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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
EStG 1988: § 27 Abs 1 Z 7 (idF BGBl I 2003/71), § 29 Z 1
Abstract
Der VwGH hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Auszahlungsbeträge einer liechtensteinischen Stiftung an einen Erblasser, der seine Begünstigtenstellung nach Ansicht des BFG nur aufgrund des eng verbundenen Erb- und Pflichtteilsverzichts akzeptiert und erhalten habe, der Einkommensteuer unterliegen. Die ESt für 2004 und 2005 wurde seitens des Finanzamtes gegenüber den Gesamtrechtsnachfolgerinnen (Tochter und Witwe des Erblassers) festgesetzt. Entgegen der Ansicht des BFG, das keine einkommensteuerpflichtigen Zuwendungen erkannte, bejahte der VwGH die ESt-Pflicht. Zwar liegen nach Ansicht des VwGH keine einkommensteuerpflichtigen Zuwendungen vor, wenn und soweit Leistungen zur Tilgung gesetzlicher Ansprüche erfolgen. Aus dem Erb- und Pflichtteilsverzicht des Erblassers kann jedoch kein Anspruch gegenüber dem Stifter oder der Familienstiftung abgeleitet werden. Aufgrund der Begünstigtenstellung des Erblassers handelt es sich somit um Einkünfte iSd § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71. Außerdem ließ der VwGH die Anwendung des § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71, der Zuwendungen jeder Art von ausländischen Stiftungen wörtlich nicht explizit erfasste, offen. Nach Ansicht des VwGH ergäbe sich die Einkommensteuerpflicht auch aufgrund von § 29 Z 1 EStG, soweit § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 auf Zuwendungen ausländischer Stiftungen nicht anwendbar sein sollte.
VwGH 26. 3. 2025, Ra 2024/13/0093
Sachverhalt
Der Stifter und Vater (P) des Erblassers (L) habe im Juni 2002 der liechtensteinischen Familienstiftung einen Geldbetrag iHv 4,5 Mio CHF gewidmet. Grund für die Errichtung der Familienstiftung sei es gewesen, dem an Depressionen leidenden L und seinen erbberechtigten Rechtsnachfolgern ein standesgemäßes Leben zu ermöglichen. Als Bedingung für die Errichtung der Familienstiftung hat L mit P für sich, seine Nachkommen und Rechtsnachfolger einen Erb- und Pflichtteilsverzicht abgeschlossen. L wurde dabei als alleiniger Begünstigter der Familienstiftung eingesetzt; einer allfälligen Gattin und Nachkommen kämen zu seinen Lebzeiten keinerlei Rechte zu. Nach dem Ableben des L solle die Familienstiftung zur Sicherung des standesgemäßen Lebensunterhalts seiner Ehegattin und der Nachkommen dienen. Laut „Zirkularbeschlüssen“ des Stiftungsrates der Familienstiftung seien in den Jahren 2004 und 2005 Geldbeträge an L zur Sicherung seines standesgemäßen Lebensunterhaltes ausgeschüttet worden. Die Zahlungen sind direkt von P an L geleistet worden. Anschließend sind diese Zahlungen von der Familienstiftung refundiert worden.
Mit Einantwortungsbeschluss vom August 2007 wurde den Mitbeteiligten als Erbinnen des L (Tochter und Witwe) das Vermögen des im Februar 2006 verstorbenen L eingeantwortet. Im Oktober 2004 wurden Zuwendungen der Familienstiftung an L im Zeitraum 2002–2006 nach Art 11 Abs 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern freiwillig gemeldet. Zu einer pauschalen Einmalzahlung kam es nicht.
Mit Bescheiden vom 18. 12. 2014 setzte das Finanzamt die ESt 2004 und 2005 gegenüber den Mitbeteiligten als Erbinnen des L fest. Darin wurden jeweils Kapitalerträge aus ausländischen Kapitalanlagen berücksichtigt. Dagegen erhoben die Mitbeteiligten Beschwerde und machten geltend, dass die Familienstiftung eine intransparente Stiftung sei. Die Kapitaleinkünfte seien daher ausschließlich der Familienstiftung und nicht dem Verstorbenen L oder nach dessen Versterben den Mitbeteiligten zuzurechnen. Bei Annahme einer transparenten Stiftung müsste die Zurechnung der Einkünfte der Familienstiftung ausschließlich an den in Liechtenstein ansässigen Stifter P vorgenommen werden.
Das BFG gab der Beschwerde Folge und hob die Einkommensteuerbescheide 2004 und 2005 ersatzlos auf. Nach Ansicht des BFG sei die Wurzel des Anspruchs auf Auszahlung der Leistungen an L aus der Stiftung in dem sachlich eng verbundenen Erb- und Pflichtteilsverzicht durch L gelegen. L habe nur unter diesen Voraussetzungen die Begünstigtenstellung akzeptiert und erhalten. Vor diesem Hintergrund seien die Zahlungen aus der Familienstiftung auf Ebene des L keine Zuwendungen iSd § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 (Zuwendungen einer Privatstiftung). Angesichts der unstrittigen Höhe des Vermögens von P sei es erwiesen, dass die von L in den Jahren 2004 und 2005 erhaltenen Geldbeträge zur Sicherung seines und des Unterhalts seiner Familie keineswegs den Pflichtteil überstiegen hätten. Weiters seien die Zahlungen der Familienstiftung an L angesichts der Tatsache, dass L krankheitsbedingt nicht selbsterhaltungsfähig und folglich aus eigener Kraft nicht in der Lage gewesen sei, seinen Lebensunterhalt sowie den seiner Familienangehörigen zu verdienen, auch nicht iSd § 29 Z 1 EStG einkommensteuerpflichtig. Die Zahlungen der Familienstiftung an L seien untrennbar vor dem Hintergrund seiner psychischen Erkrankung zur Abdeckung des Unterhalts und im Hinblick auf den Erb- und Pflichtteilsverzicht freiwillig geleistet worden – so das BFG. Gegen dieses Erkenntnis wurde ao Amtsrevision erhoben.
Entscheidung des VwGH
Nach § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 sind Zuwendungen jeder Art einer nicht unter § 5 Z 6 KStG fallenden Privatstiftung, soweit sie nicht zu den Einkünften iSd § 2 Abs 3 Z 1–4 EStG gehören, Einkünfte aus Kapitalvermögen. Mit dem Schenkungsmeldegesetz 2008 wurde diese Bestimmung dahin ergänzt, dass auch Zuwendungen jeder Art von ausländischen Stiftungen oder sonstigen Vermögensmassen, die mit einer Privatstiftung vergleichbar sind, erfasst sind. Diese Änderung ist hier noch nicht anwendbar (vgl § 124b Z 146 lit e EStG: erstmalig auf Zuwendungen nach dem 31. 7. 2008 anzuwenden). Unter Verweis auf die VwGH-Entscheidung vom 23. 6. 2009, 2006/13/0183 spricht der VwGH aus, dass die Frage, ob nach der im vorliegenden Fall anwendbaren Rechtslage Zuwendungen von ausländischen Stiftungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind, für den gegenständlichen Fall offen bleiben kann.
Nach Ansicht des VwGH besteht eine Steuerpflicht der Zuwendung nach § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71, soweit man von der Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf Zuwendungen von ausländischen Stiftungen ausgeht. Zuwendungen einer Privatstiftung (oder der damit vergleichbaren Familienstiftung) sind unentgeltliche Vermögensübertragungen an Begünstigte oder Letztbegünstigte. Sie können in offener oder in verdeckter Form erfolgen und als Geld- oder Sachleistungen oder als Nutzungszuwendungen gewährt werden. Sie setzen eine Bereicherung des Empfängers der Zuwendung und einen subjektiven Bereicherungswillen der Stiftung, der durch ihre Organe gebildet wird, voraus (vgl VwGH 10. 2. 2016, Ra 2014/15/0021 mwN). Eine Zuwendung liegt weiters dann nicht vor, wenn und soweit eine Leistung zur Tilgung gesetzlicher Ansprüche erfolgt (vgl VwGH 3. 4. 2019, Ra 2018/15/0060). Von einer Zuwendung einer Stiftung ist demnach ua dann nicht auszugehen, wenn die Zahlung im Wege eines Anfechtungs-, Schadenersatz- oder Bereicherungsanspruchs (vgl neuerlich VwGH 3. 4. 2019, Ra 2018/15/0060) oder eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs (vgl wiederum VwGH 10. 2. 2015, Ra 2014/15/0021) gegenüber der Stiftung auch gerichtlich durchsetzbar ist. Aus der Vereinbarung eines Erb- und Pflichtteilsverzichts des L kann schon begrifflich („Verzicht“) (unmittelbar) weder ein Anspruch des L gegenüber P noch gegenüber der Familienstiftung resultieren. P ging insoweit keine Verpflichtung gegenüber L ein. Vereinbart wurde lediglich, dass der Erb- und Pflichtteilsverzicht des L dadurch bedingt sei, dass P eine Familienstiftung mit Vermögenswerten ausstattet. Die hier strittigen Zuwendungen erfolgten daher (mangels anderer wirtschaftlicher Zurechnung) aufgrund der Begünstigtenstellung des L. Es handelt sich demnach um Zuwendungen iSd § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71.
Wird hingegen davon ausgegangen, dass § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 auf Zuwendungen ausländischer Stiftungen nicht anwendbar ist, liegen wiederkehrende Einkünfte iSd § 29 Z 1 EStG vor, die allerdings aus unionsrechtlichen Gründen wie Zuwendungen von inländischen Privatstiftungen begünstigt zu besteuern sind (vgl neuerlich VwGH 23. 6. 2009, 2006/13/0183 mwN). Wiederholte Zuwendungen einer Stiftung sind (subsidiär, wenn diese also insb nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu behandeln sind) als wiederkehrende Bezüge iSd § 29 Z 1 EStG zu beurteilen (vgl VwGH 20. 9. 1988, 87/14/0167 mwN). Die BFG-Entscheidung war daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufzuheben.
Conclusio
Das BFG ging davon aus, dass die Zuwendungen nicht der KESt unterliegen, weil die Wurzel des Anspruchs auf Auszahlung aus der liechtensteinischen Familienstiftung in dem untrennbaren und damit sachlich eng verbunden Erb- und Pflichtteilsverzicht liegen. Ohne den Erb- und Pflichtteilsverzicht hätte nach Ansicht des BFG ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf den Pflichtteil bestanden. Ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch unterliegt nicht der KESt. Der VwGH bestätigt zwar die Ansicht des BFG, wonach von keiner Zuwendung einer Stiftung auszugehen ist, wenn die Zahlung im Wege eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs gegenüber der Stiftung auch gerichtlich durchsetzbar ist (VwGH 10. 2. 2015, Ra 2014/15/0021). Ein vereinbarter Erb- und Pflichtteilsverzicht begründet jedoch keinen derartigen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber der Stiftung. Vielmehr geht der VwGH davon aus, dass die Zuwendungen aufgrund der Begünstigtenstellung bezahlt wurden, weshalb es sich um kapitalertragsteuerliche Zuwendungen iSd § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 handeln könnte.
Die konkrete Anwendung des § 27 Abs 1 Z 7 EStG lässt der VwGH hingegen offen, weil § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 Zuwendungen ausländischer Stiftungen nicht explizit erfasste. Erst mit dem Schenkungsmeldegesetz 2008, BGBl I 2008/85 wurde diese Bestimmung dahin ergänzt, dass auch Zuwendungen jeder Art von ausländischen Stiftungen oder sonstigen Vermögensmassen, die mit einer Privatstiftung vergleichbar sind, erfasst sind. Diese Fassung war jedoch im gegenständlichen Zeitraum noch nicht, sondern erst auf Zuwendungen nach dem 31. 7. 2008 erstmalig anzuwenden. Der VwGH löste dieses Problem, indem er die wiederholten Zuwendungen der Familienstiftung auch als wiederkehrende Einkünfte iSd § 29 Z 1 EStG qualifizierte, soweit man davon ausgeht, dass § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 auf Zuwendungen ausländischer Privatstiftungen nicht anwendbar ist. Derartige wiederkehrende Einkünfte sind aus unionsrechtlichen Gründen wie Zuwendungen von inländischen Privatstiftungen begünstigt zu besteuern (vgl VwGH 23. 6. 2009, 2006/13/0183).
Mit dieser Entscheidung konnte der VwGH somit erkennen lassen, dass er von einer Einkommensteuerpflicht in Bezug auf die Zuwendungen der liechtensteinischen Privatstiftung ausgeht, ohne sich mit dem zeitlichen Anwendungsbereich des § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 näher auseinanderzusetzen. Der zeitliche Anwendungsbereich des § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 hat den VwGH bereits im Rahmen seiner Entscheidung vom 23. 6. 2009, 2006/13/0183 befasst. In dieser Entscheidung zur unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Ausschüttungen inländischer Privatstiftungen und solchen diesen vergleichbarer ausländischer Stiftungen ließ der VwGH bereits erkennen, dass § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 (also vor dem Schenkungsmeldegesetz 2008) wohl nur Zuwendungen österreichischer Privatstiftungen erfasst. Auch in der Entscheidung vom 23. 6. 2009, 2006/13/0183 ließ der VwGH die konkrete Anwendung des § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 auf Zuwendungen ausländischer Privatstiftungen offen und löste die Ungleichbehandlung mit der Kapitalverkehrsfreiheit. Sowohl mit der Vorgehensweise in der gegenständlichen Entscheidung als auch mit jener in der Entscheidung vom 23. 6. 2009 hat es der VwGH somit geschafft sein Ergebnis auf den Punkt zu bringen, ohne dabei konkret ausführen zu müssen, ob § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 auch Zuwendungen ausländischer Privatstiftungen erfasst. Im Fachschrifttum ist der Anwendungsbereich des § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 umstritten (nur für Zuwendungen österreichischer Privatstiftungen argumentierend Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG13 § 27 Rz 125 [Stand 1. 1. 2004, rdb.at]; aA G. Mayr, Stiftungen nach dem SchenkMG 2008, RdW 2008, 487 [488]). Ob das BFG im zweiten Rechtsgang die Einkommensteuerpflicht auf § 27 Abs 1 Z 7 EStG idF BGBl I 2003/71 oder § 29 Z 1 EStG stützt, bleibt abzuwarten.