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LiebhabereiVO: § 2
Abstract
Das Erk des VwGH behandelt die Liebhabereibeurteilung bei einer Vermietung. Einkünfte aus Vermietung können auch dann vorliegen, wenn die Liegenschaft vor der tatsächlichen Erzielung eines gesamtpositiven Ergebnisses übertragen wird. Liebhaberei würde dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige beabsichtigt, die Vermietung nach einem zeitlich begrenzten Zeitraum zu beenden. Der Steuerpflichtige, der die Vermietung tatsächlich einstellt, hat nachzuweisen, dass die Vermietung nicht von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum geplant gewesen ist, sondern sich die Beendigung erst nachträglich ergeben hat. Liebhaberei kann in solchen Fällen also auch dann zu verneinen sein, wenn kein für den Geschäftsablauf atypischer Umstand (Unwägbarkeit) zur Beendigung der Vermietung geführt hat.
VwGH 14. 12. 2023, Ra 2023/13/0051
Sachverhalt und bisheriges Verfahren
Die Revisionswerberin (Rw) ist Rechtsnachfolgerin des im Jahr 2020 verstorbenen JK. JK war in Österreich beschränkt steuerpflichtig und erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Außerdem wollte JK Einkünfte aus einer Vermietung geltend machen. Das Finanzamt (FA) qualifizierte diese Einkünfte aber als Liebhaberei, da die Vermietung aus privaten Gründen ohne Nachweis, dass sich der Entschluss zur vorzeitigen Einstellung erst nachträglich ergeben habe, beendet worden sei. Weiters sei eine Prognoserechnung nicht eingehalten worden.
JK erhob gegen die gegenständlichen Einkommensteuerbescheide der Jahre 2005–2008 Berufung. Erst 2008 hätte sich JK dazu entschlossen, die Liegenschaft an seinen Bruder zu übergeben. Wenn von vornherein festgestanden wäre, dass JK die Liegenschaft übergeben würde, hätte er auch keine Darlehen iHv etwa 1 Mio € zur Sanierung der Wohnungen aufgenommen. Außerdem sei es im Jahr 2017 – dem zwölften Jahr der Vermietung – zu einem Gesamtüberschuss gekommen.
Im Jahr 2014 wies das FA die (jetzigen) Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen als unbegründet ab, da eine große Vermietung gem § 2 Abs 3 LVO vorliege. Die Prognoserechnungen seien derart mangelhaft gewesen, dass sie nicht berücksichtigt werden konnten. Bei einem Vergleich der Prognoserechnung und der tatsächlichen Ergebnisse sei auch ersichtlich, dass die Prognoserechnung unrealistisch gewesen sei.
JK beantragte die Vorlage der Beschwerde an das BFG. Dabei versuchte er die Sinnhaftigkeit der Prognoserechnungen darzulegen und erklärte die hohen Verluste mit den zu Beginn der Vermietungen hohen Fremdfinanzierungskosten. Das BFG wies aber die Beschwerde ab (BFG 5. 7. 2021, RV/7102535/2015). Die fraglichen Liegenschaften seien bereits seit Jahren von JKs Bruder verwaltet worden und im Jahr 2008 habe JK seinem Bruder die Liegenschaften auch geschenkt. Zwischen 2005 und 2008 seien nur negative Einkünfte aus der Vermietung erzielt worden und JK habe die Vermietung 2008 aus persönlichen Gründen beendet. Das BFG räumt aber ein, dass es angesichts des Versterbens von JK schwierig festzustellen sei, ob JK die Vermietung von Anfang an nur für einen bestimmten Zeitraum geplant hatte. Die Angabe von JK, die Liegenschaft nicht an seine Nachkommen weitergeben zu können, da er keine Söhne habe, spreche aber gegen eine langfristige Vermietungsabsicht. Der Mangel an männlichen Nachkommen – Töchter hätte JK sehr wohl gehabt – sei auch keine Unwägbarkeit iSd LVO, die zur vorzeitigen Beendigung der Vermietung berechtige. Das BFG kommt daher zu dem Schluss, dass die wahrscheinlichste Variante ist, dass JK von Beginn an einen kurzen Vermietungszeitraum geplant hatte, um nach wenigen Jahren die Liegenschaften an seinen Bruder zu übergeben. Außerdem teilte das BFG die Ansicht, dass die Prognoserechnungen nicht realistisch gewesen seien.
Die Rw wandte sich daraufhin an den VwGH. Dabei stützte sie sich auf die bestehende Rsp des VwGH, nach der eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit nicht alleine deshalb besteht, weil ihr Beendigungsrund keine Unwägbarkeit iSd LVO darstellt (VwGH 24. 6. 2010, 2006/15/0343; 27. 6. 2017, Ra 2017/13/0029). Weiters seien die Feststellungen des BFG bezüglich der Prognoserechnung aktenwidrig und die Beweiswürdigung unschlüssig.
Entscheidung des VwGH
Eine Prognoserechnung hat sich grundsätzlich an wirtschaftlichen Ergebnissen zu orientieren, die auch tatsächlich erzielbar sind. Der Beginn der Vermietung dient dabei als Zeitraum, in dem Erkenntnisse über die Bewirtschaftungsart gewonnen werden (VwGH 29. 5. 2018, Ra 2016/15/0046). Es steht der Ertragsfähigkeit einer Vermietung nicht entgegen, wenn eine Liegenschaft vor tatsächlicher Erzielung eines insgesamt positiven Ergebnisses übertragen wird. Da das FA aber in aller Regel keine Kenntnis von den Absichten des Vermieters haben kann, hat dieser zu beweisen, dass die Vermietung nicht von vorherein nur für einen begrenzten Zeitraum geplant war (VwGH 27. 8. 2020, Ra 2019/13/0036).
In Fällen der vorzeitigen Beendigung einer Tätigkeit kann Liebhaberei auch dann zu verneinen sein, wenn keine Unwägbarkeit vorliegt (VwGH 27. 6. 2017, Ra 2017/13/0029). Die Beendigung der Vermietung im konkreten Fall aus persönlichen Gründen im Jahr 2008 führt daher nicht unbedingt – wie aber vom BFG angenommen – zum Vorliegen von Liebhaberei. Außerdem liegen der Annahme des BFG, dass JK von vornherein nur eine begrenzte Vermietungsdauer geplant habe, keine ausreichenden Sachverhaltsdarstellungen zugrunde. Es fehlt etwa eine Auseinandersetzung mit Gegenargumenten, wie zB der Kreditaufnahme durch JK zur Sanierung der Wohnungen. Das BFG hätte weiters zumindest auf die Prognoserechnungen eingehen müssen, auch wenn es diese als mangelhaft erachtet, und darf nicht einfach davon ausgehen, dass keine Prognoserechnungen existieren. Außerdem ist der Beurteilungszeitraum einer Liebhabereibeurteilung nicht im Rahmen einer ex ante-Beurteilung festzustellen (VwGH 21. 4. 2023, Ra 2022/15/0093). Der Gesamtüberschuss ab dem Jahr 2017 hätte daher sehr wohl durch das BFG berücksichtigt werden müssen. Wegen dieser Mängel des Erkenntnisses des BFG kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Vermietung im vorliegenden Fall Liebhaberei begründet. Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gem § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Conclusio
Wenn eine Vermietungstätigkeit von vornherein keinen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt, liegt Liebhaberei vor (Raucher/Grübler, Steuerliche Liebhaberei2 [2007] Rz 487). Bei der Beurteilung, ob eine vorzeitig beendete Vermietung Liebhaberei darstellt, ist entscheidend, wann der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, die Vermietungstätigkeit vor Erzielung eines Gesamtüberschusses zu beenden. Im konkreten Sachverhalt hat JK etwa einen Kredit zur Sanierung der Wohnungen aufgenommen hat, was sehr wohl auf eine Gesamtüberschussabsicht zu Beginn der Vermietungstätigkeit hindeutet. Außerdem ist ab dem Jahr 2017 ein Gesamtüberschuss erzielt worden.
Die Vermietung wurde aber auch nicht wegen eines für den Geschäftsablauf atypischen Umstandes (Unwägbarkeit) beendet. Der Mangel an männlichen Nachkommen wird wohl kaum als Unwägbarkeit einer Vermietung bezeichnet werden können. Derartige Gründe deuten vielmehr auf einen freiwilligen Entschluss von JK hin, die Vermietung aus privaten Motiven zu beenden. Ab dem Zeitpunkt dieses Entschlusses des Vermieters, die Vermietung aus privaten Gründen zu beenden, würde dann Liebhaberei vorliegen (Ehgartner in Jakom EStG17 [2024] § 2 Rz 246). Sollte JK die Vermietung von vornherein nur zeitlich begrenzt geplant haben, bis zu einem Zeitpunkt bevor ein Gesamtüberschuss erzielt werden konnte, würde über den gesamten Zeitraum Liebhaberei vorliegen (Raucher/Grübler, Steuerliche Liebhaberei2 [2007] Rz 489).
Die relevanten Umstände sind aber im vorliegenden Fall – insb durch den Tod von JK – nur mehr schwer festzustellen. Das BFG wird sich aber im fortgesetzten Verfahren dennoch mit den Argumenten auseinandersetzen müssen, die dafürsprechen, dass JK die Vermietung mit einer Gesamtüberschussabsicht verfolgt hat.