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KStG: § 1 Abs 3 Z 1 und Z 2, § 21 Abs 1 Z 1a
Abstract
Ein kanadischer körperschaftsteuerbefreiter Pensionsfonds beantragt die Rückerstattung einbehaltener Kapitalertragsteuern aufgrund von § 21 Abs 1 Z 1a KStG mangels Anrechenbarkeit der Steuer in Kanada. Zwar sei die Anwendung der Norm auf in der EU oder dem EWR ansässige Steuerpflichtige beschränkt, allerdings verstoße die Bestimmung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Die verbleibende Steuer (25 % abzüglich 10 % nach Art 10 DBA Österreich Kanada) sei in voller Höhe zu erstatten.
VwGH 11. 9. 2020, Ra 2020/13/0006
Sachverhalt
Ein kanadischer Pensionsfonds (im Folgenden „mitbeteiligte Partei“) erhält Dividenden aus diversen Beteiligungen an österreichischen börsennotierten AG. Auf die Dividendenzahlungen wird KESt iHv 25 % einbehalten, wobei gem Art 10 DBA 10 % rückerstattet werden. Im Jahr 2012 beantragt die mitbeteiligte Partei die Rückerstattung der restlichen 15 % der einbehaltenen QuSt gestützt auf § 21 Abs 1 Z 1a KStG für die Jahre 2007 bis 2011. Im Antrag führt die mitbeteiligte Partei aus, sie sei nach dem kanadischen Körperschaftsteuergesetz eine „Crown Corporation“ und damit von der Körperschaftsteuer auf Dividenden, Zinsen und Veräußerungsgewinne befreit. Aufgrund der besagten Befreiung sei eine Anrechnung im Ansässigkeitsstaat nach § 21 Abs 1 Z 1a KStG nicht möglich. Zwar sei die Anwendung von § 21 Abs 1 Z 1a KStG auf in der EU oder dem EWR ansässige Steuerpflichtige beschränkt, allerdings sei der vorgesehene vollständige Ausschluss von Drittstaatsgesellschaften als Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art 63 AEUV zu qualifizieren. Mit Verweis auf den Wortlaut von § 21 Abs 1 Z 1a KStG wird der Antrag abgewiesen, woraufhin die mitbeteiligte Partei erfolgreich Rechtsmittel erhebt. Das BFG hält fest, dass die mitbeteiligte Partei gegenüber beschränkt steuerpflichtigen KöR iSd § 1 Abs 3 Z 2 oder Z 3 KStG durch die 15 %ige Belastung benachteiligt sei. Dividenden an KöR seien nämlich nach § 94 Z 6 lit a EStG von der KESt befreit. Die Ungleichbehandlung bewirke eine Beschränkung des Kapitalverkehrs iSd Art 63 AEUV. Die Behörde erhebt Amtsrevision und führt aus, das BFG habe sich nicht mit der Frage befasst, ob die mitbeteiligte Partei überhaupt als eine Körperschaft iSd § 1 Abs 3 Z 1 KStG und nicht als ausländischer Kapitalanlagefonds gem § 42 InvFG 1993 einzustufen sei. Die mitbeteiligte Partei sei als ausländischer Kapitalanlagefonds zu qualifizieren und daher als steuerlich transparent zu behandeln.
Entscheidung des VwGH
Der VwGH führt dazu aus, das Finanzamt habe die fehlende Körperschaftseigenschaft der beteiligten Partei im Verfahren nicht behauptet. Überhaupt werde nicht dargelegt, welche Merkmale einer Körperschaft nicht gegeben seien. Es ergäben sich auch keinerlei Zweifel, dass es sich bei der mitbeteiligten Partei um eine einer inländischen juristischen Person vergleichbare Person handle. Auch den Einwand, die mitbeteiligte Partei sei als Kapitalanlagefonds iSd § 42 InvFG 1993 einzustufen, lässt der VwGH nicht gelten. Unter Verweis auf bestehende Rechtsprechung (VwGH 12. 9. 2018, Ra 2017/13/0027) führt der VwGH aus, dass zu § 42 InvFG 1993 bereits ausgesprochen worden sei, dass die Bestimmung als gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßend zu beurteilen sei. Überdies sei ständige Rechtsprechung des EuGH, dass Art 63 AEUV Maßnahmen verbiete, die geeignet sind, gebietsfremde Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten (vgl etwa EuGH 10. 2. 2011, Haribo & Salinen, C-436/08 und C-437/08, Rn. 50; 10. 5. 2012, Santander C-338/11 bis C-347/11, Rn. 15; 26. 2. 2019, X {In Drittländern ansässige Zwischengesellschaften}, C-135/17, Rn. 55). Zwar füge sich beim Kapitalverkehr in Bezug auf Drittstaaten ein anderer rechtlicher Kontext als zwischen zwei Mitgliedstaaten, jedoch biete Art 26 DBA einen rechtlichen Rahmen für die Zusammenarbeit und einen Mechanismus zum Austausch von Informationen. Die Richtigkeit der von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Informationen in Bezug auf ihre Eigenschaft als Körperschaft wären für die Abgabenbehörde überprüfbar gewesen. Da die Beurteilung der Vergleichbarkeit allein auf Ebene des Anlageinstruments zu erfolgen habe, könne die Auswirkung einer Beschränkung in der Regel nicht dadurch neutralisiert werden, dass Anleger die erhobene Quellensteuer auf ihre persönliche Steuerschuld anrechnen lassen können (EuGH 10. 4. 2014, Emerging Markets Series of DFA, C-190/12, Rn. 63 f). Zwar könne für eine Beschränkung ein Rechtfertigungsgrund bestehen, ein solcher sei in der Revision jedoch nicht dargelegt worden. Mangels Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung hat der VwGH die Revision zurückgewiesen.
Conclusio
Der Zurückweisungsbeschluss des VwGH stützt sich auf Rechtsprechung des EuGH. Die Drittstaatskörperschaft war im Ergebnis einer inländischen KöR vergleichbar, weshalb die Nichtbefreiung der Dividenden (Nichtanwendbarkeit von § 94 Z 6 lit a EStG iVm § 1 Abs 3 Z 2 KStG) zu einer Diskriminierung im Hinblick auf die Kapitalverkehrsfreiheit führte. Da die Behörde auch keinen Rechtfertigungsgrund für die Beschränkung vorbringen konnte, konnte sich die mitbeteiligte Partei unmittelbar auf Art 63 AEUV stützen. Auch Drittstaatskörperschaften, die einer inländischen KöR vergleichbar sind, ist einbehaltene KESt sohin nach § 21 Abs 1 Z 1a KStG rückzuerstatten.