Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der RdW erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
IO: § 141, § 158, § 193, § 194
In Bezug auf einen Sanierungsplan ist gem § 141 Abs 2 Z 2 IO schon die Antragstellung unzulässig, wenn der Schuldner nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wegen betrügerischer Krida rechtskräftig verurteilt worden ist; weiters sieht § 158 IO vor, dass eine rk Verurteilung des Schuldners wegen betrügerischer Krida innerhalb von zwei Jahren nach der Bestätigung des Sanierungsplans den Nachlass und die sonstigen Begünstigungen des Schuldners aufhebt (ohne dass die Gläubiger ihre Rechte aus dem Sanierungsplan gegenüber dem Schuldner oder dritten Personen verlieren) und das Insolvenzgericht die Nichtigkeit festzustellen hat.
Für die Beantragung eines Zahlungsplans – bzw nach hA für den Zahlungsplan allgemein – gelten gem § 193 Abs 1 Satz 2 IO die Bestimmungen über den Sanierungsplan, „soweit nichts anderes angeordnet ist“. Im vorliegenden Fall stellt der OGH in diesem Zusammenhang klar:
- | Die Unzulässigkeit eines Antrags auf Annahme eines Zahlungsplans ist in § 194 Abs 2 IO geregelt und enthält keinen vergleichbaren Ausschlussgrund wie § 141 IO iZm einer vorliegenden rk Verurteilung wegen betrügerischer Krida. Das Vorliegen einer Verurteilung nach § 156 StGB (Betrügerische Krida) stellt somit e silentio § 194 Abs 2 IO kein Hindernis für die Stellung eines Zahlungsplanantrags dar. Diese Ansicht wird soweit ersichtlich nunmehr einhellig auch in der Lit vertreten; an ihr ist festzuhalten. |
- | Hinsichtlich einer etwaigen Nichtigkeit eines angenommenen Zahlungsplans enthält § 196 Abs 2 IO zwar eine Regelung für einen bestimmten Fall (Nichtzahlung der Masseforderungen), lässt jedoch nach Ansicht des OGH nicht erkennen, dass diese Regelung eine „andere Anordnung“ iSd § 193 Abs 1 Satz 2 IO darstellen und deshalb der Nichtigkeitsgrund des § 158 IO (nachträgliche rk Verurteilung wegen betrügerischer Krida) nicht zur Anwendung gelangen sollte. Der Senat schließt sich damit jenen Lehrmeinungen an, nach denen § 158 IO im Wege des § 193 Abs 1 Satz 2 IO auch im Zahlungsplanverfahren gilt. Dass im Zahlungsplanverfahren eine bereits vorliegende Verurteilung wegen § 156 StGB die Stellung eines Zahlungsplanantrags nicht hindert, eine nachträgliche solche Verurteilung demgegenüber die Nichtigkeit des Zahlungsplans zur Folge hat, stellt keinen Wertungswiderspruch dar. |
Ausgangsverfahren
Nach Bestätigung des Zahlungsplans und Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens wurde der Schuldner rk wegen betrügerischer Krida nach § 156 Abs 1 StGB zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt. Gestützt auf jenen Lehrmeinungen, nach denen § 158 IO über § 193 Abs 1 Satz 2 IO auch für den Zahlungsplan gilt, sprach das ErstG daraufhin mit Beschluss aus, dass der Zahlungsplan nichtig ist.
Das RekursG hob diese Entscheidung mit dem angefochtenen Beschluss ersatzlos auf. Es schloss sich dabei der „neuen Meinung“ von G. Kodek (Privatkonkurs 2 Rz 430) an, wonach § 158 IO auf den Zahlungsplan nicht anzuwenden ist; danach sei es nicht einzusehen, warum zwar eine bereits erfolgte Verurteilung dem Abschluss eines Zahlungsplans nicht entgegenstehe, eine nachträgliche Verurteilung ihn aber zwingend vernichte.
Der Revisionsrekurs war wegen des Fehlens höchstgerichtlicher Judikatur zur Anwendung von § 158 IO auf den Zahlungsplan zulässig und auch berechtigt. Der angefochtene Beschluss wurde vom OGH aufgehoben und der Beschluss des ErstG wiederhergestellt.
Entscheidung
Revisionsrekurs – Beschwer
Die rechtliche Betroffenheit der Revisionsrekurswerberin ist aufgrund ihrer Gläubigerstellung offenkundig. Dass sie durch die zweitinstanzliche Entscheidung nicht beschwert sei, kann schon deshalb nicht daraus abgeleitet werden, dass sie dem Zahlungsplan zugestimmt hat, weil die strafgerichtliche Verurteilung des Schuldners wegen betrügerischer Krida erst nach der Zahlungsplantagsatzung erfolgte. Dass in der Zahlungsplantagsatzung eine strafgerichtliche Verurteilung des Schuldners bereits im Raum stand, ändert daran nichts (schon aufgrund der Unschuldsvermutung des § 8 StPO).
Zahlungsplan – betrügerische Krida
Nach § 193 Abs 1 Satz 2 IO gelten für den Zahlungsplanantrag die Bestimmungen über den Sanierungsplan, „soweit nichts anderes angeordnet ist“. § 193 Abs 1 Satz 2 IO wird allgemein dahin verstanden, dass die Bestimmungen über den Sanierungsplan nicht nur für den Antrag auf den Abschluss eines Zahlungsplans gelten, sondern – über den Wortlaut („hiefür“) hinausgehend – für das gesamte Zahlungsplanverfahren gelten, soweit in den §§ 193 ff IO „nicht anderes angeordnet ist“. Zur Entscheidung des vorliegenden Falls ist zu klären, ob § 196 Abs 2 IO (bzw auch § 194 Abs 2 IO) als „andere Anordnung“ iSd § 193 Abs 1 Satz 2 IO einer Heranziehung des § 158 IO im Zahlungsplanverfahren entgegensteht.
Nach der Rsp des Senats handelt es sich bei § 194 IO um eine „andere Anordnung“ iSd § 193 Abs 1 Satz 2 IO gegenüber den ähnlichen, jedoch nicht inhaltsgleichen Vorschriften in § 141 IO. Folglich gelangt § 141 IO beim Zahlungsplan nicht zur Anwendung (8 Ob 25/11a [Punk 5.2.] = ÖBA 2011/1733 [Kellner] = RdW 2011/429). Das Vorliegen einer Verurteilung nach § 156 StGB stellt e silentio § 194 Abs 2 IO somit kein Hindernis für die Stellung eines Zahlungsplanantrags dar (dies im Unterschied zu § 141 Abs 2 Z 2 IO beim Sanierungsplan).
Grundlegend anders stellt sich die Frage, ob es sich bei § 196 Abs 2 IO um eine „andere Anordnung“ handelt, die iSd § 193 Abs 1 Satz 2 IO die Vorschrift des § 158 IO ausschließt. Während § 194 Abs 2 IO offensichtlich das Pendant zu § 141 Abs 2 IO darstellt, somit eine „andere Anordnung“ iSd § 193 Abs 1 Satz 2 IO ist, kann dies von § 196 Abs 2 IO in Relation zu § 158 IO nicht gesagt werden. § 196 Abs 2 IO statuiert für einen bestimmten Fall (Nichtzahlung der Masseforderungen) die „Nichtigkeit des Zahlungsplans“, ohne erkennen zu lassen, dass dieser Fall eine „andere Anordnung“ darstellen und deshalb der Nichtigkeitsgrund des § 158 IO (nachträgliche Verurteilung wegen betrügerischer Krida) nicht zur Anwendung gelangen soll. Auch aus der (Teil-)Überschrift des § 196 IO „Nichtigkeit des Zahlungsplans“ kann nicht abgeleitet werden, dass es sich beim Nichtigkeitsgrund nach § 196 Abs 2 IO um den einzigen handeln soll.
Dass im Zahlungsplanverfahren eine bereits vorliegende Verurteilung wegen § 156 StGB die Stellung eines Zahlungsplanantrags nicht hindert, eine nachträgliche solche Verurteilung demgegenüber (aufgrund der über § 193 Abs 1 Satz 2 IO heranzuziehenden Vorschrift des § 158 IO) die Nichtigkeit (iSd § 158 IO) des Zahlungsplans zur Folge hat, stellt keinen Wertungswiderspruch dar:
Während eine bereits vorliegende Verurteilung von der Gläubigerschaft bei ihrer Entscheidung über den Zahlungsplan ins Kalkül gezogen werden kann, ist dies bei einem Strafurteil nicht möglich, das erst nach Annahme des Zahlungsplans ergeht. Es ist aber jener demokratische Entschluss der (doppelten) Gläubigermehrheit (Kopf- und Summenmehrheit), der es sachlich rechtfertigt, trotz einer Verurteilung wegen betrügerischer Krida (die den Interessen der Gläubiger massiv entgegensteht) dem Schuldner die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung zu gewähren. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen zur betrügerischen Krida im Abschöpfungsverfahren, nach denen eine bereits vorliegende Verurteilung der Einleitung des Verfahrens entgegensteht und – wenn nur ein Gläubiger dies beantragt – eine nachträgliche Verurteilung zur vorzeitigen Einstellung des Verfahrens führt. Dadurch wird sichergestellt, dass eine Restschuldbefreiung – abseits des besonderen Falls, dass die Gläubigerschaft sich trotz einer bereits vorliegenden Verurteilung wegen betrügerischer Krida für eine Restschuldbefreiung qua Zahlungsplan entschließt – nur dem redlichen Schuldner zuteil wird (vgl 8 Ob 135/12d [Punkt 2.1.] = EvBl 2013/87 [Posani] = RdW 2013/219; 8 Ob 83/19t [Punkt II.3.2.] = RdW 2020/166). Wenn es schon ohne Gläubigerzustimmung zu einer Restschuldbefreiung kommen soll, dann nicht noch unter solchen Bedingungen (so prägnant Posani in EvBl 2013/87).
Die für gerichtliche Verhandlungen im Haupt- und Rechtsmittelverfahren in § 12 Abs 1 StPO vorgesehene Öffentlichkeit ermöglicht, dass Verurteilungen wegen § 156 StGB den Gläubigern nicht verborgen bleiben. Solche Strafverfahren werden wohl auch von den Gläubigerschutzverbänden genau beobachtet. Es ist deshalb naheliegend, dass Gläubiger von einer bereits vorliegenden Verurteilung in der Zahlungsplantagsatzung wissen oder von einer nachträglichen Verurteilung oft innerhalb der zweijährigen Frist des § 158 IO Kenntnis erlangen. Aus dem Fehlen von Berichtspflichten kann nicht abgeleitet werden, das Gesetz nähme es in Kauf, dass im Falle einer erst nachträglichen Verurteilung wegen § 156 StGB der bereits angenommene Zahlungsplan wirksam sei.
Der Senat schließt sich daher jenen Lehrmeinungen an, nach denen § 158 IO im Wege des § 193 Abs 1 Satz 2 IO auch im Zahlungsplanverfahren gilt.