News

Weitergabe einer Sachverhaltsdarstellung an Medien durch Gebietskörperschaft – Amtshaftung?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AHG: § 1

StAG: § 35b

StPO: § 12, § 54, § 68

WGG: § 35

Nach Ansicht des Kl hätte eine – wenn auch grds gerechtfertigte – Weitergabe der Sachverhaltsdarstellung erst nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens und Information des Beschuldigten erfolgen dürfen. Aus dem Hinweis auf die Bestimmungen über die Nichtöffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens nach § 12 Abs 1 Satz 2 StPO und über die Information der Medien nach § 35b StAG ist für den Kl diesbezüglich allerdings nichts zu gewinnen:

§ 35b StAG bezieht sich nur auf die Information der Medien durch die Staatsanwaltschaft. Für Opfer, Privatbeteiligte und Privatankläger statuiert § 68 Abs 3 StPO iVm § 54 StPO ein von einer Interessenabwägung abhängiges – eingeschränktesVeröffentlichungsverbot. Einem generellen Veröffentlichungsverbot unterliegen die zur Akteneinsicht berechtigten Personen (auch im nicht-öffentlichen Ermittlungsverfahren) nicht. Aus diesen Vorschriften lässt sich jedenfalls nicht ableiten, dass eine Veröffentlichung der Sachverhaltsdarstellung (hier) durch das Opfer (hier: eine Gebietskörperschaft) vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens schlechthin unzulässig wäre.

Stichhaltige Argumente dafür, dass die Interessenabwägung im konkreten Fall zu seinen Gunsten hätte ausgehen müssen, trägt der Kl in der Revision nicht vor: Das BerufungsG hat bei seiner Entscheidung sehr wohl berücksichtigt, dass – wie der Kl meint – die Bekl als Gebietskörperschaft einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab im Umgang mit öffentlichen Verdachtsäußerungen unterliegt. Es hat außerdem darauf Bedacht genommen, dass bereits vor der Weitergabe der Sachverhaltsdarstellung an die Medien ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Person des Kl bestand, weil dieser in der medialen Berichterstattung schon als „Profiteur“ der Unregelmäßigkeiten iZm den Verfahren nach § 35 WGG genannt worden war. Vor diesem Hintergrund laufen die Ausführungen des Kl, gerade der Zeitpunkt der Veröffentlichung habe seine Interessen massiv beeinträchtigt, ins Leere.

Da das BerufungsG die Vertretbarkeit des in Frage stehenden Organverhaltens vertretbar bejaht hat, kommt es auf dessen Richtigkeit nicht mehr an.

OGH 19. 11. 2024, 1 Ob 148/24g

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36381 vom 10.02.2025