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Abstract
Im vorliegenden Fall war strittig, ob eine steuerwirksame Berichtigung von Rechnungen auch dann möglich ist, wenn die ursprüngliche Umsatzsteuerschuld bereits verjährt ist. Der VwGH hält dazu fest, dass es aufgrund der in § 16 Abs 1 UStG ausdrücklich angeordneten ex-nunc-Wirkung der Berichtigung unerheblich ist, ob für die ursprüngliche Steuerfestsetzung bereits die Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
VwGH 15. 12. 2022, Ro 2019/13/0034
Sachverhalt
Die Mitbeteiligte betreibt in Wien eine Augenlaserklinik und stellte in den Jahren 2004 bis 2013 zwei Ordinationen, Operationsräumlichkeiten und Nebenräume entgeltlich zur Verfügung, wobei sie für diese Leistungen 20 % Umsatzsteuer in Rechnung stellte. Im Jahr 2015 berichtigte die Mitbeteiligte die Rechnungen gegenüber einer der beiden Ordinationen insofern, als auf das ursprüngliche Entgelt nicht mehr der Normalsteuersatz von 20 %, sondern der ermäßigte Steuersatz von 10 % angewandt wurde. Der Differenzbetrag wurde von der Mitbeteiligten anschließend an die Ordination ausbezahlt und bei dieser nach dem Zuflussprinzip steuerwirksam erfasst. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden die von der Mitbeteiligten vorgenommenen Umsatzsteuerberichtigungen nur hinsichtlich der die Jahre 2008 bis 2013 betreffenden Rechnungen anerkannt. Für die davorliegenden Zeiträume sei eine steuerwirksame Berichtigung wegen des Eintritts der Verjährung der ursprünglichen Abgabenschuld nicht mehr möglich. Gegen die zeitliche Befristung der Rechnungsberichtigung erhob die Mitbeteiligte daraufhin Beschwerde beim BFG. Dieses argumentierte in seiner Entscheidung, dass es bei einer Rechnungsberichtigung gem § 16 Abs 1 UStG unerheblich sei, ob die ursprüngliche Steuerschuld bereits verjährt ist. Daraufhin erhob das FA Revision.
Entscheidung des VwGH
§ 11 Abs 12 UStG sieht vor, dass ein Unternehmer, der in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er für diesen Umsatz nicht schuldet, gesondert ausweist, diesen Betrag aufgrund der Rechnung so lange schuldet, bis er diesen gegenüber dem Leistungsempfänger entsprechend berichtigt. Im Falle der Berichtigung gilt § 16 Abs 1 UStG sinngemäß. § 16 Abs 1 UStG regelt die Änderung der Bemessungsgrundlage und bestimmt, dass sowohl der Leistende als auch der Leistungsempfänger einerseits den geschuldeten Steuerbetrag und andererseits den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug korrigieren müssen. § 16 Abs 1 UStG ordnet für die Rechnungsberichtigung allgemein eine ex-nunc-Wirkung an. Die Berichtigung führt daher nicht zu einer Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung, weil sie nach dem Wortlaut von § 16 Abs 1 UStG im Veranlagungszeitraum der Änderung vorzunehmen ist. Die Steuerschuld des Leistungserbringers entfällt damit erst im Zeitpunkt (dh im Voranmeldungszeitraum) der tatsächlichen Rechnungsberichtigung. Der Empfänger ist von § 11 Abs 12 UStG hingegen nicht betroffen, weil mit der Steuerschuld kraft Rechnungslegung kein Recht auf Vorsteuerabzug einhergeht. Was die Befristung der Rechnungsberichtigung betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass das UStG eine solche nach § 11 Abs 12 UStG jedenfalls nicht vorsieht. Auch ergibt sich eine etwaige Befristung – mangels Rückwirkung der Rechnungsberichtigung – nicht aus den allgemeinen Verjährungsbestimmungen der BAO. Da die Rechnungsberichtigung gem § 16 UStG dem Gesetzeswortlaut nach ausdrücklich eine ex-nunc-Wirkung entfaltet und die ursprüngliche Steuerfestsetzung daher unberührt bleibt, ist es unerheblich, ob die ursprüngliche Steuerfestsetzung bereits verjährt ist. Eine Berichtigung kann daher trotz Festsetzungsverjährung erfolgen.
Conclusio
Bei der Rechnungsberichtigung gem § 11 Abs 12 UStG ist § 16 Abs 1 UStG analog anzuwenden. § 16 Abs 1 Z 2 letzter Satz UStG ordnet die ex-nunc-Wirkung der Berichtigung an und stellt klar, dass diese für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen ist, in dem die Änderung des Entgelts eingetreten ist. Die Entscheidung des VwGH ist in Hinblick auf die ex-nunc-Wirkung der Rechnungsberichtigung jedenfalls zutreffend. Spannend – und vom VwGH mangels Vorbringen in der Revision nicht behandelt – ist allerdings das Verhältnis der Entscheidung zum erst kürzlich ergangenen EuGH-Urteil in der Rs P GmbH (EuGH 8. 12 .2022, C-378/21, P GmbH). Denn dort kommt der Gerichtshof in Bezug auf die unionsrechtliche Grundlage von § 11 Abs 12 UStG (Art 203 MwStSyst-RL) zum Ergebnis, dass es nur dann zu einer Steuerschuld kraft Rechnungslegung kommen kann, wenn der Leistungsempfänger vorsteuerabzugsberechtigt ist und dementsprechend eine Gefährdung des Steueraufkommens droht. Im vorliegenden Fall war der Leistungsempfänger aufgrund der ärztlichen Tätigkeit allerdings gem § 6 Abs 1 Z 19 UStG ohnehin unecht von der Umsatzsteuer befreit. Ein Vorsteuerabzug – und damit einhergehend das Risiko der Gefährdung des Steueraufkommens – ist daher grundsätzlich ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, ob eine Steuerschuld kraft Rechnungslegung im gegebenen Fall überhaupt angenommen hätte werden dürfen.