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Zustellung von Erledigungen im Verfahren über die Erstattung von Vorsteuern an ausländische Unternehmer

Bearbeiter: Andreas Ullmann

ErstattungsVO: § 3

B-VG: Art 8 Abs 1

Abstract

Der VwGH beschäftigt sich erstmals mit der Frage, ob Erledigungen im Rahmen der Vorsteuererstattung dem Antragssteller in dessen Landessprache zugestellt werden müssen. Außerdem trifft er Aussagen zur Wirksamkeit der Zustellung über das elektronische Portal des Ansässigkeitsstaates.

VwGH 25. 06. 2020, Ra 2019/15/0026

Sachverhalt

Die Bf ist eine in Litauen ansässige Gesellschaft, die im internationalen Gütertransport tätig ist. Im Zuge der Vorsteuererstattung für in anderen EU-Mitgliedsstaaten ansässige Unternehmer erhob die BF Beschwerde gegen einen Bescheid des Finanzamts Graz-Stadt. Am 9. September 2016 versandte das Finanzamt eine abweisende Beschwerdevorentscheidung an die Bf elektronisch über das Portal ihres Ansässigkeitsstaates. Nachdem die Bf am 19. Oktober 2016 bekannt gab, die Beschwerdevorentscheidung noch nicht erhalten zu haben, übermittelte das Finanzamt diese nochmals per Fax. Am 7. November 2016 brachte die, nunmehr vertretene, Bf einen Vorlageantrag ein. Das BFG wies die Beschwerde als verspätet zurück. Daraufhin erhob die Bf außerordentliche Revision mit der Begründung sämtliche Bescheide seien ihr auf Deutsch zugestellt worden und es fehle Rechtsprechung dazu, ob Erledigungen im Rahmen der Vorsteuererstattung in die Landessprache des Antragsstellers übersetzt werden müssen.

Entscheidung des VwGH

Das Verfahren über die Erstattung von Vorsteuern an ausländische Unternehmer ist durch VO des BMF geregelt (ErstattungsVO BGBl 279/1995 idgF). Die Bestimmungen für Erstattungen an Unternehmer, die in anderen EU-Mitgliedsstaaten ansässig sind, basieren auf der MwSt-Erstattungs-RL 2008/9/EG.

Laut Art 12 MwSt-Erstattungs-RL obliegt es dem Erstattungsstaat die Sprache festzulegen, in der das Erstattungsverfahren zu führen ist. Da hier weder die ErstattungsVO noch das UStG oder die BAO ausdrücklich eine Regelung treffen, ist nach Ansicht des VwGH auf die Vorschrift zur Amtssprache in Art 8 Abs 1 B-VG abzustellen. Das Verfahren ist deshalb auf Deutsch zu führen.

Die Zustellung der Bescheide an die Bf ohne Übersetzung in deren Landessprache war somit zulässig. Des Weiteren prüfte der VwGH, ob die Beschwerdevorentscheidung der Bf wirksam zugegangen ist.

Den Antrag auf Erstattung von Vorsteuern muss ein in der EU ansässiger Unternehmer über das elektronische Portal seines Ansässigkeitsstaates einreichen (Art 7 MwSt-Erstattungs-RL). Der Ansässigkeitsstaat leitet den Antrag, nach Durchführung einer Vorprüfung, an den Erstattungsstaat weiter. Nach Übermittlung des Erstattungsantrags durch den Ansässigkeitsstaat kommuniziert die Steuerverwaltung im Erstattungsstaat direkt mit dem Antragssteller. Die MwSt-Erstattungs-RL legt hierzu nur fest, dass die Kommunikation elektronisch erfolgen muss. Darunter ist auch die Kommunikation per E-Mail zu subsumieren.

Gem § 3 Abs 3 ErstattungsVO kann das Finanzamt Bescheide im Erstattungsverfahren wahlweise über das Portal des Ansässigkeitsstaates oder per E-Mail zustellen. Im Falle der Zustellung per E-Mail bestimmen §§ 3 Abs 3 iVm 3 Abs 1 letzter Satz ErstattungsVO, dass der Bescheid bereits durch das Absenden des E-Mails als rechtsgültig zugestellt gilt. Eine derartige Vermutung gibt es bei der Zustellung über das Portal des Ansässigkeitsstaates nicht. Die Zustellung von an das Portal übermittelten Entscheidungen obliegt dem Ansässigkeitsstaat. Auf welche Art und in welchem Zeitraum die Entscheidung dem Antragsteller tatsächlich zugeht, hängt von den Gegebenheiten im Ansässigkeitsstaat ab. Nach Ansicht des VwGH ist die Versendung an das Portal des Ansässigkeitsstaates daher nicht zwingend mit der Zustellung des Bescheides gleichzusetzen.

Das BFG stützte die Zurückweisung im vorliegenden Fall darauf, dass das Finanzamt die Beschwerdevorentscheidung an das Portal des Ansässigkeitsstaates verschickt hatte. Feststellungen zur anschließenden Zustellung durch den Ansässigkeitsstaat enthielt das Erkenntnis jedoch nicht, weshalb es der VwGH aufhob.

Conclusio

Das Vorsteuer-Erstattungsverfahren ist auf Deutsch zu führen. Erledigungen sind daher nicht in die Landessprache des Antragstellers zu übersetzen.

Im Falle einer Zustellung über das elektronische Portal des Ansässigkeitsstaates des Antragstellers gibt es keine Vermutung, dass eine Erledigung bereits durch Übermittlung an das Portal als rechtswirksam zugestellt gilt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30053 vom 04.12.2020