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Abstract
Der VwGH hatte zu entscheiden, ob beim Erwerb einer 100%igen Beteiligung sowie anschließender Kapitalerhöhung inkl eines Agios eine Übertragung von stillen Reserven auf das erhöhte Kapital und das Agio erfolgen kann. Da sich durch die Kapitalerhöhung und das Agio das Beteiligungsausmaß nicht änderte und keine Anschaffung von mehr als 10 % der Anteile an der Körperschaft erfolgte, untersagte der VwGH die Möglichkeit der Übertragung der stillen Reserven gem § 13 Abs 4 KStG.
VwGH 17. 11. 2022, Ra 2021/15/0053
Sachverhalt
Die Revisionswerberin (Rw), eine Privatstiftung nach § 1 Abs 2 PSG, veräußerte am 28. 3. 2008 100 % der Aktien an einer Gesellschaft um 11.169.687 € und übertrug die stillen Reserven aus der Veräußerung auf eine Rücklage gem § 13 Abs 4 KStG. Am 28. 1. 2009 erwarb sie 100 % der Anteile an der F-GmbH. Am selben Tag erfolgte eine Kapitalerhöhung von 35.000 € auf 1.000.000 € und es wurde ein Agio iHv 10.200.000 € zugesagt. Die Rw übertrug die Rücklage gem § 13 Abs 4 KStG auf die Anschaffungskosten inkl des Agios der F-GmbH.
Das Finanzamt (FA) erkannte die Übertragung der stillen Reserven auf das Agio nach einer erfolgten abgabenrechtlichen Prüfung nicht an. Begründend führte es aus, dass das Agio im Revisionsfall nicht geleistet worden sei, um im Zuge des Anteilserwerbs eine Wertdiskrepanz auszugleichen, sondern um eine bestehende, nicht werthaltige Tochtergesellschaft der Privatstiftung mit Kapital auszustatten. Des Weiteren sei das Agio in Form von Darlehen noch im selben Jahr wieder an die Rw zurückgeflossen. Gegen den vom FA erlassenen Körperschaftsteuerbescheid 2009 erhob die Rw Beschwerde, die vom Bundesfinanzgericht (BFG) als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend führte das BFG aus, dass stille Reserven grundsätzlich auf ein Agio übertragen werden können. Jedoch liege im Revisionsfall Missbrauch gem § 22 BAO vor, weil das Agio der F-GmbH nicht dauernd betrieblich gewidmet gewesen, sondern über diverse Darlehensvergaben innerhalb kürzester Zeit wieder an die Mutter zurückgeflossen sei. Einen wirtschaftlichen Grund für eine solche Konstruktion erkannte des BFG nicht. Gegen das Erkenntnis des BFG erhob die Rw außerordentliche Revision.
Entscheidung des VwGH
Der VwGH hält eingangs fest, dass er die Revision für zulässig erachtet, weil sich aus seiner bisherigen Rsp nicht ergibt, in welchen Fällen eine Übertragung stiller Reserven bei einer Kapitalerhöhung und der Zusage eines Agios zulässig ist.
Gem § 13 Abs 4 KStG können durch eine Veräußerung von Beteiligungen aufgedeckte stille Reserven auf eine innerhalb eines Jahres ab Veräußerung angeschaffte Beteiligung übertragen werden. Voraussetzung dafür ist, dass damit ein Anteil von mehr als 10 % an der Körperschaft erworben wird. Die Übertragung ist auch möglich, wenn eine Tochtergesellschaft durch eine Privatstiftung neu gegründet wird oder wenn eine Kapitalerhöhung erfolgt, durch die die Privatstiftung (zusätzlich) mind 10 % erwirbt. Der VwGH hält jedoch fest, dass Gesellschafterzuschüsse weitere Anschaffungskosten auf die Beteiligung darstellen, die nicht als Anschaffung einer Beteiligung zu werten sind (mVa König/Rief in FS Wiesner, 232). Dies ergibt sich dem VwGH zufolge bereits aus dem Zweck des § 13 Abs 4 KStG als Investitionsbegünstigung, die eine Ersatzanschaffung ermöglichen soll, jedoch nicht die Ausstattung von bereits bestehenden Tochtergesellschaften. Ein Erwerb neuer Beteiligungen ist bei Gesellschafterzuschüssen – unabhängig davon, ob sie im Jahr des Erwerbs oder später geleistet werden – nicht gegeben, weil sie nicht für die Anschaffung eines Anteiles gewährt werden, sondern um diese Beteiligung mit Kapital auszustatten.
Die Rw hat im Jahr 2009 eine 100 % Beteiligung an der F-GmbH erworben. In der Folge wurde eine Kapitalerhöhung inkl eines Agios durchgeführt, wodurch sich das Beteiligungsausmaß nicht änderte. Lt VwGH wurden somit keine neuen Anteile von über 10 % iSd § 13 Abs 4 KStG angeschafft, weshalb die Kapitalerhöhung nicht zu einer Übertragung stiller Reserven berechtigt. Da das Agio den neu ausgegebenen Anteilen zuzuordnen ist und im vorliegenden Fall zudem seine Ursache nicht im Ausgleich der Beiträge der verschiedenen Gesellschafter der Kapitalgesellschaft hat, kann dem VwGH zufolge auch keine Übertragung der stillen Reserven auf das Agio erfolgen. Die Revision wurde als unbegründet abgewiesen.
Conclusio
Der VwGH hält in seinem Erkenntnis fest, dass eine Übertragung von stillen Reserven auf eine Kapitalerhöhung inkl eines Agios nicht erfolgen kann, wenn sich durch die Kapitalerhöhung und das Agio das Beteiligungsausmaß nicht um mind 10 % geändert hat. Dies entspricht auch dem Ansinnen des Gesetzgebers, der durch § 13 Abs 4 KStG eine Investitionsbegünstigung herbeiführen wollte. Gem § 13 Abs 4 KStG besteht die Möglichkeit, stille Reserven aus der Veräußerung einer Beteiligung auf die Anschaffungskosten der Ersatzbeteiligung zu übertragen, was eine Investitionsbegünstigung darstellt (vgl dazu auch die Erläuterungen zu § 13 Abs 4, ErlRV 311 BlgNR 21. GP, 175 f). Die bloße Ausstattung von Tochtergesellschaften mit Kapital sollte dabei wohl nicht begünstigt werden. Ob die Gestaltung – wie vom BFG ausgeführt – missbräuchlich war, hat der VwGH nicht beurteilt.