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Zusammenschluss: Kartellrechtliche Nicht-Untersagung unter Auflagen

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

KartG 2005: § 7, § 9, §§ 11 ff, § 17, § 49

Die Antragsgegnerin wurde 2004 gegründet und betreibt eine Reihe von Diensten der Digitalwirtschaft. Dazu gehören ua das soziale Netzwerk „Facebook“ und der dazugehörige Instant-Messaging-Dienst „Messenger“, die Video- und Foto-Sharing-Plattform „Instagram“ und der Instant-Messaging- und Voice-Over-Internet-Protokoll-Dienst „WhatsApp“. Die Durchführung eines Zusammenschlusses (Beteiligungsgrad von über 50 % und beherrschender Einfluss) mit einem Zielunternehmen, das eine digitale Bibliothek und Suchmaschine betreibt (insb für GIFs und Sticker), wurde vom Kartellgericht unter bestimmtern Auflagen nicht untersagt, was vom OGH nicht beanstandet wurde. Die Argumente betr Unwirksamkeit der Auflagen wurden vom OGH ua ebenso verworfen wie die behaupteten rechtlichen Feststellungsmängel betreffend die Marktabgrenzung. Da im vorliegenden Fall ein Prüfungsantrag gestellt wurde, kommt das Durchführungsverbot des § 17 KartG 2005 zur Anwendung: Der Zusammenschluss darf nicht vor dem Vorliegen der rk Freigabeentscheidungen aller zuständigen Wettbewerbsbehörden und nicht anders als mit den kartellgerichtlichen Auflagen durchgeführt werden.

OGH als KOG 23. 6. 2022, 16 Ok 3/22k (16 Ok 4/22g)

Sachverhalt

Die Antragsteller beantragten die Prüfung des Zusammenschlusses gem §§ 11 ff KartG 2005. Es bestehe die Gefahr, dass die Antragsgegnerin durch den Zusammenschluss ihre marktbeherrschende Stellung ausbaue und konkurrierende Online-Plattformen von einer Kommunikations- und Werbetechnologie mit zunehmender wirtschaftlicher Bedeutung – den GIFs des Zielunternehmens – abschotte.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 2. 2. 2022 sprach das ErstG aus, der angemeldete Zusammenschluss werde unter bestimmten Auflagen nicht untersagt. Rechtlich bejahte das ErstG die Qualifikation des Erwerbsvorgangs als Zusammenschluss iSd § 7 Abs 1 Z 3 KartG 2005 und die Anmeldebedürftigkeit gem § 9 Abs 4 KartG 2005. Da die Umsatzschwellen des Art 1 Abs 2 lit b und Abs 3 lit d VO (EG) 139/2004 (EG-FusionskontrollVO; FKVO) nach den Feststellungen nicht erreicht seien, falle der Zusammenschluss nicht in den Anwendungsbereich der FKVO. Der Zusammenschluss bedürfe zwar nicht nach § 9 Abs 1 KartG 2005, wohl aber nach § 9 Abs 4 KartG 2005 der Anmeldung.

Der OGH als Kartellobergericht bestätigte diese Entscheidung.

Entscheidung

Die Überprüfungsbefugnis des KOG gem § 49 Abs 3 KartG 2005 geht im vorliegenden Fall nicht so weit, die Schlüsse des Sachverständigen aus den Ergebnissen des Markttests anhand der im Rekurs herausgegriffenen Erhebungsergebnisse zu überprüfen.

Nach § 12 Abs 3 KartG kann das KartellG – wie im vorliegenden Fall – die Nicht-Untersagung eines Zusammenschlusses mit entsprechenden Auflagen verbinden.

Im vorliegenden Fall, in dem ein Prüfungsantrag gestellt wurde, kommt das Durchführungsverbot des § 17 KartG 2005 zur Anwendung: Bis zur Einstellung des Prüfungsverfahrens oder zur rk Entscheidung darüber darf der Zusammenschluss nicht durchgeführt werden. Ab dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, mit dem die Durchführung mit Auflagen nicht untersagt wird, darf die Durchführung nur unter Einhaltung der Auflagen stattfinden.

Die angefochtene Entscheidung bietet auch keine Grundlage für die in den Rekursen vertretene Rechtsansicht, der gegenständliche Zusammenschluss dürfe zu irgendeinem Zeitpunkt – etwa vor den rk Freigabeentscheidungen aller zuständigen Wettbewerbsbehörden – anders als mit den kartellgerichtlichen Auflagen durchgeführt werden.

Soweit in den Rekursen die Befürchtung geäußert wird, die Antragsgegnerin könnte faktisch gegen das Durchführungsverbot verstoßen, wird damit keine unrichtige rechtliche Beurteilung durch das ErstG dargetan. Verstöße gegen das Durchführungsverbot ziehen vielmehr die Konsequenzen des § 26 KartG 2005 (vgl nur Vartian/Schuhmacher in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG² § 26 Rz 9) oder § 29 Abs 1 lit a KartG 2005 nach sich.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32780 vom 08.07.2022