Mayr in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG² § 1 Tz 65). Dieser Typenvergleich erfolgt nach dem VwGH in zwei Schritten: Im ersten Schritt ist die gesellschaftsrechtliche Struktur des ausländischen Rechtsgebildes zu ermitteln und im zweiten Schritt ist dieses sodann in seiner konkreten Ausgestaltung mit dem Typus jener inländischen Körperschaft zu vergleichen, die dem ausländischen Rechtsgebilde ähnlich ist (Achatz/Bieber in Achatz/Kirchmayr, KStG § 1 Tz 264). Liegt eine Vergleichbarkeit nicht vor und sind die Einkünfte auch nicht an beteiligte natürliche Personen zuzurechnen, kommt eine Einordnung als Zweckvermögen iSd § 3 KStG in Betracht. Die Frage nach der Anwendbarkeit von § 188 stellt sich erst dann, wenn die Vergleichbarkeit oder das Vorliegen von Zweckvermögen bejaht wird.

In Bezug auf § 188 InvFG in der bis 2013 geltenden Fassung verweist der VwGH auf seine Entscheidung vom 12. 9. 2018 (Ra 2017/13/0027), in der zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Regelung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, wenn eine inländische Körperschaft gegenüber einer vergleichbaren ausländischen Einrichtung bevorzugt wird, weil diese als Körperschaftsteuersubjekt, während die gleichartige ausländische Einrichtung als transparent behandelt wird. Hinsichtlich § 188 InvFG in der geltenden Fassung hegt der VwGH allerdings keine Bedenken. Die Besteuerungssystematik von §§ 186 ff InvFG kommt seit dem AIMFG (BGBl I 135/2013) unabhängig von der Rechtsform des ausländischen Vehikels wie bei österr Körperschaften zur Anwendung. Da das BFG überhaupt keinen Typenvergleich vorgenommen, sondern lediglich die Anwendbarkeit von § 186 und § 188 InvFG bejaht hat, verweist der VwGH in Bezug auf die konkrete Prüfung der „Series“ auf das fortzusetzende Verfahren und hebt das Erkenntnis des BFG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

Conclusio

Die Erwägungen des VwGH sind überzeugend und bestätigen letztlich gefestigte Literaturmeinungen. Der VwGH gibt für die ertragsteuerliche Einordnung ausländischer Rechtsgebilde erstmals eine klare Prüfungsreihenfolge vor: Die Prüfung der Durchgriffsbesteuerung nach §§ 186 und 188 InvFG kommt erst dann in Betracht, wenn das ausländische Rechtsgebilde einer inländischen Körperschaft vergleichbar ist und dem Rechtsgebilde als Körperschaft (oder in Ausnahmefällen als Zweckvermögen iSd § 3 KStG) überhaupt Einkünfte zugerechnet werden können (umfassend mit weiterführenden Überlegungen auch Bodis, SWK 9/2021, 610-612). Bemerkenswert ist, dass G. Kofler bereits im Jahr 2002 die nun vom VwGH statuierte Prüfungsreihenfolge – allerdings in Bezug auf die Frage, wann einer ausländischen Finanzierungsgesellschaft aus Perspektive österr Anlagegesellschaften Abschirmwirkung zukommt – entwickelt hat (siehe die grafische Darstellung in G. Kofler, Abschirmwirkung [2002] 459). Im fortgesetzten Verfahren wird sich das neuerlich zur Entscheidung berufene BFG nach Prüfung des Typenvergleichs jedenfalls nochmals mit der Anwendbarkeit von § 188 InvFG befassen müssen. Erwähnenswert ist jedenfalls, dass der VwGH erst kürzlich eine Rückerstattung nach § 21 Abs 1 Z 1a KStG an Drittstaatskörperschaften auf Grundlage der Kapitalverkehrsfreiheit als geboten angesehen hat (VwGH 11. 9. 2020, Ra 2020/13/0006; siehe dazu kürzlich V. Bendlinger, LexisNexis Rechtsnews 30617 vom 19. 3. 2021). Der weitere Verfahrenslauf bleibt jedenfalls mit Spannung abzuwarten.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31085 vom 23.06.2021