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Zusammenhang zwischen Erwerb eines Baugrundstücks und Errichtung des Einfamilienhauses in der Grunderwerbsteuer

Bearbeiter: Franz Wallig

GrEStG: § 5

Abstract

Im vorliegenden Fall erwarb ein Ehepaar ein unbebautes Grundstück von einer Immobilienentwicklungsgesellschaft. Das Ehepaar holte von verschiedenen Unternehmen Angebote für den Bau eines Einfamilienhauses auf diesem Grundstück ein. Letztendlich entschied es sich aber dazu, auch das Haus von der Immobilienentwicklungsgesellschaft zu einem Fixpreis errichten zu lassen. Der VwGH hatte die Frage zu klären, ob die Kosten für die Errichtung des Hauses Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind.

VwGH 14. 5. 2024, Ra 2022/16/0087-0088.

Sachverhalt

Eine Immobilienentwicklungsgesellschaft (H-GmbH) plante im Jahr 2015 eine Liegenschaft zu kaufen und anschließend durch Realteilung in 16 Baugrundstücke aufzuteilen. Auf jedem dieser Baugrundstücke sollte ein Einfamilienhaus errichtet werden und die einzelnen Baugrundstücke sollten inklusive der Häuser an Interessenten veräußert werden. Die Mitbeteiligten (ein Ehepaar), die keine Nahebeziehung zur H-GmbH aufweisen, erwarben im Jahr 2015 eines dieser Baugrundstücke im Miteigentum. Sie nahmen jedoch vor der Planungsphase Kontakt mit der H-GmbH auf und erwarben ursprünglich nur den Liegenschaftsanteil, ohne an dem geplanten Gesamtkonzept teilzunehmen. Insbesondere bestand keine Verpflichtung der Mitbeteiligten, ein von der H-GmbH geplantes Haus auf dem Grundstück zu errichten. In der Folge beantragten die Mitbeteiligten selbst die Baugenehmigung und ließen sich von diversen Baufirmen Angebote für den Hausbau unterbreiten. Letztendlich entschlossen sie sich jedoch dazu, ein Angebot der H-GmbH anzunehmen, weil diese das aus Sicht der Mitbeteiligten beste Angebot legte. Im Jahr 2016 erteilten sie daher der H-GmbH den Auftrag, ein außenfertiges Haus zu einem Festpreis von EUR 203.000 brutto zu errichten. Die Mitbeteiligten berechneten die Grunderwerbsteuer für den Kauf des Grundstücks nur vom Kaufpreis des unbebauten Grundstücks. Das Finanzamt sah jedoch einen Zusammenhang zwischen dem Grundstückserwerb und dem Bau des Einfamilienhauses und erhöhte die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer um den Festpreis für die Errichtung des Hauses. Das BFG schloss sich hingegen der Meinung der Beschwerdeführer an und berechnete die Grunderwerbsteuer lediglich vom Kaufpreis für das Grundstück.

Entscheidung des VwGH

Ein bebautes Grundstück ist Gegenstand eines der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorganges, selbst wenn die Verträge zwar nicht durch den Willen der Parteien rechtlich verknüpft sind, zwischen den Verträgen jedoch ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhält (VwGH 6. 11. 2022, 99/16/0204 mwN). Sollen auf einem Grundstück, das Gegenstand eines Erwerbsvorganges ist, Baumaßnahmen – etwa die Errichtung von Gebäuden oder die Sanierung vorhandener Gebäude – durchgeführt werden, sind die Baukosten Teil der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer, wenn der Erwerber nicht als Bauherr anzusehen ist. Ein Käufer ist nur dann als Bauherr anzusehen, wenn er auf die bauliche Gestaltung des Hauses Einfluss nehmen kann, das Baurisiko zu tragen hat und das finanzielle Risiko tragen muss. Diese Kriterien müssen nach stRsp kumulativ vorliegen (siehe bspw VwGH 13. 12. 2023, Ro 2021/16/0006; 30. 1. 2014, 2013/16/0078).

Das BFG ging bei der Ermittlung der Gegenleistung noch davon aus, dass der Wille der mitbeteiligten Parteien auf Erwerb des unbebauten Grundstücks ausschlaggebend für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung ist. Da keine Verpflichtung und kein Druck zur Errichtung eines Hauses durch die H-GmbH bestanden, sei kein finaler Zusammenhang gegeben. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist für das Bestehen eines inneren Zusammenhangs jedoch weder eine Verpflichtung zum Vertragsabschluss noch eine Ausübung von Druck auf den Käufer notwendig. Auch der zeitlichen Abfolge kommt keine Bedeutung zu (siehe VwGH 20. 12. 2023, Ra 2023/16/0033; 30. 1. 2014, 2013/16/0078; 6. 11. 2002, 99/16/0204). Ob die Baukosten Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind, hängt ausschließlich davon ab, ob den Mitbeteiligten Bauherreneigenschaft zukommt. Dies kommt schon aufgrund des Fixpreises von EUR 203.000 für den Bau des Hauses nicht in Betracht, weil die Mitbeteiligten das Risiko einer möglichen Preissteigerung nicht tragen mussten. Daher fehlt das nach der stRsp des VwGH wesentlichste Merkmal der Tragung des finanziellen Risikos und die Bauherreneigenschaft war nicht gegeben. Die Baukosten waren daher Teil der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.

Conclusio

Durch die vorliegende Entscheidung erweitert der VwGH seine stRsp zur Bemessungsgrundlage der GrESt. Für den finalen Zusammenhang zwischen dem Kauf des unbebauten Grundstücks und der Errichtung des Gebäudes stellt der VwGH nun rein auf die tatsächliche Vertragsgestaltung ohne Berücksichtigung der Absicht der Vertragsparteien ab. In der bisherigen Rsp hatte der VwGH noch als Beispiel angeführt, dass ein finaler Zusammenhang jedenfalls besteht, wenn der Käufer durch das Vertragsgeflecht rechtlich oder faktisch an die Errichtung eines bestimmten Gebäudes durch den Verkäufer gebunden ist (siehe bspw VwGH 30. 9. 2004, 2004/16/0081; 24.2. 2005, 2004/16/0210). Das Kriterium der Bindung des Käufers an die Bauausführung durch den Verkäufer sieht der VwGH aber nun nicht mehr als relevant für das Bestehen eines finalen Zusammenhangs. Demnach ist ein finaler Zusammenhang für Zwecke der Grunderwerbsteuer immer dann zu bejahen, wenn der Kauf des Grundstücks und die Errichtung des Gebäudes beim selben Vertragspartner in Auftrag gegeben werden. Hätten die Mitbeteiligten die Errichtung des Gebäudes bei einem Dritten ohne Nahebeziehung zum Verkäufer des Grundstücks beauftragt, wäre der finale Zusammenhang aber wohl zu verneinen gewesen (siehe dazu Schaffer/Siller, in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG [2017] § 5 Rz 180 mwN). Sobald der finale Zusammenhang bejaht wird, sind die Errichtungskosten eines Gebäudes nur dann nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer aufzunehmen, wenn die Käufer als Bauherren auftreten. Die Bauherreneigenschaft war aber im konkreten Fall nicht gegeben.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35867 vom 17.09.2024