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Werbungskosten bei Baurechtsverträgen

Bearbeiter: Franz Wallig

EStG 1988: § 7, § 8, § 16 Abs 1 Z 8, § 28

Abstract

Der VwGH hatte im vorliegenden Revisionsfall darüber zu entscheiden, ob eine AfA iZm einem abgerissenen Gebäude geltend gemacht werden kann. Der Revisionswerber (Rw) hat ein bebautes Grundstück, welches bisher nicht für eine steuerliche Einkünfteerzielung verwendet wurde, im Rahmen eines Baurechtsvertrages einem Dritten zur Nutzung überlassen. Das am Grundstück befindliche Gebäude wurde auf Kosten des Bauberechtigten abgerissen, um Platz für eine neue Wohnhausanlage zu schaffen. Im Ergebnis kam der VwGH zu dem Schluss, dass das abgerissene Gebäude nicht Teil des Baurechtsvertrages war und daher auch keine AfA für das Gebäude geltend gemacht werden kann.

VwGH 30. 6. 2022, Ro 2021/15/0004

Sachverhalt

Der Rw, eine natürliche Person, hat eine Liegenschaft tw im Erbweg und tw im Wege einer Schenkung erworben. Auf dem Grundstück befand sich ein Gebäude inkl Garage, welches im Zeitraum von 2003 bis 2014 an fremde Dritte vermietet wurde. Die Einkünfte aus dieser Vermietung wurden unstrittig als Liebhaberei eingestuft. Der Rw war auch Eigentümer des Nachbargrundstückes, welches bis 2014 ebenso nicht zur Erzielung von Einkünften verwendet wurde.

Im September 2015 schloss der Rw mit der gemeinnützigen A-GmbH einen Vorvertrag zum Abschluss eines Baurechtsvertrages hinsichtlich der beiden Liegenschaften ab. In diesem Vorvertrag wurde festgehalten, dass sich die bauberechtigte A-GmbH zum Abriss der vorhandenen Baulichkeiten auf eigene Kosten verpflichtet, um die Errichtung einer Wohnhausanlage inkl Gewerbelokalen und Tiefgarage vorzunehmen. Im Jahr 2016 wurde der Abriss der Gebäude durch die A-GmbH veranlasst und mit dem Bau der Wohnhausanlage begonnen. Daraufhin wurde im Jahr 2016 der endgültige Baurechtsvertrag abgeschlossen, welcher für die Überlassung des Baurechtes über einen Zeitraum von 50 Jahren eine jährliche Bauzinszahlung an den Rw vorsah.

Der Rw hat im Jahr 2015 eine AfA gem § 16 Abs 1 Z 8 EStG und im Jahr 2016 eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnützung gem § 8 Abs 4 EStG für das abgerissene Gebäude geltend gemacht. Diese Werbungskosten wurden sowohl vom Finanzamt als auch vom BFG in seinem Erkenntnis RV/3100589/2018 v 28. 12. 2022 versagt, woraufhin der Rw die gegenständliche ordentliche Revision an den VwGH eingelegt hat.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH hat als ersten Punkt darauf hingewiesen, dass sich das angefochtene Erkenntnis auf die Einkommensteuer des Jahres 2015 bezieht und damit der Abbruch des Gebäudes im Jahr 2016 nicht Gegenstand der Revision sein kann.

Betreffend die AfA des Jahres 2015 wurde zunächst festgestellt, dass eine AfA gem § 16 Abs 1 Z 8 EStG grundsätzlich im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung — worunter auch Einkünfte aus der Gewährung von Baurechten zu subsumieren sind — als Werbungskosten ansetzbar ist. Obwohl der Rw im Jahr 2015 noch keine Einnahmen aus dem Baurechtsvertrag erzielt hat, ist auch die vorweggenommene Berücksichtigung von Werbungskosten unter bestimmten Umständen möglich. Voraussetzung dafür sei aber, dass die ernsthafte Absicht zur späteren Erzielung positiver Einkünfte als klar erwiesen angesehen werden kann. Die AfA könne also nur dann berücksichtigt werden, wenn die Gebäude zukünftig einer Vermietung gewidmet werden.

Der VwGH schloss sich in der Folge der Ansicht des BFG an, wonach der Vertragsgegenstand des Baurechtsvertrages mit der A-GmbH eine unbebaute Liegenschaft sei. Eine Nutzung der bestehenden Gebäude durch die Bauberechtigte war bereits aufgrund des geplanten Abrisses bei Abschluss des Vorvertrages im Jahr 2015 nicht vorgesehen. Der tatsächliche Abriss im Jahr 2016 diente lediglich dazu, den vereinbarten (unbebauten) Zustand des Grundstückes herzustellen. Die abgerissenen Gebäude waren daher nicht von der geplanten Einkünfteerzielung umfasst, weshalb auch keine vorweggenommenen Werbungskosten berücksichtigt werden können. Auch durch die Tatsache, dass ein durchgehender Vermietungszeitraum seit dem Jahr 2003 vorlag, ist für den Revisionsfall nichts gewonnen, weil die zunächst gegebene Liebhabereibetätigung nicht zu steuerlich relevanten Einkünften geführt hat.

Conclusio

Die Behandlung von Abbruchkosten sowie der zugehörigen Ausbuchung des Gebäuderestwertes ist seit Langem Teil der stRsp des VwGH. Wurde bspw ein abbruchreifes Gebäude bereits zur Einkünfteerzielung genutzt und dieses dann zur Gewährung eines Baurechtes abgerissen, sind Abbruchkosten auf den Grund und Boden zu aktivieren (vgl UFS 30. 10. 2008, RV/0054-K/07). Zusätzlich kann eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung vorgenommen werden (vgl VwGH 26. 7. 2006, 2006/14/0024). Bei noch verwendbaren Gebäuden können sowohl die Abbruchkosten als auch der Restbuchwert in voller Höhe als Werbungskosten angesetzt werden (vgl VwGH 27. 11. 2014, 2011/15/0088, EStR Rz 6418a).

Da der Rw im vorliegenden Fall die Liegenschaft nicht zur Erzielung von steuerlich relevanten Einkünften verwendet hatte, ist der Sachverhalt eher mit einer Anschaffung eines bebauten Grundstückes und Abriss des darauf befindlichen Gebäudes zur Gewährung eines Baurechtes vergleichbar. Auch bei Anschaffung eines bebauten Grundstückes wurde dieses vorab nicht zur Erzielung von steuerlichen Einkünften genutzt. Diesen Fall hat der VwGH bereits in seinem Erkenntnis vom 28. 5. 2015, 2012/15/0104 behandelt und ist dabei zu einem völlig unterschiedlichen Ergebnis gekommen:

Die dem Baurechtsberechtigten vom Beschwerdeführer als zivilrechtlichem Eigentümer eingeräumte Befugnis, das Altgebäude abzureißen, kann aber auch nicht der steuerlich unbeachtlichen Sphäre zugeordnet werden, wenn der Abriss des Altgebäudes wie im Beschwerdefall zu dem Zweck erfolgt, aus der Einräumung eines Baurechtes auf der freigemachten Liegenschaft steuerlich relevante Einnahmen zu erzielen. Ob der zivilrechtliche Eigentümer den Gebäudeabriss selbst durchführt, einem Abbruchunternehmen dazu den Auftrag erteilt oder dem Baurechtsberechtigten eine entsprechende Befugnis einräumt, ist für die Frage der Werbungskosteneigenschaft des Buchwertabganges nicht entscheidend. Steht die Anschaffung des Altgebäudes und dessen Abbruch in Zusammenhang mit der Erzielung steuerlich relevanter Einkünfte, stellen die (verlorenen) Aufwendungen für das Altgebäude dieser Einkunftsquelle zuzuordnende Werbungskosten dar.“

Besonders beachtlich ist dabei, dass auch im oben zitierten Erkenntnis der Abriss des Altgebäudes durch den Baurechtsberechtigten durchgeführt wurde und die Werbungskosten für die Ausbuchung des Gebäuderestwertes dennoch anerkannt wurden. Durch die Zuordnung des abgerissenen Gebäudes in die steuerliche Sphäre lässt sich schließen, dass wohl auch die AfA für die Zeiträume zwischen der Anschaffung und dem Abriss des Gebäudes steuerwirksam erfasst wurde. Gerade aus dem Blickwinkel der Rechtssicherheit wäre es wünschenswert gewesen, wenn der VwGH im aktuellen Revisionsfall die Abweichung von der bisherigen Rsp näher erläutert hätte.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33144 vom 10.10.2022