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VwGH zur Veräußerung von Grundstücken durch einen gemeinnützigen Verein

Bearbeiter: Vera Hellebrandt

BAO: § 31, § 34 ff, § 45

EStG 1988: § 4 Abs 3a, § 30 Abs 1,

KStG 1988: § 5 Z 6, § 7 Abs 2, § 21 Abs 3 Z 4

Abstract

Der VwGH entschied, dass die Veräußerung von Grundstücken durch einen gemeinnützigen Verein keinen unentbehrlichen Hilfsbetrieb nach § 45 Abs 2 BAO darstellt, weil es an einem sachlichen Zusammenhang zwischen der Grundstücksveräußerung und dem gemeinnützigen Zweck mangelt.

VwGH vom 26. 5. 2021, Ra 2019/15/0046

Sachverhalt

Bei der mitbeteiligten Partei handelt es sich um einen gemeinnützigen Verein nach §§ 34 ff BAO, der im Bereich der Kinder- und Jugendfürsorge tätig ist. Im Zuge einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass in der Vergangenheit die mitbeteiligte Partei aus Erbschaften erhaltene Grundstücke veräußert und die Veräußerungserlöse steuerfrei belassen hatte. Der Prüfer vertrat die Ansicht, dass eine steuerfreie Veräußerung nur möglich wäre, wenn die veräußerten Grundstücke dem Betriebsvermögen eines unentbehrlichen Hilfsbetriebs zuzuordnen wären. Dies wäre hier nicht der Fall, weil die geerbten Grundstücke zur Erfüllung des begünstigten Zwecks nicht benötigt würden. Die Finanzverwaltung folgte dieser Ansicht und erließ zwei Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2013 und 2014, in denen die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung mit 591.000 € und die darauf entfallende Körperschaftsteuer mit 147.000 € bzw die Einkünfte mit 434.000 € und die darauf entfallende Körperschaftsteuer mit 69.000 € festgesetzt wurden. Die mitbeteiligte Partei erhob gegen beide Bescheide Beschwerde an das BFG. In seinem Erkenntnis stellte das BFG fest, dass die Zuwendung dieser Grundstücke im Erbweg durch den gemeinnützigen Zweck des Vereins veranlasst worden sei und dem ideellen Zweck diene. Daher seien diese Grundstücke als Betriebsvermögen des unentbehrlichen Hilfsbetriebs zu qualifizieren. Für die im Rahmen des unentbehrlichen Hilfsbetriebs anfallenden Veräußerungsgewinne bestehe daher nach § 45 Abs 2 BAO keine Abgabepflicht. Die Finanzverwaltung erhob gegen dieses Erkenntnis des BFG eine außerordentliche Revision.

Entscheidung des VwGH

Zunächst führt der VwGH aus, dass bei einem unentbehrlichen Hilfsbetrieb iSd § 45 Abs 2 BAO die wirtschaftliche Tätigkeit der Körperschaft und die Verwirklichung des begünstigten Zwecks zusammenfallen, weil der begünstigte Zweck der Körperschaft nicht ohne die wirtschaftliche Tätigkeit und nur durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verwirklicht werden kann (vgl VwGH 27. 9. 2000, 98/14/0227).

Der VwGH verneint, dass das professionelle Einwerben von Grundstückserbschaften und der anschließende Verkauf von Liegenschaften eine gemeinnützige Tätigkeit darstellt oder der unmittelbaren Verfolgung des ideellen Zwecks der mitbeteiligten Partei dient. Es mangelt an einem sachlichen Zusammenhang zwischen der Veräußerung von Liegenschaften und der gemeinnützigen Tätigkeit im Bereich der Kinder- und Jugendfürsorge. Selbst wenn die so erwirtschafteten finanziellen Mittel zur Durchführung des gemeinnützigen Zwecks eingesetzt werden, liegt ein bloßer Mittelbeschaffungsbetrieb vor, der keinen unentbehrlichen Hilfsbetrieb iSd § 45 Abs 2 BAO begründen kann (vgl zB VwGH 22. 9. 2005, 2001/14/0037).

Werden kontinuierlich Grundstücke verkauft, liegt allenfalls ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb iSd § 31 iVm § 45 Abs 1 BAO vor, weshalb eine Steuerbefreiung nach § 5 Z 6 KStG iVm §§ 34 ff BAO nicht möglich ist. Die Grundstücke sind Teil des Betriebsvermögens, weshalb die Besteuerung der Grundstücksgeschäfte nach § 7 Abs 2 KStG iVm § 4 Abs 3a EStG erfolgt. Wenn der Verkauf von Grundstücken nicht als nachhaltig eingestuft werden kann, wird kein eigenständiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet. Damit gehen Spenden und Erbschaften einer gemeinnützigen Körperschaft in ihrem allgemeinen Bereich zu. Nach § 30 Abs 1 EStG liegt eine private Grundstücksveräußerung vor, wenn Grundstücke veräußert werden, die keinem Betriebsvermögen angehören. Die Steuerpflicht ergibt sich in diesem Fall aus § 21 Abs 3 Z 4 KStG iVm § 30 Abs 1 EStG. Daher hob der VwGH das Erkenntnis des BFG aufgrund der Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.

Conclusio

Wenn ein gemeinnütziger Verein Grundstücksveräußerungen kontinuierlich durchführt, dann kann nur ein entbehrlicher Hilfsbetrieb nach § 45 Abs 1 BAO vorliegen, weil kein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang mit der gemeinnützigen Tätigkeit besteht. Die Steuerpflicht für die betriebliche Grundstücksveräußerung ergibt sich demnach aus § 7 Abs 2 KStG iVm § 4 Abs 3a EStG. Wenn hingegen ein gemeinnütziger Verein Grundstücksveräußerungen nicht nachhaltig durchführt, führt dies zu Einkünften aus privater Grundstücksveräußerung, die nach § 21 Abs 3 Z 4 KStG iVm § 30 Abs 1 EStG besteuert werden. Der VwGH schloss sich damit der bereits in der Literatur vertretenen Sichtweise an, dass bei Nichtvorliegen eines eigenständigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Spenden (und Erbschaften) der allgemeinen Sphäre eines gemeinnützigen Vereins zuzurechnen sind. Dies wird damit begründet, dass kein Gegenleistungsverhältnis zu den vom Verein erbrachten Leistungen besteht und es an einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit einer durch einen unentbehrlichen Hilfsbetrieb ausgeübten Tätigkeit mangelt (vgl Hammerl/Fuchs, Die Ertragssteuerpflicht bei gemeinnützigen und nicht gemeinnützigen Vereinen, RdW 2020, 875 (876)).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31256 vom 28.07.2021