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(Wiener) Gemeinnützige Stiftung – Kollisionskurator

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 277

Ungeachtet der Aufhebung des § 646 ABGB (durch das ErbRÄG 2015, BGBl I 2015/87) und der Neuregelung der Stiftungen im Bundesstiftungs- und Fondsgesetz 2015 (BStFG) und (hier) Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz (WLStFG) ist daran festzuhalten, dass die Unterordnung der Stiftungen unter die Aufsicht der Staatsgewalt und die Regelung des Stiftungswesens nach öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten eine gleichzeitige pflegschaftsgerichtliche Oberaufsicht und damit auch die Bestellung eines Kollisionskurators für die Stiftung selbst ausschließen (vgl 8 Ob 327/65). Dies gilt insb dann, wenn es um verwaltungsbehördliche Verfahren betreffend die Stiftung geht, die die Änderung ihrer Satzung betreffen. Eine Oberaufsicht des Pflegschaftsgerichts über die Aufsichtstätigkeit der Stiftungsbehörde (mit im Übrigen unklarer Abgrenzung der Aufgaben eines Stiftungskommissärs im Verhältnis zu einem vom Gericht bestellten Kollisionskurator) würde dem Grundsatz der strikten Trennung von Justiz und Verwaltung (Art 94 B-VG) widersprechen.

OGH 20. 9. 2022, 5 Ob 94/22t

Entscheidung

Für die angeregte Befassung des VfGH besteht kein Anlass. Konstellationen, in denen ein staatliches Organ im Rahmen der Privatwirtschaft auftritt, das im Rahmen der Hoheitsverwaltung zu einer Entscheidung berufen ist, sind in der österreichischen Rechtsordnung anerkannt, dies verstößt nach der Rsp des VfGH weder gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen Art 6 Abs 1 EMRK unter der Voraussetzung, dass es eine nachprüfende verwaltungsgerichtliche Kontrolle gibt (VfGH 10. 3. 1988, AZ B 874/87 mwN). Dies ist hier der Fall.

Ob es in der gegebenen Konstellation wahrscheinlich ist, dass die als Stiftungsverwalter bestellten Organe der Aufsichtsbehörde gegen eine bescheidmäßig genehmigte Satzungsänderung vorgehen, ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Jedermann – so auch dem Antragsteller – steht die rechtliche Möglichkeit zu, durch Anbringen im Verwaltungsverfahren eine Kollision aufzuzeigen und etwa eine Bestellung eines Stiftungskommissärs von Amts wegen durch die Stiftungsaufsichtsbehörde anzuregen (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 1 mwN). Eine Antragstellung an den VfGH zur Überprüfung der Bestimmungen der §§ 13 bis 15 BStFG bzw §§ 10 und 13 WLStFG hält der Senat für nicht erforderlich.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33194 vom 24.10.2022