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Wettbewerbsverbot für geschäftsführenden Alleingesellschafter?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 863

GmbHG: § 24, § 35, § 82

1. Gemäß § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG unterliegen der Beschlussfassung der Gesellschafter ua die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen die Geschäftsführer und die Bestellung eines Vertreters zur Prozessführung, wenn die Gesellschaft weder durch die Geschäftsführer noch durch den Aufsichtsrat vertreten werden kann. Unter diese Bestimmung fallen auch Ansprüche aus der Verletzung des Wettbewerbsverbots und gegen ehemalige Geschäftsführer. Für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist ein Beschluss nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG allerdings nicht Voraussetzung, weil dies mit dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes kollidieren würde.

2. Der geschäftsführende Alleingesellschafter unterliegt keinem Wettbewerbsverbot, weil in einem solchen Fall grds kein von seinen Interessen abweichendes Gesellschaftsinteresse besteht, das durch § 24 Abs 1 GmbHG geschützt werden soll. Darüber hinaus kann auch von einer entsprechenden Zustimmung zur konkurrenzierenden Tätigkeit ausgegangen werden (zumindest konkludente Zustimmung spätestens bei tatsächlicher Durchführung der Konkurrenztätigkeit).

Daran ändert weder der Umstand etwas, dass der Alleingesellschafter-Geschäftsführer Geschäftsanteile treuhändig hält, noch die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots mit dem Treugeber. Aufgrund des Trennungsprinzips (Trennung von Gesellschaftsbeteiligung und Treuhandverhältnis) bleibt der Umstand, dass der Alleingesellschafter-Geschäftsführer Geschäftsanteile treuhändig hält, ohne Einfluss auf sein Verhältnis zur Gesellschaft, und auch der Treugeber hat dadurch keine (Teil-)Rechtsposition innerhalb der Gesellschaft inne. Daher besteht auch in einem solchen Fall kein abweichendes Gesellschaftsinteresse. Daran ändert selbst die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots mit dem Treugeber nichts. Denn auch diese Vereinbarung betrifft lediglich das schuldrechtliche Verhältnis des Treuhänders zum Treugeber. Einen Verstoß gegen das vertraglich vereinbarte Konkurrenzverbot und daraus abgeleitete Ansprüche könnte nur der Treugeber geltend machen (und nicht wie hier die GmbH).

3. Auch die (unentgeltliche) Überlassung von „Geschäftschancen“ kann gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen. Zumindest muss sich aber die Erwerbschance soweit verdichtet haben, dass ihr ein Marktwert zukommt, also ein Dritter für die Übertragung der „Geschäftschance“ ein Entgelt zahlen würde. Ist nicht einmal dieses Kriterium erfüllt, kann jedenfalls nicht von einem geschützten Vermögenswert der Gesellschaft gesprochen werden. Nicht ausreichend ist hingegen der bloße Umstand, dass die Gesellschaft im Hinblick auf die Erwerbschance bereits Aufwendungen getätigt hat, die nun frustriert sind. Die unzulässige Einlagenrückgewähr könnte in einem solchen Fall allenfalls in der Ersparnis dieser Aufwendungen durch den Gesellschafter liegen.

OGH 14. 9. 2021, 6 Ob 71/21s

Entscheidung

Kein Wettbewerbsverbot nach § 24 Abs 1 GmbHG

Unternehmensgegenstand der Kl ist ua Ankauf, Sanierung, Vermietung, Verpachtung und Verkauf von Liegenschaften samt allen damit verbundenen Tätigkeiten.

Der Erstbekl hielt 50 % der Geschäftsanteile an der Kl treuhändig für den Treugeber. Bereits bei Gründung der Kl hatte er mit diesem vereinbart, alle künftigen Projekte ausschließlich über die Kl, deren Tochtergesellschaften oder über andere Gesellschaften abzuwickeln, an denen er und der Treugeber beteiligt sind.

Das hier strittige Geschäft bestand im Ankauf einer Liegenschaft durch die Zweitbekl, deren Unternehmensgegenstand ebenfalls die Entwicklung und Veräußerung von Immobilien umfasst und deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Erstbekl war und ist ist.

Der Abschluss des strittigen Geschäfts erfolgte durch Unterzeichnung des finalen Kaufanbots am 26. 11. 2019. Erst ab 2. 12. 2019 war der (ehemalige) Treugeber selbst im Umfang von 50 % der Geschäftsanteile Gesellschafter der Kl. Der Erstbekl unterlag somit im Zeitpunkt des Ankaufs der Liegenschaft durch die Zweitbekl nicht dem Wettbewerbsverbot des § 24 Abs 1 GmbHG.

Kein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr

Im vorliegenden Fall waren zumindest zwei Unternehmen mit der Vermittlung des Verkaufs der Liegenschaft befasst, für die es auch dritte Interessenten gab. Zwar haben Mitarbeiter der Kl im Hinblick auf einen allfälligen Erwerb der Liegenschaft eine Due Dilligence-Prüfung durchgeführt. Dies ist aber nicht ausreichend, um von einer Erwerbschance zu sprechen, die sich in einer Weise verdichtet hat, dass ein Dritter für ihre Überlassung ein Entgelt zahlen würde. Letzteres könnte etwa dann in Erwägung gezogen werden, wenn der Erwerb der Liegenschaft durch die Kl derart aufbereitet und die Verhandlungen derart fortgeschritten gewesen wären, dass der Verkäufer mit hoher Wahrscheinlichkeit nur an die Kl oder einen geeigneten, von dieser namhaft gemachten Erwerber dieser „Geschäftschance“ veräußert hätte. Dafür bestehen aber nach dem bescheinigten Sachverhalt keine Anhaltspunkte. Schon deshalb lag somit kein geschützter Vermögenswert der Gesellschaft vor.

Aus einem Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr kann die Kl daher ihre Ansprüche nicht ableiten.

Kein Verstoß gegen § 1 UWG

Schon mangels bescheinigten Rechtsbruchs durch Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot des § 24 Abs 1 GmbHG oder das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 82 GmbHG) bestehen auch die darauf gestützten Ansprüche der Kl nach § 1 UWG nicht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31723 vom 22.11.2021