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VwGH zur pauschalen Bewertung von Fabriksgebäuden in der GrEStG

Bearbeiter: Thomas Frenkenberger

GrEStG: § 4 Abs 1

GrWV: § 2 Abs 3 Z 3

Abstract

Der VwGH hatte sich mit der Bewertung von Baurechten für Zwecke der Grunderwerbsteuer auseinanderzusetzen. Die Revisionswerberin hatte eine Gesellschaft erworben, die Baurechte an zwei Grundstücken besaß, auf denen sich Fabriken befanden. Durch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen kam es zu einer grunderwerbsteuerpflichtigen Anteilsvereinigung gem § 1 Abs 3 GrEStG. Strittig war, ob die übertragenen Fabriksgebäude gem § 2 Abs 3 Z 3 lit b oder lit c der zu § 4 Abs 1 GrEStG ergangenen Grundstückswerteverordnung (GrWV) zu bewerten waren. Gem lit b wäre der Baukostenfaktor im Ausmaß von 60 %, gem lit c hingegen nur im Ausmaß von 25 % anzusetzen gewesen, sodass der für Zwecke der Grunderwerbsteuer heranzuziehende Grundstückswert dementsprechend geringer wäre.

VwGH 24. 10. 2024, Ra 2022/16/0023

Sachverhalt

Revisionswerberin (Rw) ist eine österreichische GmbH, die im Jahr 2017 sämtliche Anteile einer in der Baustoffproduktion tätigen GmbH erwarb. Die erworbene Gesellschaft war Baurechtsberechtigte an zwei Grundstücken, auf denen sich ihre Produktionsstätten befanden. Durch den Erwerb der Gesellschaftsanteile wurde der Grunderwerbsteuertatbestand der Anteilsvereinigung gem § 1 Abs 3 GrEStG verwirklicht. Die Rw berechnete den für die Bemessungsgrundlage maßgeblichen Grundstückswert nach dem Pauschalwertmodell gem § 2 der GrWV. Der Wert des Grund und Bodens wurde nach dem dreifachen Bodenwert berechnet. Da die GmbH nicht Grundeigentümerin, sondern nur Baurechtseigentümerin mit einer Restnutzungsdauer von weniger als 50 Jahren war, wurde der Wert gem § 56 Abs 3 Z 1 BewG aliquotiert und daher nur mit 80 % angesetzt. Der Wert der Gebäude wurde gem § 2 Abs 3 GrWV anhand der Bruttogrundrissfläche und dem jeweiligen Baukostenfaktor ermittelt. Da die Gebäude nicht zu Wohnzwecken dienten, wurden für manche Gebäude der 60%ige Faktor angesetzt (Fabriksgebäude), für andere hingegen der 25%ige (einfachste Gebäude). Der maßgebliche Grundstückswert betrug nach Ansicht der Rw in Summe rund EUR 3 Mio.

Die Abgabenbehörde sah hingegen einen Grundstückswert iHv rund EUR 7 Mio als maßgeblich an und setzte daher eine Grunderwerbsteuer iHv rund EUR 35.000 fest. Die Abgabenbehörde war der Auffassung, dass für alle Werksgebäude der Baukostenfaktor im Ausmaß von 60 % gem § 2 Abs 3 Z 3 lit b GrWV anzusetzen sei, weil sämtliche Gebäude dem Produktionsprozess der betriebenen Fabriken zugeordnet seien und es sich daher um Fabriksgebäude und nicht um einfachste Gebäude handle. Die durch die Rw erhobene Beschwerde wurde von der Behörde abgewiesen. Das aufgrund des Vorlageantrags zuständige BFG korrigierte die Bemessungsgrundlage leicht nach unten, folgte aber im Wesentlichen den Ausführungen der Abgabenbehörde, wonach alle Gebäude als Teil der wirtschaftlichen Einheit einer Fabrik mit dem 60%igen Baukostenfaktor anzusetzen sind (BFG 26. 7. 2022, RV/4100642/2018; Entscheidung nicht veröffentlicht). Die ordentliche Revision wurde zugelassen und auch erhoben.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH erinnert zunächst daran, dass die auf Basis des § 4 Abs 1 GrEStG ergangene GrWV zwei Möglichkeiten der Wertermittlung vorsieht, wobei die in § 3 GrWV vorgesehene Berechnung anhand eines Immobilienpreisspiegels aufgrund der Beschaffenheit der genannten Grundstücke ausscheidet. Übrig bleibt daher nur mehr die pauschale Berechnung nach § 2 GrWV. Der VwGH hat bereits ausgesprochen, dass der Grundstückswert als Bemessungsgrundlage nicht auf eine bestimmte Kategorie von Grundstücken beschränkt ist und daher auch als Bemessungsgrundlage für Baurechte heranzuziehen ist (VwGH 13. 12. 2022, Ro 2019/16/0005). Im vorliegenden Fall wurde der Grundwert gem § 2 Abs 2 GrWV ermittelt, dh es wurde der hochgerechnete dreifache Bodenwert der mit den Baurechten belasteten Grundstücke herangezogen. Da die Restnutzungsdauer des Baurechts zum Zeitpunkt der Übertragung zwischen 40 und 45 Jahren betrug, wurde aber zusätzlich noch eine Aliquotierung nach § 56 Abs 3 Z 1 BewG vorgenommen, sodass nur 80 % des nach § 2 Abs 2 GrWV ermittelten Grundwerts herangezogen wurden. Diese Aliquotierung findet aber weder in § 4 Abs 1 GrEStG noch in der auf den Fall anwendbaren Stammfassung der GrWV ihre Deckung. § 4 Abs 1 GrEStG verweist nur auf § 53 Abs 2 BewG, nicht aber auf die Aliquotierungsregel des § 56 Abs 3 Z 1 BewG. Die Aliquotierung war daher rechtsgrundlos: Es hätte der volle, nach § 2 Abs 2 GrWV ermittelte Betrag herangezogen werden müssen (vgl bereits VwGH 13. 12. 2022, Ro 2019/16/0005). Das Erkenntnis des BFG war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

Die Bewertung der Gebäude durch das BFG wird hingegen vom VwGH nicht beanstandet. Gem § 2 Abs 3 GrWV ist für die Berechnung des Gebäudewerts die Nutzfläche multipliziert mit den Baukostenfaktor anzusetzen, wobei nur bei Wohngebäuden der Baukostenfaktor im vollen Ausmaß anzusetzen ist. Für Fabriksgebäude, Werkstättengebäude und Lagerhäuser, die Teile der wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgrundstücks sind, ist gem § 2 Abs 3 Z 3 lit b GrWV ein Wert im Ausmaß von 60 % anzusetzen. § 2 Abs 3 Z 3 lit c GrWV sieht bei einfachsten Gebäuden, wie zB Kalthallen, ein Ausmaß von 25 % vor. Es ist davon auszugehen, dass die in § 2 Abs 3 Z 3 lit b GrWV genannten Gebäudetypen jedenfalls mit 60 % anzusetzen sind, wenn sie Teil der wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgrundstücks sind, unabhängig davon, wie sie konkret beschaffen sind (Bodis in Arnold/Bodis, GrEStG18 (2022) § 4 Tz 87). Dafür spricht auch, dass – im Gegensatz zur vergleichbaren Bestimmung in § 53 Abs 6 BewG – die in lit c genannten Gebäude nicht explizit aus lit b ausgenommen wurden. Die Gebäude sind jedenfalls Teil der wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgrundstücks, was im Übrigen auch in der Revision nicht bestritten wurde. Der Ansetzung des Baukostenfaktors im Ausmaß von 60 % gem § 2 Abs 3 Z 3 lit b war daher nicht entgegenzutreten.

Conclusio

Die Entscheidung des VwGH ist für den Steuerpflichtigen ungünstig. Der VwGH bestätigt nicht nur den höheren Gebäudewert gem § 2 Abs 3 Z 3 lit b GrWV, sondern trägt dem BFG zusätzlich auf, den Grundwert iSd § 2 Abs 2 GrWV zulasten des Steuerpflichtigen zu korrigieren.

Für Zwecke der Grunderwerbsteuer ist auch bei Baurechten mit einer Restlaufzeit von weniger als 50 Jahren der gesamte und nicht nur ein anteiliger Wert des Grund und Bodens anzusetzen. Die unbegründete Abweichung des BFG von der bisherigen VwGH Rsp (13. 12. 2022, Ro 2019/16/0005) lässt sich dadurch erklären, dass die Leitentscheidung des VwGH erst nach dem BFG-Erkenntnis ergangen ist. Für neuere Fälle sieht die GrWV seit dem 1. 10. 2019 in § 2 Abs 4 GrWV eine ähnliche (wenn auch nicht idente) Aliquotierung zu § 56 Abs 3 Z 1 BewG vor.

Interessanter sind die Ausführungen des VwGH zur Einstufung von Gebäuden in § 2 Abs 3 GrWV. Soweit ersichtlich wurde nun erstmals höchstgerichtlich bestätigt, dass zB Lagerhäuser, die Teile einer wirtschaftlichen Einheit einer Fabrik sind, jedenfalls mit 60 % gem § 2 Abs 3 Z 3 lit b GrWV anzusetzen sind. Auch einfachste Gebäude, die ansonsten mit 25 % angesetzt werden könnten, sind daher höher zu bewerten. Sollte der Steuerpflichtige der Ansicht sein, dass der Grundstückswert zu hoch ist, wäre ihm aber zumindest offen gestanden, statt des pauschal zu berechnenden Grundstückswerts auch den tatsächlichen gemeinen Wert nachzuweisen (§ 4 Abs 1 Unterabsatz 3 GrEStG).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36283 vom 13.01.2025