News

Wettbewerbsverhältnis zw Vermieter von Gemeindewohnungen und Online-Plattform für Touristenunterkünfte

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

UWG: § 14

Die klagende Stadt vermietet Gemeindewohnungen an sozial bedürftige Personen. Die beklagte ausländische Kapitalgesellschaft betreibt eine weltweit abrufbare Online-Plattform zur Vermittlung von Touristenunterkünften. Unter anderem bieten auch Mieter der Kl – unter Verletzung des Untermietverbots – ihre Wohnungen über die Plattform der Bekl an. Strittig war ua, ob zwischen den PArteien ein Wettbewerbsverhältnis besteht.

Gemäß § 14 Abs 1 UWG kann in den Fällen der §§ 1, 1a, 2, 2a, 3, 9c und 10 der Anspruch auf Unterlassung ua von jedem Unternehmer, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt (Mitbewerber) geltend gemacht werden. Es genügt zur Begründung einer Mitbewerbereigenschaft, wenn sich der Kundenkreis auch nur zum Teil oder lediglich vorübergehend überschneidet oder sich bei Vorbereitungswettbewerbshandlungen künftig überschneiden wird. Ein Wettbewerbsverhältnis kann nach stRsp auch erst durch die beanstandete Handlung selbst begründet werden („Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis“). Dafür genügt es, dass sich der Verletzer in irgendeiner Weise zum Betroffenen in Wettbewerb stellt. Für ein Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis müssen die Parteien nicht einmal in derselben Branche tätig sein.

Im vorleigenden Fall ist Vorliegen eines Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Streitteilen zu bejahen: Der mögliche Wettbewerb zwischen den Streitteilen ergibt sich schon daraus, dass die unzulässigen Untervermietungen der Wohnungen der Kl durch die Bekl, bzw durch deren Mitwirkung, die Neuvermietungen von Wohnungen durch die Kl zu behindern geeignet sind, weil Mieter der Kl, die mit der Bekl in Geschäftsbeziehung stehen, die Mietverhältnisse mit der Kl allenfalls nur zwecks Untervermietung aufrecht erhalten, anstatt die Mietverträge mangels Eigenbedarfs aufzukündigen.

OGH 22. 11. 2022, 4 Ob 33/22i

Sachverhalt

Die klagende Stadt verfügt über ca 1.800 Gemeindebauten mit rund 220.000 Wohnungen, die sie an einkommensschwächere, wohnungsbedürftige Personen vermietet, und denen sie eine Untervermietung bzw eine gänzliche und teilweise entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung des Mietgegenstands an Dritte untersagt.

Die beklagte Gesellschaft nach irischem Recht ist Teil eines in den USA ansässigen Konzerns und betreibt eine weltweit abrufbare Online-Plattform, auf der – gegen Entrichtung einer Gebühr – „Gastgeber“, das sind Personen, die über zu vermietende Unterkünfte verfügen, und „Gäste“, also Personen, die solche Unterkünfte suchen, (ausschließlich) befristete Verträge zur Nutzung dieser Unterkünfte abschließen können. Auf der Online-Plattform sind die Standorte der Wohnungen nur ungefähr, aber nicht deren genaue Adressen angezeigt. Die „Gastgeber“ können auch Alias-Namen verwenden.

Die Kl begehrte von der Bekl ua die Unterlassung dieser Praktiken (gestützt auf ihr Eigentumsrecht und auf Lauterkeitsrecht) und Rechnungslegung.

Entscheidung

Lauterkeitsrechtliche Ansprüche unberechtigt

Die lauterkeitsrechtlichen Ansprüche sind inhaltlich nicht berechtigt, weil die von der Kl behauptete Vorweg-Informationspflicht über die notwendigen Buchungsinformationen wie ungefähre Lage, Ausstattung und Preis hinaus (nämlich über die exakte Adresse der Unterkunft, den genauen Namen des Gastgebers und das Untermietverbot) im konkreten Fall nicht besteht:

§ 2 Abs 6 Z 2 UWG bestimmt bei einer Aufforderung an Verbraucher zum Kauf folgende Informationen als wesentlich iSd Abs 4, sofern sich diese Informationen nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben: Name und geographische Anschrift des Unternehmens und gegebenenfalls des Unternehmens, für das gehandelt wird.

Ausweislich des Wortlauts des § 2 Abs 6 Z 2 UWG gilt die Verpflichtung nicht für Verbraucher. Somit sind auf Vermittlungsplattformen nur gewerbliche Anbieter, nicht jedoch Privatpersonen von der Verpflichtung umfasst (Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG2 § 2 Rz 534).

Da sich die Plattform der Bekl in erster Linie (und im konkreten Fall der Mieter der Kl wohl ausschließlich) an private Gastgeber wendet, fallen diese (ebenso wie die beklagte Vermittlerin) nicht in die Informationspflicht nach § 2 Abs 6 Z 2 UWG. Es ist aber zu prüfen, ob ein Vorenthalten wesentlicher Informationen iSd oben zitierten allgemeinen Bestimmung des § 2 Abs 4 Z 1 UWG vorliegt.

Den Interessen der Gäste, die genauen Daten der Gastgeber zu erfahren, wird durch deren Bekanntgabe anlässlich der Buchung ausreichend Rechnung getragen. Damit sind sie (anders als nach dem Sachverhalt, der der in der Revision angesprochenen Entscheidung 4 Ob 32/20i, RdW 2020/485, zugrunde lag) in die Lage versetzt, allfällige Ansprüche gegen die Gastgeber verfolgen zu können. Die Interessenabwägung bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Information über die vollständigen Namen und exakten Adressen der Gastgeber bereits vor der Buchung schlägt daher zugunsten der Gastgeber und folglich auch zugunsten der Bekl aus, ohne dass noch darauf eingegangen werden muss, ob die behauptete Lauterkeitsrechtsverletzung überhaupt das Kriterium der Spürbarkeit erfüllt.

Die von der Kl beanstandete fehlende Angabe des Bestehens eines (vertraglichen) Untervermietverbots auf der Internetseite der Bekl würde den von ihr einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab überspannen (vgl auch 4 Ob 32/20i zur Frage der Gewerbeberechtigung der vermittelten Verkäufer), weil die Nutzungsbedingungen der Bekl ohnehin die Bestimmung enthalten, dass die Gastgeber keine Unterkunft anbieten dürfen, die nicht in ihrem Eigentum steht oder für die sie keine Genehmigung haben, sie zu Wohn- oder sonstigen Zwecken über die Plattform der Bekl anzubieten. Da die Gäste grundsätzlich davon ausgehen können, dass die Gastgeber den für sie geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen entsprechen und auch eine Verletzung des vertraglichen Untervermietverbots die Wirksamkeit des Beherbergungsvertrags zwischen Gastgeber und Gast unberührt lässt, ist die Information darüber nicht als wesentliche Information zu qualifizieren.

Soweit sich die Kl auf Ausbeutungs- und Behinderungsmissbrauch iSv § 1 UWG und auf § 5 KartG stützt, ist das diesbezügliche Vorbringen nicht mit ihrem Begehren zu Punkt 2. in Einklang zu bringen. Punkt 1. desselben ist aufgrund des Anerkenntnisses der Bekl gegenstandslos.

Die auf das UWG gestützten Ansprüche bestehen daher – ungeachtet des zu bejahenden Wettbewerbsverhältnisses – nicht zu Recht. Dies führt zur Abweisung des Unterlassungsbegehrens zu Punkt 2. sowie des Urteilsveröffentlichungsbegehrens zu Punkt 6., nicht aber des Rechnungslegungs- und Zahlungsbegehrens (Punkt 3. und 5.).

Rechnungslegungs- und Zahlungsbegehren

Die Kl stützt diese Ansprüche nicht nur auf § 16 UWG, sondern auch auf § 1041 ABGB. Die Bekl habe unbefugt einen Vermögensvorteil daraus gezogen, dass sie die Inserate der Mieter in den beiden festgestellten Fällen nicht sofort nach Kenntnis der Rechtswidrigkeit gelöscht bzw die Nutzer gesperrt habe. Der Vermögensvorteil liege in der Servicegebühr, die von der Bekl eingehoben werde. Die Wohnungen der Kl seien ohne Rechtsgrund zugunsten der Bekl, nämlich in der Form der eingehobenen Servicegebühr, verwendet worden. Dem Gläubiger eines Verwendungsanspruchs stehe gegen den Bereicherten analog § 1039 ABGB ein Rechnungslegungsanspruch zu.

Im vorliegenden Fall findet die Vermögenszuwendung weder im Valuta-, noch im Deckungsverhältnis eine Rechtfertigung, hat doch weder die Bekl einen Anspruch gegen den „Gastgeber“ auf Lukrierung von Einnahmen aus der unzulässigen Vermietung von Wohnungen der Kl, noch der „Gastgeber“ einen Anspruch gegen die Kl auf Untervermietung. Auch hat sich die Kl durch die Vermietung der Wohnungen (mit vereinbartem Untervermiet-/Weitergabeverbot) nicht vorbehaltlos ihres Vermögens begeben (vgl Lurger in ABGB-ON1. 02 § 1041 Rz 17). Im Übrigen hat die Bekl den Anspruch der Kl auf Unterlassung der Verbreitung von Angeboten zur (Unter-)Vermietung von (ihr bekannten) Wohnungen der Kl (wegen des unberechtigten Eingriffs in das Eigentum der Kl) anerkannt. Von einer Rechtfertigung der Vermögensverschiebung kann daher hier auch deswegen keine Rede sein. Die Wohnungen der Kl werden vielmehr ohne Rechtsgrund zum Nutzen der Bekl verwendet, sodass der geltend gemachte Verwendungsanspruch dem Grunde nach zu Recht besteht.

Dem Gläubiger eines Verwendungsanspruchs steht gegen den Bereicherten analog § 1039 ABGB ein Rechnungslegungsanspruch zu (Meissel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1041 Rz 19 mwN).

Über das Zahlungsbegehren wird das ErstG – nach erfolgter Rechnungslegung – mit Endurteil zu entscheiden haben.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33419 vom 19.12.2022