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Wirtschaftstreuhänder – ausländische Verurteilung

Bearbeiter: Barbara Tuma

WTBG 2017: § 8, § 9, § 111

Der Revisionswerber bekämpft den Widerruf der Berechtigung zur selbstständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufs Steuerberater (samt vorläufiger Untersagung der Berufsausübung), die auf das Fehlen der erforderlichen besonderen Vertrauenswürdigkeit gestützt wurde, nachdem der Revisionswerber von einem deutschen Strafgericht rk wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war (§ 111 Abs 1 iVm § 8 Abs 1 Z 2 und § 9 Z 1 lit c und Z 2 WTBG). Vor dem VwGH strittig ist, ob § 9 Z 1 WTBG mit seinem insoweit offenen Wortlaut (arg: „von einem Gericht“) einschränkend dahin auszulegen sei, dass ausschließlich strafrechtliche Verurteilungen durch inländische Gerichte zu berücksichtigen sind. Für eine solche einschränkende Auslegung ergeben sich jedoch keine Hinweise – weder aus der historischen Genese dieser Regelung noch aus den jeweiligen Gesetzesmaterialien. Für eine Einbeziehung auch ausländischer Verurteilungen spricht hingegen - neben dem offenen Wortlaut -, dass die Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufs (wie im Übrigen jede Art von Treuhandschaft) besonderes Vertrauen in eine korrekte, gesetzeskonforme Ausübung des Berufs bzw der Treuhandschaft voraussetzt. Bei der Beurteilung einer möglichen Gefährdung der ordnungsgemäßen Berufsausübung steht die jeweils konkrete Tathandlung im Vordergrund und nicht, ob die Verurteilung durch ein inländisches oder ausländisches Gericht erfolgte (vgl bereits VwGH 14. 9. 2001, 2000/02/0090, ZfV 2002/1731). Aus § 13 Abs 1 GewO 1994 (der hinsichtlich der Gewerbeausschlussgründe ausdrücklich die Einbeziehung von vergleichbaren im Ausland verwirklichten Tatbeständen anordnet) lassen sich angesichts des spezifischen rechtlichen Hintergrunds dieser Regelung keine Rückschlüsse für die Auslegung des § 9 WTBG 2017 ziehen.

Ebenso verwirft der VwGH das Argument, dass die ausländische Verurteilung mit einer inländischen Verurteilung nicht vergleichbar sei, weil die Tat nach österreichischem Recht nicht gerichtlich strafbar sei. Anders als § 13 Abs 1 GewO 1994 verlangt § 9 WTBG 2017 keine Prüfung der Vergleichbarkeit. Hinzu kommt, dass sich die Regelungstechnik des § 9 WTBG 2017 von jener des § 13 Abs 1 GewO 1994 grundlegend unterscheidet: § 13 Abs 1 GewO 1994 nennt konkrete Straftatbestände nennt (zB betrügerische Krida [§ 156 StGB]), § 9 WTBG 2017 hingegen enthält eine abstraktere Umschreibung der einschlägigen Tathandlungen (zB gerichtliche Verurteilung „wegen eines Finanzvergehens“). Dieser Unterschied spricht ebenfalls dagegen, die Rsp zu § 13 Abs 1 GewO 1994 und ihre Vorgabe zur Prüfung der Vergleichbarkeit auf § 9 WTBG 2017 zu übertragen.

VwGH 23. 2. 2023, Ra 2019/04/0114

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34000 vom 08.05.2023