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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
Abstract
Der VwGH hatte sich im vorliegenden Fall mit der Frage zu beschäftigen, wann eine Umwidmung iSd § 30 Abs 4 Z 1 EStG vorliegt. Nicht jede Umwidmung von Grünland in Bauland erfüllt bereits den Tatbestand des § 30 Abs 4 Z 1 EStG. Es muss zusätzlich eine tatsächliche Bebauung des Grundstücks nach den raumordnungsrechtlichen Bestimmungen möglich sein. Ist dazu noch ein weiterer Schritt notwendig (zB weitere Umwidmung oder Ausnahmegenehmigung), liegt keine Umwidmung iSd § 30 Abs 4 Z 1 EStG vor.
VwGH 5. 3. 2025, Ra 2023/15/0046
Sachverhalt und Verfahrensgang
Im Jahr 2015 übertrug der Vater der Revisionswerberin (Rw) unentgeltlich einen ideellen Drittelanteil an einer Liegenschaft (Altvermögen), welche zu diesem Zeitpunkt als Bauerwartungsland gewidmet war. Noch im selben Jahr erfolgte eine Widmungsänderung des Grundstücks in Bauland (Betriebsgebiet, Kategorie II). Im Jahr 2021 veräußerte die Rw ihren Anteil an ihre beiden Geschwister zu einem Kaufpreis von insgesamt 541.666 €, worauf sie die selbstberechnete Immobilienertragsteuer abführte. Aufgrund der Widmungsänderung im Jahr 2015 wurden die Anschaffungskosten der Liegenschaft mit 40 % des Veräußerungserlöses berechnet. Im Zuge einer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 brachte die Rw vor, dass die betreffende Liegenschaft bereits im Jahr 1982 – auf Basis einer damaligen Verordnung – faktisch als Bauland nutzbar gewesen sei. Die erstmalige Umwidmung in Bauland sei damit vor dem 31. 12. 1987 erfolgt und die nachfolgende Umwidmung im Jahr 2015 müsse außer Acht gelassen werden.
Das Finanzamt und das BFG wiesen die Beschwerde ab und argumentierten, dass eine Bebauung vor der Umwidmung im Jahr 2015 bau- und raumordnungsrechtlich nicht zulässig gewesen sei. Gem § 17 Abs 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz wäre die Liegenschaft nur in sehr engen Grenzen bebaubar gewesen (etwa mit Gebäuden, die für die Ausführung von land- und forstwirtschaftlicher Bodenbearbeitung notwendig sind). Eine darüberhinausgehende Bebauung hätte eine Ausnahmegenehmigung oder eine weitere Umwidmung erfordert. In der Folge erhob die Rw ao Revision an den VwGH und brachte vor, dass bislang keine höchstgerichtliche Judikatur zur wirtschaftlichen Auslegung des Begriffs der „Umwidmung“ iSd § 30 Abs 4 EStG vorliege. Aus Sicht der Rw wäre eine Umwidmung in Bauland aus wirtschaftlicher Sicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit möglich gewesen, weswegen das Grundstück jederzeit zum Preis für Bauland verkauft werden hätte können.
Entscheidung des VwGH
Die Umwidmung iSd § 30 Abs 4 Z 1 EStG umfasst im Wesentlichen die Umwidmung von Grünland in Bauland. Auch andere Widmungen, die eine Bebauung nach Art einer Baulandwidmung ermöglichen, können unter diesen Tatbestand subsumiert werden (zB Sonderwidmungen für Einkaufszentren). Umgekehrt liegt keine Umwidmung iSd § 30 Abs 4 Z 1 EStG vor, wenn Grünland in Bauland umgewidmet wird, dessen Bebauung aufgrund von raumordnungsrechtlichen Maßnahmen nicht zulässig ist (zB Aufschließungsgebiete oder Bauerwartungsland). Eine Umwidmung ist in diesen Fällen erst dann gegeben, wenn eine spätere Widmungsänderung erstmals eine tatsächliche Bebauung ermöglicht (vgl ErlRV 1680 BlgNR 24. GP 9 f).
Die von 1982–2015 vorhandene Widmung als Bauerwartungsland ermöglichte keine tatsächliche Bebauung des Grundstücks. Eine Umwidmung in Bauland (Betriebsgebiet, Kategorie II) wäre lediglich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit möglich oder eine Bebauung auf anderem Wege (zB Ausnahmegenehmigung) zulässig gewesen. § 30 Abs 4 Z 1 EStG stellt nach seinem eindeutigen Wortlaut nur auf Umwidmungen ab, die erstmals eine Bebauung ermöglichen. Sind weitere Maßnahmen (erneute Umwidmung, Ausnahmegenehmigung) erforderlich, liegt keine Umwidmung iSd § 30 Abs 4 Z 1 EStG vor. Die tatsächliche Bebauung des Grundstücks wurde erst durch die Umwidmung im Jahr 2015 ermöglicht, daher war die Revision als unbegründet abzuweisen.
Conclusio
Umwidmungen sind allgemein nur dann zu erfassen, wenn diese nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden haben. Bei einem unentgeltlichen Erwerb ist auch auf Umwidmungen in der Sphäre des Rechtsvorgängers abzustellen (so also auch in diesem Fall, vgl Kanduth-Kristen in Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner [Hrsg], Jakom EStG17 [2024] § 30 Rz 73).
Bei der Umwidmungsfrage wird eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde gelegt: Nur wenn eine umwidmungsbedingte Wertsteigerung angenommen werden kann, soll § 30 Abs 4 Z 1 EStG greifen. Kann eine Umwidmung bei wirtschaftlicher Betrachtung zu keiner Wertsteigerung und somit zu keinem erhöhten Veräußerungserlös führen, kommt die normale Pauschalbesteuerung zur Anwendung (vgl Papst, Immobilienertragsteuer für Altgrundstücke: 15% oder 3,5%? SWK 2012, 870 [871]). Damit hatte Papst aber sehr spezifische Situationen vor Auge. So etwa eine zweifache Widmungsänderung, bei der ein Grundstück als Bauland angeschafft wurde und eine Umwidmung zu Grünland erfuhr. Wird das Grünland in der Folge abermals als Bauland umgewidmet, kommt es bei der Veräußerung zu keiner umwidmungsbedingten Wertsteigerung.
Die Argumentation der Rw, dass bereits vor der Umwidmung ein Baulandpreis erzielt hätte werden können, überzeugt nicht. Denn in wirtschaftlicher Betrachtungsweise kann der Baulandpreis nur deswegen erzielt werden, weil eine weitere Umwidmung in tatsächlich bebaubares Bauland mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgenommen werden kann. Die Wertsteigerung durch die zukünftige Umwidmung ist also kausal für den erhöhten Veräußerungspreis des Grundstücks. In solchen Fällen wird ein ausreichender enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Veräußerung und der Umwidmung angenommen, der trotz Umwidmung nach der Veräußerung zu einer Besteuerung gem § 30 Abs 4 Z 1 EStG führt (siehe zB VwGH 19. 5. 2020, Ro 2018/13/0015). Voraussetzung dafür ist seit dem AbgÄG 2014 zusätzlich noch, dass die Umwidmung innerhalb von fünf Jahren nach der Veräußerung erfolgt (siehe dazu auch EStR 2000 Rz 6672 f).