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GrEStG 1987: § 2 Abs 2 Z 1
GrEStG 1987 (idF BGBl I 2015/118): § 4 Abs 1
Abstract
Der VwGH hatte zu entscheiden, wie der Grundstückswert eines Baurechts nach dem Pauschalwertmodell zu ermitteln ist. Der Gerichtshof hegte keine Bedenken dagegen, hierfür an den Bodenwert der Grundstücksparzelle anzuknüpfen, auf welche sich das Baurecht bezieht. Sollte der sich nach dem Pauschalwertmodell ergebende Hilfswert überhöht sein, könne der Steuerschuldner nämlich einen niedrigeren gemeinen Wert des Baurechts nachweisen und als Grundstückswert heranziehen.
VwGH 13. 12. 2022, Ro 2019/16/0005
Sachverhalt
Die Revisionswerberin, eine GmbH, schloss im März 2015 einen Vorvertrag betreffend die Einräumung eines Baurechts ab; dieses war auf 55 Jahre befristet. Zwei Jahre später, im Februar 2017, wurde zwischen den beiden Vertragsparteien eine Aufsandungsurkunde errichtet, wobei die Hauptbestandteile des Vorvertrags übernommen wurden. Es wurde ein jährlicher Baurechtzins iHv 11.035 € vereinbart.
Die Grunderwerbsteuerschuld für diesen Rechtsvorgang entstand im Jahr 2017, und das FA setzte eine GrESt iHv 105.000 € fest. Diese wurde auf Basis des gemeinen Werts des Grundstücks, welcher vom Mittelpreis (600 €/m2) des Verbrauchsorts berechnet wurde, ermittelt. Anlässlich einer Beschwerde des Steuerschuldners wurde der Mittelpreis auf 300 €/m2 halbiert und die festgesetzte GrESt entsprechend herabgesetzt. In einem Vorlageantrag begehrte die Revisionswerberin die Heranziehung des Werts der Gegenleistung für die Einräumung des Baurechts iHv 198.630 € anstelle des gemeinen Werts und Grundstückswerts zur Berechnung der GrESt. Der Grundstückswert des Baurechts sei nämlich niedriger als der Wert der Gegenleistung für dessen Einräumung, und zwar deshalb, weil der nach dem Pauschalwertmodell berechnete Grundstückswert eines Baurechts stets 0 € betrage, zumal der „Bodenwert“ eines Baurechts mangels zivilrechtlichen Eigentums des Baurechtnehmers am belasteten Grund und Boden 0 € betragen müsse. Das BFG folgte dieser Argumentation nicht und ermittelte den Grundstückswert des Baurechts unter Heranziehung des Bodenwerts des belasteten Grundstücks. Dies ergab einen Grundstückswert iHv 1.046.490 €, der den Wert der Gegenleistung überstieg und damit der Bemessung der GrESt zu Grunde gelegt wurde. Mangels höchstgerichtlicher Rsp zur Bemessung des Grundstückswerts eines Baurechts gem § 4 Abs 1 GrEStG 1987 idF BGBl I 2015/118 erklärte das BFG eine Revision für zulässig, die von der GmbH auch erhoben wurde.
Entscheidung des VwGH
Der VwGH ließ die Revision zu und hielt sie im Ergebnis auch für begründet, aber nicht aus den hier interessierenden Gründen. Im Hinblick auf die Berechnung des pauschalen Grundstückswerts eines Baurechts folgte der VwGH der Vorgehensweise des BFG. Dass der nach der Pauschalwertmethode ermittelte Grundstückswert eines Baurechts dem gemeinen Wert des Baurechts unter Umständen nicht entspricht, erachtete der VwGH dabei nicht als problematisch. Die pauschale Wertermittlung und damit die Abweichung des Ermittlungsergebnisses vom tatsächlichen gemeinen Wert eines Grundstücks iSd § 2 Abs 1 und 2 GrEStG 1987 sei der Verwaltungsvereinfachung und dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Selbstberechnung durch Parteienvertreter ermöglichen will (mit Verweis auf die Erläuterungen zum StRefG 2015/2016, ErläutRV 684 BlgNR 25. GP 36), geschuldet. Die vom Gesetzgeber – einheitlich für alle Kategorien von vom GrEStG 1987 erfassten Grundstücke – vorgegebene pauschale Wertermittlung erweise sich aber schon deshalb nicht als unsachlich, weil dem Steuerschuldner gem § 4 Abs 1 letzter UAbs GrEStG 1987 stets die Möglichkeit des Nachweises des tatsächlichen (gegebenenfalls niedrigeren) gemeinen Werts offenstehe.
Ein derartiger Nachweis wurde von der Revisionswerberin im streitgegenständlichen Fall nicht geführt. Stattdessen versuchte sie zu argumentieren, dass der nach dem Pauschalwertmodell ermittelte Grundstückswert des Baurechts 0 € betrage. Diese Auffassung teilte der VwGH nicht, denn würde man ihr folgen, wäre die Grunderwerbsteuer für die Einräumung eines Baurechts immer von der Gegenleistung zu berechnen. Nicht nur die Anordnung des Grundstückswerts als Mindestbemessungsgrundlage wäre in diesem Fall hinfällig, sondern es käme auch der gemeine Wert des Baurechts niemals als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer in Betracht, ist doch ein Unterschreiten eines Grundstückswerts von 0 € von vornherein ausgeschlossen. Dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 4 Abs 1 GrEStG 1987 durch das StRefG 2015/2016 eine solche Änderung für die Besteuerung von Baurechten (Beseitigung der Mindestbemessungsgrundlage) herbeiführen wollte, sei – insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen in den ErlRV – auszuschließen. Eine sachliche Begründung dafür, gerade für eine einzige Kategorie von Grundstücken die Maßgeblichkeit einer Mindestbemessungsgrundlage auszuschließen, sei ebenfalls nicht erkennbar. Daher habe das BFG zu Recht den Grundstückswert, wie er sich aus § 4 Abs 1 GrEStG 1987 ergibt, als Mindestbemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer herangezogen.
Conclusio
Fraglich war in diesem Fall die Berechnung des Grundstückswerts eines Baurechts nach dem Pauschalwertmodell, für die nach der streitgegenständlichen Fassung der Grundstückswertverordnung noch keine Sonderregelungen vorgesehen waren (§ 2 Abs 4 der VO ist gem § 4 Abs 2 der VO erst seit 2. 10. 2019 in Kraft). Folglich lag es nahe, den Grundstückswert des Baurechts dem Grundstückswert des belasteten Grundstücks gleichzusetzen. Der VwGH veranschaulicht im vorliegenden Judikat, dass er gegen diese pauschale Berechnungsmethode keinerlei Bedenken hegt, weil für den Fall, dass diese Berechnung einen überhöhten Betrag ergibt, stets ein geringerer gemeiner Wert des Baurechts nachgewiesen und dieser anstelle des pauschal berechneten Betrags als Grundstückswert herangezogen werden kann. Da die Revisionswerberin keinen gemeinen Wert nachgewiesen hatte, stellte sich im vorliegenden Fall nicht die durchaus interessante Frage, wie der gemeine Wert eines Baurechts berechnet werden kann (vgl dazu bereits Pacher in LexisNexis-Rechtsnews 32070 vom 10. 2. 2022).