Steuerrecht

Verrechnungspreise bei Finanzierungstransaktionen

Mag. Iris Burgstaller

Grenzen und Schwierigkeiten des Fremdvergleichsgrundsatzes am Beispiel von Immobilienfinanzierungen

Seitens der OECD wurden in der Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions zu Beginn des Jahres 2020 erstmalig Aussagen zur Fremdüblichkeit von Finanztransaktionen getroffen. Hier sollen vor diesem Hintergrund einige Aspekte iZm Gesellschafterdarlehen im Immobilienkonzern aufgezeigt werden.

1. Grenzen des Fremdvergleichsgrundsatzes bei Finanzierungstransaktionen

Bei kaum einem anderen konzerninternen Transaktionstyp stößt der Fremdverhaltensgrundsatz so rasch an seine Grenzen wie bei konzerninternen Finanzierungen. Ebenso verhält es sich mit der Konsensfähigkeit dieses Themenbereiches - die Diskussionen innerhalb der Working Party 6 im Vorfeld und rund um den OECD Discussion Draft on Financial Transactions1 waren lang und kontrovers. Nicht zuletzt die Frage, ob die steuerliche Einstufung von Gesellschafterdarlehen als Eigen- oder Fremdkapital unter Art 9 und damit den Fremdverhaltensgrundsatz fällt, war Gegenstand von Diskussionen, da viele Staaten lokale Debt-Equity-Ratios oder sonstige Limitierungen steuerlich abzugsfähiger Zinsen vorsehen.2

Die am 11. 2. 2020 veröffentlichte OECD Guidance on Financial Transactions3 diskutiert erstmalig viele Aspekte der konzerninternen Finanzierung im Rahmen von Kompromisslösungen4 und wurde als neues Kapitel X der OECD-Verrechnungspreisleitlinien zu Finanztransaktionen sowie teilweise in Kapitel I ergänzt. Diese Ergänzung ist höchst willkommen und lässt - insb verglichen mit den im Discussion Draft erwähnten denkbaren und abgefragten Regelungen - jede Menge Spielraum für Steuerpflichtige und Steuerbehörden.

Eine solche Bandbreite an Ansätzen sowie in der Folge auch möglichen Ergebnissen resultiert zwangsläufig daraus, dass im Zusammenhang mit der konzerninternen Gewährung von Darlehen in manchen Fällen von der Anwendung eines "limitierten" anstelle des "vollständigen" Fremdvergleichs5 auszugehen ist. Beim "limitierten" Fremdvergleich gilt es hiernach zu beantworten, wie fremde Dritte in der Situation gehandelt hätten und welche Bedingungen vereinbart worden wären. Hierbei ergibt sich branchen- und einzelfallbezogen immer ein Spielraum:

- Accurate Delineation und realistic options available: Die OECD Transfer Pricing Guidance begegnet dem Thema des limitierten Fremdvergleichs mit zwei ganz zentralen Konzepten:
  • Accurate Delineation: Die richtige Ableitung der zugrunde liegenden Transaktion und deren korrekte Funktions- und Risikoanalyse für eine korrekte Analyse der fünf Vergleichbarkeitsfaktoren ist in der Guidance ein zentrales Thema.6 Grundsätzlich kommen die traditionellen Vergleichbarkeitsfaktoren - Vertragsbedingungen, Funktions- und Risikoanalyse, Charakteristika der Finanzierungstransaktion, Marktgegebenheiten sowie Geschäftsstrategien - auch hier zur Anwendung. Die wesentlichen Auswirkungen hieraus für die Verrechnungspreispraxis: Eine bloße (Routine-)Servicefunktion rund um konzerninterne Finanzierungstransaktionen ist auf Basis von Cost Plus zu vergüten. Kapital ohne Übernahme von "risk taking functions" gebührt lediglich eine Verzinsung in Höhe einer risikolosen Rendite.
  • Realistic options available: Die realistischen Handlungsalternativen sind für alle beteiligten konzerninternen Parteien genau zu prüfen. Für den Darlehensgeber bspw ist zu hinterfragen, welche alternativen Veranlagungsformen be-

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    stehen und in welcher Höhe und zu welchen Bedingungen er die Mittel einsetzen könnte.7 Für den Darlehensnehmer gilt zu prüfen, ob die erhaltene konzerninterne Finanzierung tatsächlich die kostengünstigste Variante im Rahmen des Geschäftsmodells darstellt oder ob aufgrund von verfügbaren Sicherheiten eine andere (externe) Finanzierung nicht Vorteile bringen würde.8
- Reichweite notwendiger Anpassungen des Fremdverhaltensgrundsatzes bei Finanzierungen: Nur beispielhaft sei ein Grundproblem in diesem Zusammenhang angeführt: Die Besicherung eines Darlehens ist fremdüblich, jedoch konzernunüblich. Wesentlicher Hintergrund der Notwendigkeit einer "accurate delineation" von Finanzierungstransaktionen dürfte daher sein, zu hinterfragen, ob die getroffenen konzerninternen Vereinbarungen nicht in wirtschaftlicher Hinsicht umzuqualifizieren sind, bspw in besicherte Darlehen. Gleiches gilt für den Fall, dass uU das lokale Zivilrecht Gesellschafterdarlehen generell nachrangig gegenüber sonstigen Verbindlichkeiten einer Gesellschaft stellt. Auch hier ist nach der OECD Transfer Pricing Guidance einzelfallbezogen zu beurteilen, ob diese Nachrangigkeit im Rahmen eines "vollständigen" Fremdvergleichs für die Vergleichsanalyse herangezogen werden darf oder im Rahmen eines "limitierten" Fremdvergleichs vernachlässigt werden muss.

2. Praktische Anwendung der OECD Transfer Pricing Guidance zur Ermittlung fremdüblicher Zinsen

2.1. Analyse auf Ebene des Darlehensnehmers

Bei konzerninternen Finanzierungen wird grundsätzlich die Preisvergleichsmethode (Comparable Uncontrolled Price Method "CUP") im Zusammenhang mit Verrechnungspreisfragen angewendet.9

Beim internen Preisvergleich wird hierzu der konzerninterne Zinssatz unter Heranziehung eines zeitnahen, von einer externen Bank an die Konzerngesellschaft gewährten, vergleichbaren Darlehens abgeleitet. Laut der OECD Transfer Pricing Guidance10 kann unter der Voraussetzung der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit auch ein externes Darlehen an eine andere Konzerngesellschaft für den internen Preisvergleich herangezogen werden. Gebühren - wie zB Comittment Fees, Bearbeitungsgebühren, Agency Fees etc - seitens externer Kapitalgeber sind für den internen Preisvergleich nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern wie andere konzerninterne Transaktionen daraufhin zu untersuchen, ob diese angesichts der Funktionen und Risken des konzerninternen Kapitalgebers ebenfalls in vergleichbarer Weise anzusetzen sind.11

Sofern kein interner Preisvergleich möglich ist, kann ein externer Preisvergleich vorgenommen werden. Infrage kommen sowohl Daten aus vergleichbaren Darlehensvergaben als auch Daten aus verfügbaren realistischen Finanzierungsalternativen wie der Emission von Unternehmensanleihen.12 Alle diese Daten sind idR über Datenbanken verfügbar. Hierbei sind idR die spezifischen Charakteristika der konzerninternen Finanzierung wie Laufzeit, Liquidität, Währung sowie Besicherung zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die hohe Transparenz auf den Kapitalmärkten und die - anders als bei manchen anderen konzerninternen Transaktionen - regelmäßig verfügbaren Details bezüglich externer Finanzierungstransaktionen, wie insb die konkreten Konditionen und wirtschaftlichen Umstände (Bonität, Laufzeit, Währung, Vergabedatum, Gebühren etc), hat die Preisvergleichsmethode hohe Relevanz in der Verrechnungspreispraxis bei konzerninterner Finanzierung

2.1.1. Beurteilung der Bonität des Darlehensnehmers

Für die Bonitätsbeurteilung kann entweder auf verfügbare Ratings von externen Ratingagenturen des Darlehensnehmers oder auf Ratingtools13 oder branchenspezifische oder kennzahlenbasierte Ratingansätze14 zurückgegriffen werden.

Hinsichtlich der Beurteilung der Bonität ist die grundsätzliche Frage, ob auf das Stand-alone-Rating des Darlehensnehmers oder auf das Konzernrating abzustellen ist. Im Rahmen der Diskussionen der Working Party 6 war die Verwendung des Konzernratings als Vereinfachung für die Verrechnungspreispraxis gedacht. In die OECD Verrechnungspreisleitlinien wurde nunmehr aber aufgenommen, dass grundsätzlich vom Stand-alone-Rating auszugehen und dieses um den "implicit support" uU bis zum Konzernrating nach oben zu korrigieren ist. Dies ist allerdings mE nur dann der Fall, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass der going concern des Darlehensnehmers aufgrund seiner Relevanz seitens der Muttergesellschaft jedenfalls aufrechterhalten wird.

2.2. Analyse auf Ebene des Darlehensgebers

Auch auf Ebene des Darlehensgebers kommt grundsätzlich in einem ersten Schritt die Anwendung der Preisvergleichsmethode infrage, wobei hierfür alternative Veranlagungsmöglichkeiten des Darlehensgebers herangezogen werden.


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Sofern hierfür keine Daten verfügbar sind, kommt nachrangig auch die Cost of Funds-Methode15 infrage. Die zugrunde liegenden Refinanzierungskosten werden wie folgt berechnet:

(direkte) Finanzierungskosten des Darlehensgebers

+Kosten der Aufnahme des Refinanzierungskapitals (zB Committment Fees, einmalige Bearbeitungsgebühren, Emissionskosten etc)
+laufende Kosten und Gebühren der Refinanzierung (zB laufende [Bearbeitungs-]Gebühren)
+Risikoprämie (Aufschlag für die spezifischen Risken des Darlehens, zB Laufzeitunterschiede, Sicherheiten etc)
+Gewinnaufschlag (berücksichtigt ua auch die Eigenkapitalkosten des Darlehensgebers)
=Verrechnungspreis

Eine wesentliche Einschränkung dieses Ansatzes erfolgt durch die realistischen Handlungsalternativen des Darlehensnehmers: Sofern der Darlehensnehmer Kapital zu günstigeren Konditionen aufnehmen könnte, wird ein Verrechnungspreis auf Basis des Cost of Funds-Ansatzes idR nicht fremdüblich sein.16

3. Beispiel Immobilienfinanzierungen

Unternehmen, die in Immobilien investieren, bedienen sich, anders als viele andere Industriekonzerne, häufig nachrangiger Darlehen. Häufig bestehen auf Ebene von Immobilienbesitzgesellschaften ("PropCo") (vorrangige) Darlehen gegenüber externen Banken, auf Ebene von Konzernobergesellschaften oder Holdinggesellschaften ("HoldCo") in manchen Fällen auch (Mezzanin-)Darlehen, Genussrechte oder Anleiheverbindlichkeiten gegenüber sonstigen externen Investoren und Kapitalgebern.

3.1. Typische Struktur und Waterfall

Die typische Finanzierungstruktur im Immobilienkonzern sieht wie folgt aus:

Eine Property Company (PropCo) hält Immobilien in ihrem Portfolio. Zur Finanzierung eben dieser bedient sie sich eines externen Bankdarlehens, welches vorrangig vergeben wird. Typische Finanzierungsbedingungen dieses Darlehens sind idR die Besicherung durch Eintragung im Grundbuch sowie zusätzliche Covenants wie ICR oder LTV von bis zu 60 %. Zusätzlich bedient sich die PropCo eines konzerninternen Gesellschafterdarlehens von der Holding Company (HoldCo), das idR nachrangig und unbesichert gestellt wird. Dieses Darlehen ist uU mittels einer auf Ebene der Konzernobergesellschaft begebenen Genussrechts oder einer Anleihe refinanziert.

Im Folgenden sollen die typischen Überlegungen hinsichtlich einer fremdüblichen Verzinsung des internen Darlehens kurz dargestellt werden.

3.2. Interner Preisvergleich auf Ebene des Darlehensnehmers

Auf Ebene des Darlehensnehmers liegen aufgrund der externen Bankfinanzierung Daten für einen internen Preisvergleich vor.

Inwieweit der Zinssatz der externen Bankfinanzierung für das konzerninterne Darlehen heranzuziehen ist oder nicht doch zumindest um einen Risikoaufschlag zu erhöhen ist, hängt idR von den folgenden Faktoren ab:

3.2.1. Ertragsrisiko und Bestandsrisiko

Das spezifische Risiko iZm der Immobilie kann eine höhere Verzinsung für das nachrangige Gesellschafterdarlehen rechtfertigen.

Beispiele hierfür sind:

-Der Wert des Grundstücks bzw der Immobilie sinkt nachhaltig - zB aufgrund nachhaltig geänderten Konsumentenverhaltens aufgrund der COVID-19-Krise - unter den Einstandspreis ab. Dies kann zur Folge haben, dass das unbesicherte nachrangige Gesellschafterdarlehen nicht getilgt werden kann und es zum Verlust der eingesetzten Gelder kommt.
-Die tatsächlichen Mieteinnahmen des Darlehensnehmers fallen geringer aus als anfangs geplant oder es kommt zu einem nachhaltigen Ausfall von Mieteinnahmen, sodass das konzerninterne Darlehen nicht mehr bedient werden kann. Für den externen vorrangigen Kapitalgeber bleibt eventuell noch die Verwertung der materiellen Substanz.

Folgende Aspekte sind daher für den jeweiligen Fall zu erheben:


Ertragsrisiko
Positiv Negativ
Hoher Vermietungsstand (belegte Fläche/Gesamtfläche der Immobilie) möglichst langfristiger Art, niedrige LeerstandsquoteNiedriger Vermietungsstand, überdurchschnittliche Leerstandsquote
Geordnete Strukturen der Mieter, niedrige FluktuationVielzahl kleinteiliger Vermietungen in Risiko-Branchen, unsicherer Mieteingang
Ankermieter bei gewerblich genutzten ImmobilienAbhängigkeit von Einzelmieter mit niedriger Bonität ohne essenziellen Bedarf


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Ertragsrisiko
Positiv Negativ
Sichere Nachfrage-Prognose, unproblematische zeitnahe Neuvermietung im Falle einer Kündigung, damit verbundene Erhöhung des MietzinsesUnsicherheit einer (zeitnahen) Anschlussvermietung


Substanzrisiko
Positiv Negativ
Hohe Wirtschaftskraft (Nachfrage und Kaufkraft) des StandortsStrukturschwacher Standort mit niedriger Wirtschaftskraft
Gute InfrastrukturUngenügende Verkehrsanbindung
Zentrale Lage in innerstädtischen BezirkenRandlage, abgelegene Bezirke
Einwandfreie BausubstanzAngejahrte Bausubstanz, hohe Instandhaltungsrückstände
Große Grundstücksfläche, realisierbare Bau­rechteKeine anderweitige Entwicklungsmöglichkeit für das Grundstück, Unrentabilität

3.2.2. Nachrangigkeit

Inwieweit bei konzerninternen Finanzierungen die Nachrangigkeit bei der Ermittlung des fremdüblichen Zinssatzes berücksichtigt werden kann, ist nach wie vor strittig. Ua ist hierzu gerade ein Verfahren beim BFH anhängig.17

Laut den aktuellen österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien ist idR der besicherte Sollzinssatz einer externen Bank die Obergrenze für den konzerninternen Zinssatz.18 Dies steht allerdings unter der Annahme, dass aus Sicht des Konzerns bzw des Darlehensgebers - anders als bei einer Kommerzbank - die Sicherung der Liquidität und die Optimierung der Mittel im Vordergrund steht.

Im Rahmen der "accurate delineation" der Transaktion wird die Geschäftsstrategie sowie die Analyse der Refinanzierungsmöglichkeiten idR zentrales Thema sein. Häufig wird diese Analyse ergeben, dass im Immobilienkonzern die Finanzierung innerhalb des Konzerns ein wesentliches Element der Kerngeschäftsstrategie darstellt und somit nicht von einer bloßen Liquiditätssteuerung durch Finanzierung auszugehen ist. Gerade in der Immobilienbranche ist zudem eine Refinanzierung über Nachrangdarlehen oder Mezzaninkapital branchenüblich und kommt regelmäßig als realistische Handlungsalternative zur konzerninternen Finanzierung infrage. Diese Instrumente sind ebenfalls nur nachrangig besichert und das entsprechende Risiko wird durch einen höheren Zinssatz vergütet.19

Die von manchen Autoren20 vertretene pauschale Annahme, dass eine fehlende Besicherung und/oder Nachrangigkeit nicht durch eine höhere Verzinsung kompensiert werden kann, ist gerade für Finanzierungen in der Immobilienbranche nicht in dieser Allgemeinheit zutreffend. Eine bestehende Nachrangigkeit bei Gesellschafterdarlehen an PropCos kann sehr wohl vergleichbar mit externen Kapitalgebern einzupreisen sein, sofern eine solche Finanzierung eine realistische Alternative für die PropCo oder die HoldCo ist.21 Diese Vorfrage gilt es im Rahmen der Analyse herauszuarbeiten.

Bei dieser Analyse sind auch die in externen vorrangigen Darlehensverträgen häufig vereinbarten Covenants zu prüfen. Der Zweck von Covenants in einem Darlehensvertrag besteht im Allgemeinen darin, dem Darlehensgeber ein gewisses Maß an Schutz zu bieten und so sein Risiko zu begrenzen.22 Relevant sind hier insb Maintenance Covenants, die sich idR auf finanzielle Indikatoren beziehen, die während der Laufzeit des Darlehens in regelmäßigen, vorher festgelegten Abständen erfüllt bzw eingehalten werden müssen. Maintenance Covenants sorgen dafür, dass der Gläubiger Einsicht in finanzwirtschaftliche Kennzahlen erhält, die ausschlaggebend für die Bewertung seines Risikos und die vereinbarten Konditionen sind, zB die Zinsdeckung, die Eigenkapitalquote oder das Verhältnis des Cashflows zum Schuldendienst. Sofern im Rahmen der konzerninternen Finanzierung keine vergleichbaren Covenants explizit oder implizit vorliegen und die wesentlichen finanzwirtschaftlichen Kennzahlen der konzerninternen Finanzierung schlechter sind als jene des externen Gläubigers, geht der konzerninterne Darlehensgeber ein höheres Risiko ein, das somit auch einen über den Bankenzinssatz hinausgehenden Zinssatz rechtfertigt. Für den Fall, dass ein Darlehen allerdings trotz vorrangiger Finanzierung noch (teilweise) besicherbar gewesen wäre, jedoch ohne Besicherung vergeben wurde, darf dieser Verzicht auf die Besicherung nicht zu einer Erhöhung des Zinssatzes führen.

Hinsichtlich der Nachrangigkeit erwähnt die Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions auch, dass die in manchen Ländern im Insolvenzrecht verankerte Nachrangigkeit berücksichtigt werden muss, da diese die Position der Parteien beeinflussen kann.23 Dies entspricht auch der gängigen Meinung, wonach eine gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Bestimmung des fremdüblichen Zinssatzes ist.24


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3.2.3. Konzernrückhalt und Implicit Support

Im Rahmen der "accurate delineation" wird auch zu thematisieren sein, welche strategische Relevanz der jeweiligen Immobilienbesitzgesellschaft innerhalb der Gruppe zukommt und welcher Grad an Konzernrückhalt anzunehmen ist. Von Konzernrückhalt wird grundsätzlich bei Vorliegen einer faktischen Besicherung ausgegangen, da die Muttergesellschaft auf die Schuldnerin Einfluss nehmen kann und für die Darlehenssumme einstehen wird. Fehlende ausdrückliche Sicherheiten führen daher nicht per se zur Annahme von steuerlichem Eigenkapital. Andererseits führt der Konzernrückhalt allerdings auch nicht zu einer immerwährenden Besicherung.25 In Deutschland sind zu diesem Themenbereich aktuell mehrere Verfahren vor dem BFH anhängig.26 In einem Urteil vom 27. 2. 2019 hat der BFH den Konzernrückhalt gegenüber vorhergehenden Urteilen27 wesentlich eingeschränkt, wobei hier allerdings die Frage der Möglichkeit einer Teilwertabschreibung von konzerninternen Forderungen im Vordergrund stand. In dieser Entscheidung hat der BFH festgehalten, dass allein in der Möglichkeit der Einflussnahme durch den beherrschenden Gesellschafter auf den Darlehensnehmer keine fremdübliche (werthaltige) Besicherung des Rückzahlungsanspruchs im Sinne einer aktiven Einstandsverpflichtung gesehen werden kann.28

Die wesentlichen Fragen zur Beurteilung des Implicit Support sind idR:29

-Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Tochtergesellschaft verkauft wird?
-Welche Bedeutung hat die Tochtergesellschaft für die Strategie der Unternehmensgruppe?
-Ist die Tochtergesellschaft stark verbunden mit der Reputation der Unternehmensgruppe, deren Namen, Marken oder Risikomanagement?
-Trägt die Tochtergesellschaft wirtschaftlich zu einem signifikanten Anteil der Unternehmensgruppe bei?

Im Fall einer Single-Asset PropCo innerhalb einer Gruppe mit einem diversifizierten Immobilienportfolio wird wohl viel für eine geringe strategische Relevanz sprechen, sodass auch der Implicit Support der Konzernobergesellschaft für diese Gesellschaft als eher gering einzuschätzen sein wird.

Im Rahmen der Bonitätsanalyse wird sich das Rating idR am Stand-alone-Rating der Gesellschaft orientieren können.

3.3. Externer Preisvergleich auf Ebene des Darlehensnehmers

Sofern die Analyse der Transaktion ergibt, dass entweder ein Risikoaufschlag auf den Zinssatz der vorrangigen Bank zu berücksichtigen ist oder der interne Preisvergleich gänzlich mangels Vergleichbarkeit scheitert, erfolgt idR ein externer Preisvergleich. Bei diesem ist die Bonität der konkreten zu prüfenden Transaktion wesentliches Element.

Die OECD Transfer Pricing Guidance führt explizit an, dass in Ermangelung öffentlich verfügbarer Ratings der jeweiligen Gesellschaft auch auf Softwaretools oder selbst erstellte Rating- oder Scoringmodelle zurückgegriffen werden kann.30 Branchenspezifisch kann ein Rating für eine PropCo bzw ein Finanzierungsinstrument bspw durch Kennzahlen wie den Loan to Value (LTV), also die Maßzahl für die Verschuldung der Immobilie bzw den Verschuldungsgrad auf Objektebene, ermittelt werden. Auch Dritte greifen auf diese Kennzahlen zurück, um eine Ratingabschätzung vorzunehmen. Ein niedriger LTV stellt ein geringes Verlustrisiko des Darlehensgebers dar, ein hoher LTV ein erhöhtes Kreditausfallrisiko. Als Immobilienwert sollte jedenfalls ein aktueller extern ermittelter Marktwert - allenfalls neben dem Buchwert der Immobilie - herangezogen werden. Im Rahmen dieser LTV-Ermittlung werden idR sowohl die vorrangigen Darlehen als auch die nachrangigen konzerninternen Finanzierungsmittel herangezogen.

Als zusätzlicher Schritt kann auch die Interest Coverage Ratio als Quotient aus EBITDA und Zinsaufwand berechnet und hieraus eine Ratingabschätzung abgeleitet werden. Aus dem LTV und der ICR kann das Rating der jeweiligen Transaktion abgeleitet werden und in der Folge bei der Suche nach vergleichbaren Finanzierungstransaktionen, zB Unternehmensanleihen, verwendet werden.

Sofern im Hinblick auf die Vorverschuldung von einer De-facto-Besicherung auszugehen ist, kann diese Bonität in der Folge im Rahmen einer Suchstrategie für besicherte Unternehmensanleihen herangezogen werden, um so externe Vergleichswerte zu ermitteln. Sofern das Darlehen aber völlig unbesichert und nachrangig gewährt wurde, kann zusätzlich ein Aufschlag für die Nachrangigkeit eingepreist werden.31

3.4. Cost of Funds-Ansatz auf Ebene des Darlehensgebers

Neben den Überlegungen zur Anwendung der Preisvergleichsmethode sollte auch die Cost of Funds-Methode zur Bestimmung


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des Fremdvergleichspreises aus Sicht des Darlehensgebers herangezogen werden.32 UU sind die effektiven Kosten der Refinanzierung auf Ebene der Konzernobergesellschaft höher als jene der externen Finanzierung auf PropCo-Ebene (insb falls Anleihen begeben wurden oder Mezzaninkapital aufgenommen wurde). In diesem Fall sind die realistischerweise verfügbaren Handlungsalternativen des Kreditnehmers zu berücksichtigen, daher kommt dieser Methode vor allem bei durchgeleiteten Finanzierungen Relevanz zu. In diesem Fall werden idR die Kosten der Dienstleistungsfunktion "eingepreist" - entweder als eingerechneter Aufschlag auf den Zinssatz oder separat als Dienstleistung, aber regelmäßig auf Basis von Cost Plus, sofern die Gesellschaft nicht auch eine "risk taking function" übernimmt.

4. Fazit

Die Finanzierung in grenzüberschreitend tätigen Konzernen ist seit Langem ein Brennpunkt in der internationalen Steuerdiskussion. Durch die Einarbeitung der seitens der OECD erarbeiteten Grundsätze zu Finanzierungstransaktionen in einem neuen Kapitel X der Verrechnungspreisleitlinien wurden viele Bereiche erstmalig geregelt, allerdings bleibt noch jede Menge Spielraum, wie der jeweilige Einzelfall aus Verrechnungspreissicht zu beurteilen ist. Dies zeigt nicht zuletzt das Beispiel der Finanzierung im Immobilienkonzern sowie das Thema des Konzernrückhalts. Eine detaillierte Analyse auf Ebene aller beteiligten Konzerngesellschaften, inklusive deren realistischer Handlungsalternativen, sowie die "accurate delineation" der zu prüfenden Finanztransaktion und vergleichbarer Markttransaktionen gehören nunmehr zur "State-of-the-art"-Dokumentation und erhöhen den Dokumentationsaufwand wesentlich.

1

OECD (2018), Discussion Draft on Financial Transactions (OECD, Paris, 3. 7. 2018), http://www.oecd.org/tax/oecd-releases-beps-discussion-draft-on-the-transfer-pricing-aspects-of-financial-transactions.htm Dieser wurde als "non-consensus" discussion draft in Begutachtung geschickt.


2

Einige Staaten wollten dementsprechend auch Konflikten, bei denen es zu einer Doppelbesteuerung wegen unterschiedlicher Einstufungen des steuerlich abzugsfähigen Fremdkapitals kommt, den Zugang zu Streitbeilegungsverfahren verwehren. Da in Österreich keine gesetzlichen Thin Capitalisation Rules bestehen, ist dies auch seit vielen Jahren aus österreichischer steuerlicher Sicht besonders relevant. Vgl nur EAS-Auskunft des BMF 2380 vom 11. 11. 2003, EAS-Auskunft des BMF 2452 vom 26. 4. 2004; EAS-Auskunft des BMF 2224 vom 11. 2. 2003.


3

OECD (2020), Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions: Inclusive Framework on BEPS Actions 4, 8-10 (OECD, Paris, 11. 2. 2020).


4

Vgl nur das Thema der Abgrenzung von Fremd- zu Eigenkapital im Rahmen der OECD Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions 10.9: "Accordingly, this guidance is not intended to prevent countries from implementing approaches to address the balance of debt and equity funding of an entity and interest deductibility under domestic legislation, nor does it seek to mandate accurate delineation under Chapter I as the only approach for determining whether purported debt should be respected as debt."


5

Greil/Wargowske, Aktuelles zum Fremdvergleichsgrundsatz, Linde Digital, ISR 2020, 171.


6

"Accurate delineation" kommt in der OECD Transfer Pricing Guidance allein über 40 Mal vor. Rosar, OECD veröffentlicht neues Kapitel X der OECD-Verrechnungspreisleitlinien zu Finanztransaktionen, tpi 2/2020, 49.


7

OECD Transfer Pricing Guidance 10.53: "The lender’s perspective in the decision of whether to make a loan, how much to lend, and on what terms, will involve evaluation of various factors relating to the borrower, wider economic factors affecting both the borrower and the lender, and other options realistically available to the lender for the use of the funds."


8

OECD Transfer Pricing Guidance 10.58: "Borrowers seek to optimise their weighted average cost of capital and to have the right funding available to meet both short-term needs and long-term objectives. When considering the options realistically available to it, an independent business seeking funding operating in its own commercial interests will seek the most cost effective solution, with regard to the business strategy it has adopted."


9

OECD (2020), Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions C.1.2.1. Rz 10.90.


10

OECD (2020), Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions C.1.2.1. Rz 10.92.


11

OECD (2020), Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions C.1.2.2. Rz 10.96.


12

OECD (2020), Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions C.1.2.1. Rz 10.90 und 10.91.


13

ZB RiskCalc von Moody Analytics, Private Company Analytics von Refinitiv Eikon Datenbank etc.


14

ZB Black Scholes Model für Optionen, Altman-Z-Score etc.


15

OECD (2020), Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions C.1.2.3. Rz 10.97.


16

OECD (2020), Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions C.1.2.3. Rz 10.99.


17

Zur Frage, inwieweit die Nachrangigkeit eines Gesellschafterdarlehens als Konzernrückhalt unbeachtlich ist, ist gerade ein Verfahren vor dem BFH anhängig; FG Köln 29. 6. 2017, 10 K 771/16.


18

BMF (2010), Verrechnungspreisrichtlinien VPR 2010, BMF-010221/2522-IV/4/2010, Rz 89.


19

Siehe zB Information der FMA zu Nachrangdarlehen (August 2019), https://www.fma.gv.at/publikationen/allgemeine-fma-publikationen/


20

Wacker, Ausfall grenzüberschreitender Konzerndarlehen - Neuorientierung der BFH-Rechtsprechung, FR 2019, 449-456.


21

Vgl Kahlenberg/Kempelmann/Rieck, Kehrtwende des BFH in Sachen Konzernrückhalt und DBA-Sperrwirkung, Der Betrieb 32/19, 1752.


22

OECD (2020), Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions C.1.1.5. Rz 10.83.


23

OECD (2020), Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions C.1.1.1. Rz 10.61.


24

ZB Köhler/Neumann/Scholz, Welche Relevanz hat der Konzernrückhalt bei Finanztransaktionen? DStR 2018, 15; Ebeling/Grundmann/Nolden, Wenn schon interner Preisvergleich, dann richtig! IStR 2018, 584.


25

Eggert, Einkünftekorrekturen bei Finanzierungen in internationalen Konzernen - Anmerkungen zum BFH-Urteil I R 73/16, Betriebsberater 40/2019, 2327.


26

Ua I R 14/16; I R 4/17; I R 5/17; I R 19/17; I R 32/17; I R 54/17; I R 62/17; I R 72/17; I R 14/18; I R 21/18; I R 34/18.


27

ZB BFH 24. 6. 2015, I R 29/14, BStBl II 2016, 258 = BB 2015, 2544 (Isselmann); 29. 10. 1997, I R 24/97, BStBl II 1998, 573 = BB 1998, 776; 21. 12. 1994, I R 65/94, BFHE 176, 571 = BB 1995, 1174.


28

Auch nochmals bestätigt in BFH 18. 12. 2019, I R 72/17.


29

Greil, Behandlung von grenzüberschreitenden Finanzierungstransaktionen zwischen verbundenen Unternehmen - Kapitel X der OECD-Verrechnungspreisleitlinien, ISR 2020, 124; Rosar, tpi 2/2020, 53.


30

Rosar, tpi 2/2020, 53.


31

Die Nachrangigkeit kann entweder durch Suche nach Risikoaufschlägen bei Finanzinstrumenten in Datenbanken oder aus internen Daten ermittelt werden. Alternativ kann die Nachrangigkeit auch in der Bonitätseinstufung berücksichtigt werden. Nach Ratingmodellen ergibt sich abhängig vom Rang der Besicherung eine Up- oder Down-notching um bis zu zwei Stufen. Siehe zB Moody’s Investor Services, Global Credit Research, Updated Summary Guidance for Notching Bonds, Preferred Stocks and Hybrid Securities of Corporate Issuers (2017).


32

OECD (2020), Transfer Pricing Guidance on Financial Transactions C.1.2.3. Rz 10.97. ff.


Artikel-Nr.
RdW 2020/552

23.10.2020
Heft 10/2020
Autor/in
Iris Burgstaller

Mag. Iris Burgstaller ist Steuerberaterin und International Tax Partnerin bei TPA Steuerberatung GmbH in Graz und Wien mit Tätigkeitsschwerpunkt in der Gestaltung, Optimierung und Implementierung von Verrechnungspreissystemen für betriebswirtschaftliche und steuerliche Zwecke.

Aktuellste Publikationen:
Tax Compliance und Tax Risk Management, in Kunzmann/Schmidt/Schrader, Vom Start-up zum Börsekanditaten (2020); Profit Split 4.0, in Ruhm/Bernwieser/Kerbl, Der Konzern im Gesellschafts- und Steuerrecht (2020).