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Zahlungen iZm vorzeitiger Kündigung bei Mindestbindungsfristen können zur Umsatzsteuerpflicht führen!

Bearbeiter: Christina Pollak

MwStSyst-RL: Art 2 Abs 1 lit c

Abstract

Der EuGH beschäftigte sich in diesem Urteil mit der Frage, ob Zahlungen, die ein Kunde aufgrund einer vorzeitigen Kündigung trotz Mindestbindungsfrist leisten muss, umsatzsteuerbar und -pflichtig sind. Der EuGH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, nach der Entschädigungszahlungen bei einer vorzeitigen Kündigung der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.

EuGH 11. 6. 2020, C-43/19, Vodafone Portugal

Sachverhalt

Vodafone, ein portugiesischer Unternehmer für Telekommunikation, schließt mit seinen Kunden Verträge mit einer Mindestbindungsfrist ab. Bei Nichteinhaltung dieser Mindestbindungsfrist durch die Kunden haben die Kunden eine Entschädigungsleistung zu zahlen. Der Betrag der Entschädigungsleistung ist gesetzlich geregelt. Die Entschädigungsleistung ist eine Einzelberechnung und berechnet sich basierend auf den an die Kunden gewährten Vorteilen, für die Vodafone zum Zeitpunkt der vorzeitigen Kündigung noch keine Entschädigung erhalten hat. Die Kosten, die Vodafone bei der Inbetriebnahme entstanden sind, dürfen jedoch nicht überschritten werden.

Die Entschädigungsleistungen wurden von Vodafone ursprünglich in die Umsatzsteuererklärung aufgenommen, jedoch erhob Vodafone anschließend Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid und vertrat die Ansicht, dass die Entschädigungszahlungen nicht in die Bemessungsgrundlage einfließen müssten.

Entscheidung des EuGH

Mit seinen Vorlagefragen befragte das portugiesische Gericht den EuGH, ob die an Vodafone gezahlten Entschädigungsleistungen bei einem verfrühten Vertragsrücktritt durch den Kunden als Vergütung für die Erbringung einer entgeltlichen Dienstleistung im Sinne des Art 2 Abs 1 lit c MWStSystRL zu qualifizieren sind.

In diesem Fall besteht ein Rechtsverhältnis zwischen Vodafone und seinen Kunden, in dessen Rahmen Leistungen ausgetauscht werden. Der im Umsatzsteuerrecht notwendige unmittelbare Zusammenhang zwischen der Erbringung einer Dienstleistung und dem Erhalt des Gegenwertes ist bereits dadurch gegeben, dass Vodafone die Kunden in die Lage versetzt, die Leistungen in Anspruch nehmen zu können.

Einerseits verpflichtet sich Vodafone zur Erbringung der Dienstleistungen und andererseits verpflichten sich die Kunden zur Zahlung der monatlichen Rate oder bei frühzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses zur Zahlung einer Entschädigungszahlung. Durch die Entschädigungszahlung erhält Vodafone einen Teil der Kosten, zu dessen Zahlung sich der Kunde beim Vertragsschluss verpflichtet hat. Die Beträge sind somit als Teil des Preises der Dienstleistungen anzusehen. Unerheblich ist, dass die Berechnungsmethode gesetzlich verankert ist, weil die Zahlung im Zuge eines Rechtsverhältnisses erfolgt, in dem zwei Leistungen ausgetauscht werden.

Die zu leistende Zahlung bei vorzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses ist als integraler Bestandteil des Preises zu betrachten und somit Teil der Bemessungsgrundlage.

Conclusio

Der EuGH kommt in diesem Urteil zu dem Ergebnis, dass Zahlungen durch Kunden bei einer vorzeitigen Kündigung von Verträgen, für die eine Mindestbindungsfrist besteht, ein Teil des Leistungsaustausches zwischen Kunden und Unternehmer sind. Aus diesem Grund müssen Unternehmer solche Zahlungen in die Bemessungsgrundlage aufnehmen und der Umsatzsteuer unterwerfen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29449 vom 28.07.2020