News

VwGH zur Verjährung der Forschungsprämie

Bearbeiter: Andreas Ullmann,

EStG: § 108c

BAO: §§ 207, 208

Abstract

Der VwGH trifft Aussagen zur Verjährung der Forschungsprämie. Diese richtet sich nach den Vorschriften zur Verjährung von Abgaben und nicht nach jenen für die Rückforderung von Beihilfen, Erstattungen, Vergütungen oder Abgeltungen.

VwGH 25. 6. 2020, Ro 2020/15/0009

Sachverhalt

Die BF machte am 6. Mai 2011 eine Forschungsprämie für das Jahr 2010 geltend, die am 13. Mai 2011 auf ihrem Abgabenkonto gutgeschrieben wurde. Im November 2016 begann bei der BF eine Außenprüfung, ua zur Forschungsprämie 2010. Daraufhin setzte das Finanzamt die Forschungsprämie 2010 per Bescheid niedriger fest, woraus sich eine Abgabennachforderung ergab. Der Festsetzungsbescheid wurde der BF am 4. Dezember 2017 zugestellt. Die BF erhob Beschwerde und brachte ua vor, dass hinsichtlich der Forschungsprämie 2010 bereits Verjährung eingetreten sei. Die Verjährungsfrist beginne gem §§ 208 Abs 1 lit a iVm 4 BAO mit Ablauf jenes Jahres zu laufen, in dem die prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen getätigt wurden. Die Festsetzungsverjährung sei somit bereits Ende 2015 eingetreten. Das Finanzamt war hingegen der Ansicht, dass es sich hierbei um die Rückforderung einer Abgeltung handle, weshalb der Beginn der Verjährungsfrist nach § 208 Abs 1 lit c BAO zu bestimmen sei. Das BFG wies die Beschwerde ab, ließ jedoch die ordentliche Revision zu, da es zur Frage der Verjährung von Ansprüchen auf Rückforderung einer Forschungsprämie noch keine Rechtsprechung des VwGH gab.

Entscheidung des VwGH

Das Recht eine Abgabe festzusetzen verjährt gem § 207 Abs 2 1. Satz BAO nach fünf Jahren. Ebenfalls nach fünf Jahren verjährt gem § 207 Abs 4 BAO das Recht, die Rückzahlung zu Unrecht bezogener Beihilfen zu fordern, sowie das Recht auf Rückforderung zu Unrecht zuerkannter Erstattungen, Vergütungen oder Abgeltungen von Abgaben. Während die Länge der Verjährungsfrist in beiden Fällen gleich ist, knüpft der Beginn des Fristenlaufs an unterschiedliche Ereignisse an. Bei Abgaben beginnt die Verjährungsfrist mit Ablauf jenes Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, zu laufen (§ 208 Abs 1 lit a BAO). Bei Rückforderungen beginnt die Verjährungsfrist hingegen mit Ablauf des Jahres, in dem die rückzufordernden Beihilfen, Erstattungen, Vergütungen oder Abgeltungen geleistet wurden, zu laufen (§ 208 Abs 1 lit c BAO). Im gegenständlichen Verfahren ist somit strittig, ob die Forschungsprämie als Abgabe oder als Beihilfe, Erstattung, Vergütung oder Abgeltung zu qualifizieren ist.

Systematisch kann die Forschungsprämie als Abgeltung im Sinne des § 2 lit a Z 2 BAO eingestuft werden. Allerdings bestimmt § 108c Abs 4 3. Satz EStG, dass sowohl die Forschungsprämie als auch Rückforderungsansprüche als Abgaben vom Einkommen iSd BAO gelten. Ungeachtet dieser ausdrücklichen Anweisung ergibt sich die Abgabeneigenschaft der Forschungsprämie nach Ansicht des VwGH bereits aus dem 1. Satz von § 108c Abs 4 EStG. Dieser gewährt dem Finanzamt zwei Handlungsalternativen. Das Finanzamt kann entweder die Forschungsprämie dem Abgabenkonto gutschreiben oder deren Höhe mittels Bescheid nach § 201 BAO festsetzen. Ein solcher Bescheid ist nicht nur im Falle einer Nachforderung zu erlassen, sondern immer dann, wenn die Selbstberechnung des Steuerpflichtigen fehlerhaft war. Der Festsetzungsbescheid setzt die Abgabe in voller Höhe fest. Ob es im konkreten Fall zu einer Nachzahlung oder zu einer Gutschrift kommt, ergibt sich erst aus dem Vergleich der festgesetzten mit der selbstberechneten Abgabe. Jedenfalls ergibt sich aus der Möglichkeit, die Forschungsprämie mit Bescheid nach § 201 BAO festzusetzen, dass es sich bei der Forschungsprämie um eine Abgabe handelt.

Aufgrund der Eigenschaft der Forschungsprämie als Abgabe knüpft daher auch die Verjährung gem § 208 Abs 1 lit a BAO an die Entstehung des Abgabenanspruches an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Forschungsprämie nicht zwingend zu gewähren ist, sondern der Disposition des Steuerpflichtigen unterliegt. Entgegen der Ansicht der BF, führt daher erst die Geltendmachung der Forschungsprämie gemäß § 4 Abs 1 BAO zur Entstehung des Abgabenanspruchs und somit zum Beginn des Laufs der Verjährungsfrist.

Im vorliegenden Fall begann die Verjährungsfrist somit mit Ablauf des Jahres 2011 zu laufen. Durch die Außenprüfung wurde die Frist gem § 209 Abs 1 BAO um ein Jahr verlängert, weshalb die Abgabenfestsetzung im Dezember 2017 rechtzeitig erfolgte.

Die Revision war abzuweisen.

Conclusio

In der vorliegenden Entscheidung beschäftigt sich der VwGH erstmals mit der Verjährung der Forschungsprämie. Die Forschungsprämie ist eine Abgabe; die Festsetzungsverjährungsfrist beträgt daher fünf Jahre und beginnt mit Ablauf jenes Jahres zu laufen, in dem der die Abgabenpflicht auslösende Tatbestand verwirklicht wurde. Anders als die hA sieht der VwGH erst die Beantragung der Forschungsprämie als den die Abgabenpflicht auslösenden Tatbestand und nicht bereits die Tätigung der Forschungsaufwendungen (vgl Pilgermair/Pülzl/Kühbacher, Forschungsförderung im Steuerrecht und in der Privatwirtschaftsverwaltung [2014] 5).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29773 vom 08.10.2020